Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung

Um die etwaige Überschreitung von Arbeitszeiten der Gynäkologen am Friedberger Krankenhaus ging es gestern bei einer Verhandlung am Augsburger Verwaltungsgericht. Die SWL (Service Wittelsbacher Land GmbH), eine hundertprozentige Tochter des Landkreises Aichach-Friedberg, hatte gegen einen Bescheid der Regierung von Schwaben geklagt. Die Behörde ist der Auffassung, dass die SWL, bei der die Fachärzte angestellt sind und dann im Leiharbeiterverhältnis den Kliniken an der Paar überlassen werden, für die Aufzeichnungs- und Kontrollpflicht der Arbeitszeiten verantwortlich ist. Die Gegenseite sah dies anders. Sie als Leiharbeitsfirma sei dafür nicht zuständig, sondern die Klinik als Entleiher der Arbeitskräfte.

Konkret ging es um drei Gynäkologen, die neben ihrer Tätigkeit am Friedberger Krankenhaus zusätzlich in selbstständigen Praxen arbeiten. Die Stunden dort und in der Klinik zusammengerechnet, würden die zulässige Grenze von zehn Arbeitsstunden am Tag überschreiten. Weiter sollen vorgeschrieben Ruhezeiten nicht eingehalten worden sein. Nun stellte sich die Frage, ob die Arbeitsstunden, die tagsüber in der Praxis geleistet werden auf die in der Klinik aufgerechnet werden. Da es sich bei der Praxistätigkeit um selbstständige Arbeit und kein Angestelltenverhältnis handelt, gelten hier andere Regeln. Das heißt, für einen Selbstständigen, der mehrere Arbeitsstellen hat, gelten andere Regeln als für einen Angestellten mit mehreren Arbeitgebern. Laut juristischen Kommentaren muss die selbstständige Tätigkeit unberücksichtigt bleiben, führte der Rechtsanwalt der Servicegesellschaft Guntram Baumann aus. "Die Arbeit in der Praxis ist keine Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes und ist somit als Ruhezeit zu sehen", so die Rechtsaufassung des Juristen.

Anders sah es die Vertreterin der Regierung von Schwaben, die monierte dass die Verantwortlichen in "vollster Kenntnis sind, dass die Arbeitszeit überschritten wird". "Am Ende bezahlt es die Allgemeinheit." Auf die Eigenverantwortung der Ärzte könne man sich ihrer Meinung nach auch nicht berufen und verlassen, da die Dienste sehr gut bezahlt würden und die Ärzte dementsprechend an ihre Grenzen gehen. "Es ist die Pflicht des Arbeitgebers auf die Gesundheit seiner Arbeitnehmer zu achten und darauf, dass sie sich nicht überarbeiten." Der Gedanke des Arbeitsschutzes müsse hier Vorrang haben, insbesondere im Klinikbereich wo esneben der Gesundheit der Ärzte um die von Patienten gehe.

Die Geschichte kam überhaupt erst ins Rollen, nachdem das Gewerbeaufsichtsamt eine schriftliche Beschwerde aus der Klinik bekommen hat, "dass man es hier ständig mit völlig überarbeiteten und übermüdeten Ärzten zu tun habe", erklärte der Vertreter der Aufsichtsbehörde. Daraufhin wurden die Arbeitszeiten der drei Fachärzte von Oktober bis Dezember 2021 genauer unter die Lupe genommen.

Am Ende der etwa eineinhalbstündigen Verhandlung einigten sich die Parteien auf einen Vergleich. Diesen schlug die Vorsitzende Richterin Ingrid Linder auch deshalb vor, da die Gynäkologin, die am meisten von der etwaigen Arbeitszeitüberschreitung betroffen war, nicht mehr für das Friedberger Krankenhaus tätig ist und somit der Grund der Beanstandung weggefallen ist. Weiter erklärte Peter Schiele, Geschäftsführer der Service Wittelsbacher Land GmbH, seien inzwischen Maßnahmen ergriffen worden, um den Arbeitsschutz "mehr Rechnung zu tragen". Die Kosten des Rechtsstreits werden geteilt.

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