Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 13.12.2022 15:25

Schwieriges Verhältnis

Die Aichacher Kinofreunde-Organisatoren Manfred und Burgi Zeiselmair (von links) freuten sich über den Besuch von Filmproduzentin Anna Werner und Nachwuchsregisseur Florian Hoffmann, die zur Vorpremiere ihres Spielfilms „Stille Post“ aus Berlin anreisten. Rechts im Bild die Cineplex-Kinobetreiber Helga und Werner Rusch. <br>Foto: B. Zeiselmair (Foto: Thomas Winter)
Die Aichacher Kinofreunde-Organisatoren Manfred und Burgi Zeiselmair (von links) freuten sich über den Besuch von Filmproduzentin Anna Werner und Nachwuchsregisseur Florian Hoffmann, die zur Vorpremiere ihres Spielfilms „Stille Post“ aus Berlin anreisten. Rechts im Bild die Cineplex-Kinobetreiber Helga und Werner Rusch.
Foto: B. Zeiselmair (Foto: Thomas Winter)
Die Aichacher Kinofreunde-Organisatoren Manfred und Burgi Zeiselmair (von links) freuten sich über den Besuch von Filmproduzentin Anna Werner und Nachwuchsregisseur Florian Hoffmann, die zur Vorpremiere ihres Spielfilms „Stille Post“ aus Berlin anreisten. Rechts im Bild die Cineplex-Kinobetreiber Helga und Werner Rusch.
Foto: B. Zeiselmair (Foto: Thomas Winter)
Die Aichacher Kinofreunde-Organisatoren Manfred und Burgi Zeiselmair (von links) freuten sich über den Besuch von Filmproduzentin Anna Werner und Nachwuchsregisseur Florian Hoffmann, die zur Vorpremiere ihres Spielfilms „Stille Post“ aus Berlin anreisten. Rechts im Bild die Cineplex-Kinobetreiber Helga und Werner Rusch.
Foto: B. Zeiselmair (Foto: Thomas Winter)
Die Aichacher Kinofreunde-Organisatoren Manfred und Burgi Zeiselmair (von links) freuten sich über den Besuch von Filmproduzentin Anna Werner und Nachwuchsregisseur Florian Hoffmann, die zur Vorpremiere ihres Spielfilms „Stille Post“ aus Berlin anreisten. Rechts im Bild die Cineplex-Kinobetreiber Helga und Werner Rusch.
Foto: B. Zeiselmair (Foto: Thomas Winter)

Zum Abschluss ihres zehnjährigen Jubiläums veranstalteten die Aichacher Kinofreunde am Sonntagvormittag ein letztes „Kinofreunde-Spezial“ in diesem Jahr. Zu dieser besonderen Matinee mit Vorpremiere waren der Nachwuchsregisseur Florian Hoffmann und die junge Filmproduzentin Anna Werner zu Gast. Ihr Debütfilm „Stille Post“ wurde von der Deutschen Filmbewertung mit dem Prädikat „Besonders wertvoll“ ausgezeichnet und hatte vorab bereits zahlreiche Publikumspreise bei Filmfestivals eingeheimst. Auch von den etwa 70 Besuchern im Aichacher Cineplex-Kino ernteten die beiden sympathischen Absolventen der Berliner Filmhochschule großen Applaus.

Florian Hoffmann hat für seinen ersten Spielfilm „Stille Post“ nicht nur Regie geführt, sondern auch das Drehbuch selbst geschrieben. Im Film verknüpft er die zweifelhafte Rolle der Medien mit der Geschichte des Berliner Grundschullehrers Khalil (Hadi Khanjanpour). Als dieser aus seiner kurdischen Heimatstadt Cizre Kriegsbilder zugespielt bekommt, meint er in den Videos seine tot geglaubte Schwester zu erkennen. Mit Hilfe seiner deutschen Freundin Leyla (Kristin Suckow), einer Fernsehjournalistin, verfälscht er das Bildmaterial, um die Aufmerksamkeit der Medien auf den Konflikt zu lenken und zugleich seine seit Jahrzehnten in der Türkei verschwundene Schwester zu finden. Das geordnete Leben in Berlin gerät ins Wanken, Khalil entfremdet sich von seiner neuen Heimat, der ferne Konflikt scheint sich bis in seine Klasse auszuwirken.

Wie kommen zwei junge deutschstämmige Filmemacher auf die Idee, das türkisch-kurdische Problem und die Berichterstattung darüber ausgerechnet zum Thema ihres ersten Spielfilms zu machen? Diese und zahlreiche andere Fragen zum Entstehen von "Stille Post" beschäftigten die Kinofreunde in der anschließenden regen Diskussion im Kinosaal. Florian Hoffmann erklärte dazu, er sei in Berlin-Kreuzberg mit der Kurdenproblematik aufgewachsen und habe die wenigen hausgemachten Auseinandersetzungen hautnah miterlebt. Oftmals übernehme die nächste Generation die Konflikte ungefiltert, sei Hoffmann überzeugt. "Viele der Deutsch-Türken dort wissen aufgrund fehlender oder falscher Informationen wenig über ihre tatsächliche Herkunft. Die meisten leben friedlich zusammen und wissen oft gar nicht, ob sie Kurden sind oder nicht", sagt er.

Eigentlich habe er zunächst eine Dokumentation über die dramatische Situation in der türkischen Stadt Cizre drehen wollen. In der hauptsächlich von Kurden bewohnten Region an der syrischen Grenze war es 2015 zu schweren Auseinandersetzung mit dem türkischen Militär gekommen. Da keine neutralen Berichterstatter zugelassen waren, seien Informationen nur über kurdische Aktivisten nach draußen gelangt. Während die türkischen Behörden von einem Antiterroreinsatz sprachen, hieß es auf kurdischer Seite, es herrsche Krieg. Hoffmann entschloss sich, für die geplante Doku selbst nach Cizre zu reisen.

In schützender Begleitung von Amnesty International habe man ihm vor Ort Handyvideos zugespielt, die sein Team auch an die UN weitergeleitet habe. Schließlich sei er zu der Erkenntnis gekommen: "Wir suchen alle nach dieser einen Wahrheit. Die gibt es aber nicht, denn jede Wahrheit hat sehr viele Perspektiven." Dies sei auch der Grund gewesen, aus dem gesammelten Material einen Spielfilm zu drehen, erklärt Hoffmann. Somit konnte er die realen Handyvideos und Schnipsel deutscher Original-Nachrichtensendungen wertfrei mit seiner fiktiven Exilgeschichte verknüpfen.

Dass sich Hoffmann mit seiner Arbeit auch Feinde gemacht habe, gab er auf Befragen unumwunden zu. So habe er mehrfach Drohbriefe erhalten, zudem bestehe gegen ihn ein Einreiseverbot in die Türkei. Florian Hoffmann wollte mit seinem Film keineswegs nur den Fokus auf die türkisch-kurdischen Spannungen legen, wie er sagt. Er wolle vielmehr – am Beispiel dieses seit mehr als 100 Jahren schwelenden Konflikts – die Menschen sensibilisieren, die Art der medialen Berichterstattungen zu hinterfragen.

Konflikte und Kriege würden in unserer globalen Welt allzu schnell in Vergessenheit geraten. Sie fänden keinen Platz mehr in den Medien, weil sie oftmals nicht oder nicht mehr dramatisch und spektakulär genug sind. Bei einer wärmenden Kinofreunde-Gemüsesuppe im Kino-Foyer kamen sich schließlich Filmemacher und Besucher näher. Florian Hoffmann und seine Begleiterin fühlten sich sichtlich wohl und kündigten einen weiteren Besuch zur Premiere ihres nächsten Filmes an. Es soll eine Komödie werden.

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