Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 23.01.2023 14:36

Kfz-Sachverständiger frisiert Gutachten

Ein 49-jähriger Kfz-Sachverständiger aus dem nördliche Landkreis Aichach-Friedberg stand gestern wegen versuchten Betrugs vor Gericht. Laut Strafbefehl soll der Mann in zwei Fällen, vereinfacht gesagt, Gutachten frisiert haben. Angesetzt waren dafür 35 Tagessätze zu je 80 Euro. Die wollte der Angeklagte aber nicht bezahlen, er fühlte sich im Recht. Zusammen mit seinem Anwalt Bernhard Trögl legte er deshalb Einspruch ein. Gestern hätte die Sache nun unter dem Vorsitz von Richter Axel Hellriegel verhandelt werden sollen, fünf Zeugen waren geladen. Doch nach einigem Hin und Her wurde die Verhandlung abgeblasen. Zähneknirschend sah der Sachverständige in, dass er mit einer Geldstrafe in Höhe von 2800 Euro noch relativ glimpflich davonkam.

Dass er zu der Einsicht gelangte, bedurfte es allerdings einigen Zuredens von Richter Axel Hellriegel. Er setzte dem Angeklagten noch einmal genau auseinander, worum es ging. Im ersten Fall hatte der Kfz-Experte den Wiederbeschaffungswert eines Unfallwagens um rund 700 Euro zu hoch angesetzte. Im zweiten Fall ging es um den Wert des entstandenen Schadens. Vorschäden wurden von dem Sachverständigen nicht dokumentiert, was der Aichacher Richter mit den worten kommentierte: Das rieche schon ein bisschen. Ebenso die Tatsache, dass es einige im Gutachten angegebene Schäden an dem Fahrzeug in Wirklichkeit gar nicht gab.

In beiden Fällen, führte die Staatsanwaltschaft zu Beginn des Termins aus, habe der Sachverständige durch die zu hoch angesetzte Wertminderung ein höheres Grundhonorar abkassieren können, was offenbar die Motivation für seine vorsätzliche Betrügerei war. Und in beiden Fällen habe die Versicherung das Gutachten angezweifelt und ein zweites erstellen lassen beziehungsweise ein Plausibilitätsgutachten eingeholt, angefertigt durch Dekra. Die Prüfgesellschaft kam jeweils zu einer anderen Bewertung und die Versicherung zahlte an den Kfz-Sachverständigen ein geringeres Grundhonorar.

Ein ähnlich gelagerter Fall sei noch in der Pipeline, erklärte Richter Axel Hellriegel, der mit seiner Meinung über den milden Strafbefehl nicht hinter dem Berg hielt. Nach seiner Einschätzung sehe das Ganze eher nach gewerbsmäßigem Betrug, denn nach vorsätzlichem aus. Und: Das angesetzte Strafmaß sei "ein Sechser im Lotto", wenn es schlecht laufe, und er bei seinem Einspruch bleibe, wäre auch eine Freiheitsstrafe denkbar.

Ob der Angeklagte und sein Anwalt dieser Risiko wirklich eingehen wollen? Aktuell seien nur Partei-Gutachter bestellt, ließ Hellriegel den 49-Jährigen in seinen Instrumentenkasten blicken, man könne aber auch einen Gerichtsgutachter bestellen. Anwalt Bernhard Trögl und sein Mandant zogen sich zu einer kurzen Unterredung zurück. Als sie wieder kamen, erklärte der Rechtsanwalt, der Angeklagte ziehe den Einspruch zurück und akzeptiere die Strafe. Der 49-Jährige selbst äußerte zu dazu nicht. Erst als er das Gerichtsgebäude verlassen hatte, schimpfte er, die eigentlichen Betrüger säßen woanders.

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