Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 22.12.2022 13:39

Mutter verschickt Kinderporno

Es war ein etwas seltsamer Fall, der jüngst am Aichacher Amtsgericht verhandelt wurde. Angeklagt war eine dreifache Mutter aus Augsburg, weil sie über ihren Facebook- Account eine Videodatei mit kinderpornographischem Inhalt an eine Freundin verschickt hatte. In dem Video ist ein zehnjähriges Mädchen zu sehen, das sexuelle Handlungen an einer Frau vornimmt. Sie habe der Freundin verdeutlichen wollen, dass sie solche Handlungen missbillige, ließ die Angeklagte über einen Dolmetscher erklären. Und: Ihr war nicht bewusst, dass das Verschicken solcher Inhalte in Deutschland strafbar sei. Mit dem Hinweis, dass Unwissenheit nicht vor Strafe schützt, verurteilte Richterin Eva-Maria Grosse die Frau zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 15 Euro.

Zu dem Vorfall gekommen ist es bereits Mitte 2020. Über den Messangerdienst der Plattform Facebook schickte die 33-Jährige ihrer Freundin das besagte Video. Darauf zu sehen ist unter anderem eine nackte erwachsende Frau, die auf dem Bett liegt und gelangweilt in ihr Handy schaut. Währenddessen nimmt ein zehnjähriges Mädchen an der Frau sexuelle Handlungen vor, ein vier- bis sechsjähriger Junge beobachtet das Geschehen. Die Polizistin, die in dem Fall ermittelte, sagte vor Gericht aus, sie sei von Facebook über den Sachverhalt benachrichtigt worden. Anhand der IP-Adresse sowie der Handynummer, die bei Facebook hinterlegt war, konnte die Identität der Angeklagten festgestellt werden.

Laut der Beamtin sei die Polizei erst sehr lange nach dem Verschicken des kinderpornografischen Materials von dem Unternehmen verständigt worden – mehr als zwei Jahre nach der Tat. Dann, so die Ermittlerin aus Augsburg, sei alles jedoch sehr hektisch gewesen, weil der Verdacht im Raum stand, die Frau, die die Datei verschickt hat, könnte identisch sein mit der Frau, die in dem Video zu sehen ist.

"Wir haben dann sofort einen Durchsuchungsbeschluss erwirkt und in der Wohnung der Angeklagten das Handy sichergestellt", berichtete die Polizeibeamtin. Auf dem Smartphone selber seien keinerlei einschlägige Dateien gefunden worden, "wir haben auf dem Gerät überhaupt kein pornografisches Material gefunden". Auf Nachfrage des Anwalts der 33-jährigen Angeklagten, ob auch der Chatverlauf auf dem Handy geprüft worden sei, antwortete die Zeugin, ja, man habe die Kommunikation durchgesehen, aber auch hier hätten sich keine Anhaltspunkte ergeben, dass die Frau in irgendeiner Weise mit Kinderpornografie in Verbindung stehe. Lediglich das Versenden der einen Datei im Jahr 2020 konnte zweifelsfrei nachgewiesen werden.

In ihrer Einlassung erklärte die dreifache Mutter, die in einem Nagelstudio arbeitet und seit fünf Jahren in Deutschland lebt, in dem südostasiatischen Land, aus dem sie stammt, sei das Verschicken solcher Videos normal und keineswegs eine Straftat. Ihr Anwalt führte aus, in dem betreffenden Land beziehungsweise Kulturkreis sei es durchaus üblich, sein Missfallen über bestimmte Sachverhalte in solch drastischer Art und Weise auszudrücken. "Das ist in solchen eher wenig gebildeten, weniger strengen Ländern leider so", warb der Verteidiger um Verständnis. Überdies sei das Video frei verfügbar über Google und keineswegs über dunkle Kanäle im Internet beschafft worden, wo Pädophile üblicherweise aktiv sind. "Es ist doch paradox: Meine Mandantin hat drei Kinder und wollte etwas anprangern, was in ihren Augen schlecht ist. Sie wollte sich sicher nicht sexuell erregen", so der Anwalt. Er forderte die Frau freizusprechen, das sie fahrlässig gehandelt habe.

Anders sah es die Staatsanwältin. Zwar schätzte sie das Geständnis der Angeklagten als glaubhaft ein. Dennoch bleibe der Tatbestand bestehen, dass sie sich der Drittbeschaffung kinderpornografischer Schriften schuldig gemacht habe. Auch wenn nichts zu Lasten der 33-Jährigen spreche, beantragte sie eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 15 Euro.

Richterin Eva-Maria Grosse schloss sich der Geldstrafe in Höhe von 1350 Euro an und erklärte der dreifachen Mutter, "weniger war nicht möglich, weil das Gesetz es nicht erlaubt". In dem Fall liege ein klassischer Verbotsirrtum vor, so Grosse, sprich: Die Angeklagte glaubte, ihr Handeln sei nicht widerrechtlich gewesen, was ein Irrtum war. "Sie haben erkannt, dass das Video nicht in Ordnung ist, und billigend in Kauf genommen, dass es in falsche Hände gelangt." Die Frau nahm das Urteil an.

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