Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 12.12.2022 12:19

Die Falle der sozialen Medien

Es waren eher Unbedarftheit, Nachlässigkeit und schlechter Humor als tatsächlich pädophile Neigungen, die einem 44-Jährigen nun eine Bewährungsstrafe von 13 Monaten eingebracht haben. Und die Verschärfung der Gesetze spielte eine Rolle. Denn die drei kurzen Videos mit kinder- und jugendpornographischen Szenen auf dem Handy des Kraftfahrers hätten noch vor zwei Jahren kaum zu einer Verurteilung geführt. Deshalb blieb das Aichacher Schöffengericht unter Vorsitz von Alena Weidemann auch am aller untersten Ende des Strafmaßes.

Der angeklagte Mann aus dem Landkreis Aichach-Friedberg war geständig, zeigte Reue und Einsicht und hatte auch bei der Polizei kooperiert, wie eine Beamtin vor Gericht aussagte. Er habe zu der Zeit viel Stress gehabt und bewegte sich zur Entspannung in Arbeitspausen viel im Internet und in Chatgruppen verschiedener Sozialer Medien, sagte er aus. Unter den viele Bildern und Videos, die an ihn geschickt wurden, seien auch die besagte drei gewesen. Damals habe er sie als lustig empfunden, heute wisse er, dass es überhaupt nicht lustig sei, sagte er. Pädophile Neigungen habe er aber nicht. Er habe überhaupt nicht darüber nachgedacht, dass es sich um Kinder handle. Ihm tue alles sehr Leid.

Seine Einsicht und Reue nahmen ihm sowohl das Gericht wie die Staatsanwaltschaft ab. Er habe die Videos nicht weitergeschickt, nicht geliked, er habe sie nicht sonderlich beachtet, aber auch nicht gelöscht, sagte Verteidiger Florian Zenger über seinen Mandanten, der wohl eher in der Social-Media-Falle getappt war und in der Flut der Chats, Fotos und Videos den Überblick verloren hat.

Für den Angeklagten sprach aus Sicht seines Verteidigers, aber auch aus der Sicht von Richterin Weidemann einiges: Er war nicht nur geständig und zeigte Reue, es handelte sich auch nur um drei sehr kurze Videos, deren Inhalt auch am unteren Ende liege, so Weidemann. Es ging nicht um schweren Missbrauch. Zudem hat der Mann geordnete Lebensverhältnisse und eine gute Sozialprognose.

Um eine Freiheitsstrafe, die aber zur Bewährung ausgesetzt wird, kam er aber nach der jüngsten Gesetzesänderung nicht herum. Denn nach der Verschärfung liegt die Mindeststrafe nun bei einem Jahr, dafür genügt schon der Besitz eines einzigen kinder- und jugendpornografischen Fotos oder Videos. Das Gericht hat dabei keinen Spielraum, es gibt keinen "minderschweren Fall". Sowohl Richterin Weidemann wie Rechtsanwalt Zenger sahen die se Regelung durchaus kritisch.

Mit einem Jahr und einem Monat sowie einer Geldbuße von 1500 Euro kam der Angeklagte auch deshalb davon, "weil wir uns sicher sind, dass Sie daraus gelernt haben und so etwas nicht wieder vorkommt", erklärte die Richterin in der Urteilsbegründung. Gleichzeitig machte sie klar, dass auch weniger schwere Fälle nicht verharmlost werden dürften: "Hinter jedem Video steckt ein realer Missbrauch."

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