Selbst wenn Menschen oder Hunde durch die Wiesen laufen, verharren sie regungslos am Boden und drücken sich sogar weiter in Richtung Erde. Wenn sie älter sind, flüchten sie zwar, aber erst im letzten Moment. Wenn der Fressfeind, vor dem dieser Instinkt gepaart mit der guten Tarnung eigentlich schützen sollte, ein Mähwerk ist, kommt die Flucht zu spät. „In den ersten Tagen sind die Tiere einfach zu zart und zu schwach, als dass eine Flucht etwas bringen würde”, erklärt Cornelia Günther im Gespräch mit unserer Zeitung. Die Bobingerin ist Tierärztin und hat zusammen mit Gleichgesinnten seit vergangenem Jahr Dutzende Rehkitze vor dem Tod unterm Mähwerk bewahrt: mit Hilfe von Drohnen und Wärmebildkameras. Als Säugetiere haben die Kitze nämlich eine höhere Temperatur als die Wiesen. Besonders nachts oder am frühen Morgen enttarnt eine Wärmebildkamera die kleinen Rehe. Die Kitzsuche mit Drohnen bieten die „Kitzretter Augsburg”, wie Günther, ihr Mann und über 50 ehrenamtliche Helfer sich nennen, kostenlos an. Die Tierärztin ist, wie viele Vermittler von Drohnenpiloten, nur Eingeweihten bekannt. Zwar gebe es mehrere Organisationen mit demselben Ziel, sagt Günther, untereinander seien sie aber wenig vernetzt. Das wollte der Bayerische Bauernverband im Landkreis Aichach-Friedberg heuer ändern. Interessierte Drohnensteurer sollten sich melden, ihre Kontaktdaten wurden zentral erfasst und bei Bedarf an Landwirte vermittelt, die ihre Wiesen abmähen wollten. „Das Interesse war sehr groß”, betonte BBV-Kreisobmann Reinhard Herb. Über 30 Piloten haben sich gemeldet, ihre Daten wurden in einer Liste zusammengetragen, die unserer Redaktion vorliegt. Viele hätten sich sofort gemeldet. Einige wurden vermittelt. Der Sielenbacher Landwirt Herb ließ auf seinen Wiesen den jungen Biolandwirt Johannes Kreppold aus dem benachbarten Wilpersberg mit dessen eigener Drohne fliegen, unabhängig von der BBV-Aktion. Zwei Kitze wurden dabei gefunden - doch der Erfolg ist noch ausbaufähig, wie Kreppold zähneknirschend klarstellt. Nicht alle Kitze könnten immer gefunden werden, besonders, wenn die Wiesen bereits sehr dicht und hoch sind. Immerhin die meisten hätte Kreppold entdecken können. Von einer Erfolgsquote von 100 Prozent berichtet indes Cornelia Günther. Sie ist ebenfalls in der Liste des Bauernverbands aufgeführt, allerdings als eine von vier Drohnenbesitzern mit Wärmebildkamera. Die meisten, darunter auch Andreas Tiemeyer aus Aichach, könnten eigenen Angaben zufolge gut mit Drohnen umgehen, weil sie diese etwa beruflich nutzen - und hätten daher Landwirten, die zwar eine Drohne mit Wärmebildkamera auftreiben, aber nicht damit fliegen können, ihre Hilfe angeboten. Wieder andere verlangen Geld, das nicht jeder Landwirt bereit ist zu zahlen. So wird die Auswahl knapp, zumal sich nicht jeder Landwirt eine Drohne kaufen möchte. Die sind nämlich teuer. Über 6000 Euro kostet die Einsteigerkombination aus Kopter und Kamera, 5500 Euro kostet allein die Kamera, die sich die Kitzretter Augsburg demnächst zulegen wollen.