Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung

Appell an Lauterbach: Bayerisch-schwäbische Kliniken warnen vor finanziellem Kollaps

Schwabens Krankenhäuser und Kliniken haben sich zum finanziellen Notfall erklärt und fordern Hilfe aus Berlin.  (Foto: Patrick Bruckner)
Schwabens Krankenhäuser und Kliniken haben sich zum finanziellen Notfall erklärt und fordern Hilfe aus Berlin. (Foto: Patrick Bruckner)
Schwabens Krankenhäuser und Kliniken haben sich zum finanziellen Notfall erklärt und fordern Hilfe aus Berlin. (Foto: Patrick Bruckner)
Schwabens Krankenhäuser und Kliniken haben sich zum finanziellen Notfall erklärt und fordern Hilfe aus Berlin. (Foto: Patrick Bruckner)
Schwabens Krankenhäuser und Kliniken haben sich zum finanziellen Notfall erklärt und fordern Hilfe aus Berlin. (Foto: Patrick Bruckner)

Die Kliniken und Krankenhäuser in Bayerisch-Schwaben schlagen Alarm. Sie fürchten durch die Neuregelung der Krankenhausfinanzierung in der aktuell diskutierten Form um ihre Existenz. In einem Offenen Brief appellieren sie an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und die Bundestagsabgeordneten der Regierungskoalition, es so weit nicht kommen zu lassen.

Hinter dem Schreiben stehen die 17 Vorstände und Geschäftsführer der schwäbischen Krankenhäuser. Auch die Kliniken an der Paar, das Uniklinikum Augsburg und die Bezirkskliniken Schwaben haben unterzeichnet. Mit dem Offenen Brief, der am Mittwoch auch an die Medien verteilt wurde, wollen die Krankenhäuser gegen die aktuell diskutierten Kernpunkte bei der Regelung der Krankenhausfinanzierung protestieren. Die Unterzeichner sehen darin eine Existenzbedrohung für zahlreiche Kliniken in ganz Deutschland.

Die Krankenhäuser in Schwaben sind für die medizinische Grundversorgung von rund zwei Millionen Menschen zuständig: Dafür stehen in 56 Krankenhäusern 9500 Betten und 27.000 Beschäftigte zur Verfügung. Doch die finanzielle Lage der Krankenhäuser sei seit Jahren dramatisch. „Bayerns Kliniken stehen flächendeckend vor dem finanziellen Kollaps”, warnen die Kliniken.

„Fortwährende Kostensteigerungen können nicht durch professionelles Management kompensiert werden”

Als „wesentliches Kernproblem” haben die Krankenhäuser die Inflation identifiziert, „weil fortwährende Kostensteigerungen nicht durch professionelles Management kompensiert werden können”. Seit 2022 seien die inflationsbedingten Kostensteigerungen nicht adäquat refinanziert worden, so die Kritik. Hierzu komme die neuerliche Verteuerung der Energie durch die Beschlussfassung der Ampelkoalition in 2024. Die akute Unterfinanzierung bei den DRG-Erlösen führe dazu, dass die Mittel nicht ausreichten, „um die Betriebskosten und Gehälter für die stationäre Versorgung der Patientinnen und Patienten bezahlen zu können”. Daraus resultiere eine „akute Existenzgefahr” für freigemeinnützige und private Krankenhäuser. „Und auch bei den Krankenhäusern in kommunaler Trägerschaft ist ein Defizitausgleich in den erreichten Dimensionen mittlerweile nicht mehr möglich”, warnen die Unterzeichner weiter und zeichnen ein düsteres Zukunftsbild: Ohne schnelles Handeln sei die stationäre Versorgung akut gefährdet, mit Folgen für die ambulante Versorgung, den Rettungsdienst und die Notfallversorgung, „deren Rückgrat die Krankenhäuser bilden”. Letztlich gehe es um Menschenleben, wenn Notfälle nicht mehr adäquat versorgt werden könnten.

Als ersten Handlungsschritt fordern die Krankenhäuser einen Inflationsausgleich: „Die seit 2022 bestehende Erlöslücke von mindestens vier Prozent muss dringend ausgeglichen werden, wozu der Landesbasisfallwert erhöht werden muss.” Eine vorgezogene Auszahlung bestehender Ansprüche, wie vom Bund vorgeschlagen, reiche nicht, denn diese schließe die Inflationslücke bei den Erlösen in keiner Weise, damit würden ja „nicht die fehlenden Einnahmen ausgeglichen, sondern nur bereits bestehende Ansprüche”.

Als dauerhafte Lösung, um der inflationsbedingten Steigerung der Fixkosten zu begegnen, müsse der Bund für die Zukunft sicherstellen, „dass nachgewiesene Kostensteigerungen zeitnah bei den Erlösen berücksichtigt werden, um vergleichbare Schieflagen zu vermeiden”.

Die finanziellen Mittel, um die Probleme zu lösen, seien größtenteils im System bereits vorhanden. Durch die anhaltend geringeren Behandlungszahlen hätten die Kostenträger deutlich weniger Finanzmittel aufwenden müssen. „Dies ist auch das Ergebnis unserer Arbeit einerseits wie auch des auf uns seit Jahren ausgeübten Kostendrucks”, so die Vertreter der Kliniken. Abgesehen davon lägen die Erlöse je behandeltem Krankenhausfall im Vergleich zu anderen europäischen Ländern deutlich unter dem Durchschnitt. „Das ist von unabhängigen Wissenschaftlern und der OECD bestätigt”, heißt es im Offenen Brief.

Bundesgesundheitsminister Lauterbach und die Bundestagsabgeordneten in der Regierungskoalition laden die Unterzeichner zu einem Besuch vor Ort in die Kliniken ein: „Gerne erläutern wir Ihnen im Detail die komplexen wirtschaftlichen Einflüsse und gesetzlichen Beschränkungen in der derzeitigen Krankenhausfinanzierung, an die wir gebunden sind und die unsere Handlungsfähigkeit auf null reduziert.”

Aus Berlin erhoffen sich die Kliniken nun Unterstützung und vor allem eine „zeitnahe Reaktion”. Denn: „Bereits heute sind acht von zehn Krankenhäusern im Defizit, und Schließungen müssen unbedingt abgewendet werden”.


Markus Höck
Markus Höck

Redakteur Augsburg-Redaktion

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