Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung

Steigende Geburtenzahlen im Landkreis Augsburg: Fehlen nun Hebammen?

Die Geburtenzahlen im Landkreis sind im Jahr 2017 erneut gestiegen. Das berichtete vor Kurzem das Landratsamt Augsburg. Dieser steigende Trend könnte wohl auch im Jahr 2018 anhalten, denn im Josefinum wurden im ersten Halbjahr mehr Babys geboren als je zuvor, fast 90 mehr als im vergangenen Jahr.

Die eigentlich positive Entwicklung könnte nun ein Problem noch verschärfen: Eine Studie zur Hebammenversorgung im Freistaat zeigte kürzlich, dass es für Frauen, insbesondere im Bereich der Schwangeren- oder Wochenbettbetreuung, schwieriger wird, Hebammen zu finden. Auch habe die Mehrheit der befragten Geburtskliniken Schwierigkeiten bei der Besetzung freier Hebammenstellen.

„Wir haben gerade tatsächlich wahnsinnig viele Geburten”, berichtet Susanne Britsch, Hebamme an der Wertachklinik Bobingen. „Und der Bedarf an Nachsorge wird immer größer.” Gerade hier könne darum inzwischen kaum mehr jede Mutter versorgt werden. „Wenn es um Geburten geht, müssen wir in Bobingen zum Glück noch niemanden wegschicken”, erzählt Britsch. „Aber bei der Nachsorge können wir leider nicht mehr jeden versorgen.”

Bundesweit wurden im vergangenen Jahr 785 000 Kinder geboren - ein Prozent weniger als im Jahr 2016. Im Landkreis Augsburg setzt sich der Babyboom hingegen fort. Hier wurden im Jahr 2017 2 459 Kinder geboren, 4,7 Prozent mehr als im Jahr zuvor. In Augsburg selbst sank die Geburtenrate mit 3 069 Geburten lediglich um 0,1 Prozent. Das geht aus den aktuellen Zahlen des Statistischen Landesamtes hervor.

Landrat Martin Sailer zeigte sich erfreut über diese Zahlen: Sie zeigten, dass der Landkreis Augsburg eine attraktive und lebenswerte Region für Familien sei. Seit 2009 kommen im Augsburger Land Jahr für Jahr mehr Kinder auf die Welt. Dass diese Entwicklung wahrscheinlich auch dieses Jahr nicht abreißen wird, dafür sprechen die Zahlen des ersten Halbjahrs 2018 am Josefinum Augsburg. „Wir hatten im ersten Halbjahr so viele Geburten wie noch nie zuvor”, erzählt Winfried Karg.

Während im Jahr 2017 1571 Kinder im ersten Halbjahr geboren wurden, waren es heuer 1658 - also fast 90 Geburten mehr. „Das ist natürlich für alle Beteiligten eine große Anstrengung”, sagt Karg. „Zum Glück ist unser Team sehr motiviert und versucht, dass das nicht bei den Schwangeren ankommt.”

Laut einer aktuellen Studie zur Hebammenversorgung im Freistaat, die das Gesundheitsministerium veröffentlichte, ist dies keine Selbstverständlichkeit. Fast ein Drittel der Hebammen denke den Ergebnissen zufolge oft oder sehr oft darüber nach, den Beruf aufzugeben. Außerdem waren der Untersuchung zufolge im Jahr 2016 nur noch rund die Hälfte der Hebammen in der Geburtshilfe tätig, die Arbeitszeiten seien in den vergangenen Jahren aufgrund von Personalbedarf und der steigenden Geburtenraten deutlich gestiegen. Die befragten Mütter zeigten sich mit der Qualität der Betreuung dennoch grundsätzlich zufrieden.

Wie Winfried Karg erzählt, sind aber nicht nur die Angestellten stärker belastet, auch bei den Räumlichkeiten könnte es zu Problemen kommen. Im Josefinum Augsburg stehen fünf Kreißsäle zur Verfügung. Neulich hätte das Krankenhaus allerdings einen Tag mit 22 Geburten gehabt. „Das ist also schon beachtlich, was das Team da leistet”, betont Karg. Während der Wehen befinden sich die Frauen dann vorerst in einem Nachbarraum. „Das liegt alles Tür an Tür”, erklärt Karg. Auch die Abläufe im Haus müssten aufgrund der steigenden Geburtenraten beschleunigt werden. „Die neuen Mütter gehen, wenn es ihnen gut geht, früher nach Hause als noch vor ein paar Jahren.”

Trotz der steigenden Geburtenraten erreicht der Landkreis mit 1,7 Kindern je Frau nicht die Zahl an Geburten, die für eine Aufrechterhaltung der Bevölkerungszahl nötig wäre. Deutschland befindet sich mit 1,59 Kindern je Frau im europäischen Mittelfeld. Nötig wären 2,1. Die höchste Geburtenrate hatte 2016 Frankreich mit 1,6 Kindern, die niedrigste Spanien mit 1,34 Kindern je Frau.

Im Landkreis Augsburg findet man trotz der allgemein steigenden Zahlen in den einzelnen Städten und Kommunen häufig ein Auf und Ab der Geburtenzahlen. Den höchsten Zuwachs hatten 2017 Gersthofen mit 12 Prozent und Neusäß mit 33 Prozent, während in einigen Kommunen die Zahlen stagnieren oder zurückgehen.

In Bobingen stiegen die Raten um rund fünf Prozent. „Wir haben also schon gut Arbeit”, erzählt Susanne Britsch. „Aber wir sind zum Glück auch gut aufgestellt.” Auch die Schulen seien eigentlich noch gut voll. „Zum Glück”, sagt sie und lacht. „Es geht natürlich viel zum Hebammenmangel durch die Medien, das macht vielleicht schon etwas Angst.” Man habe so ein bisschen das Gefühl es werde alles immer schlimmer. Vor Kurzem habe die Klinik in Bobingen aber auch eine Praktikantin aus der Schule gehabt, die keine Stelle gefunden hätte. „In Bobingen haben wir momentan eigentlich keinen Hebammenmangel.”


Von Laura Türk
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