Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung

Streit um Asylunterkunft: Weber und Sailer liegen im Clinch

So viel Einigkeit wie auf diesem Foto herrscht aktuell nicht zwischen Oberbürgermeisterin Eva Weber und Landrat Martin Sailer. Sie streiten derzeit über eine neue Flüchtlingsunterkunft an der Stadtgrenze zu Augsburg. (Archivfoto: Elisabeth Heisig/Bezirk Schwaben)
So viel Einigkeit wie auf diesem Foto herrscht aktuell nicht zwischen Oberbürgermeisterin Eva Weber und Landrat Martin Sailer. Sie streiten derzeit über eine neue Flüchtlingsunterkunft an der Stadtgrenze zu Augsburg. (Archivfoto: Elisabeth Heisig/Bezirk Schwaben)
So viel Einigkeit wie auf diesem Foto herrscht aktuell nicht zwischen Oberbürgermeisterin Eva Weber und Landrat Martin Sailer. Sie streiten derzeit über eine neue Flüchtlingsunterkunft an der Stadtgrenze zu Augsburg. (Archivfoto: Elisabeth Heisig/Bezirk Schwaben)
So viel Einigkeit wie auf diesem Foto herrscht aktuell nicht zwischen Oberbürgermeisterin Eva Weber und Landrat Martin Sailer. Sie streiten derzeit über eine neue Flüchtlingsunterkunft an der Stadtgrenze zu Augsburg. (Archivfoto: Elisabeth Heisig/Bezirk Schwaben)
So viel Einigkeit wie auf diesem Foto herrscht aktuell nicht zwischen Oberbürgermeisterin Eva Weber und Landrat Martin Sailer. Sie streiten derzeit über eine neue Flüchtlingsunterkunft an der Stadtgrenze zu Augsburg. (Archivfoto: Elisabeth Heisig/Bezirk Schwaben)

Mit dieser Meldung hat der Augsburger Landrat Martin Sailer am Dienstag einiges Aufsehen ausgelöst: In einem Hotel im Güterverkehrszentrum sollen ab Ende September bis zu 440 Geflüchtete untergebracht werden. Für Zündstoff sorgt dabei nicht nur die hohe Anzahl, vielmehr befindet sich der Standort, obgleich auf Gersthofer Flur, direkt an der Grenze zum Wohngebiet im Augsburger Stadtteil Bärenkeller. Die Unmutsbekundung aus der Bezirkshauptstadt ließ daher nicht lange auf sich warten – allerdings öffentlich, was wiederum weitere Verstimmungen zwischen Oberbürgermeisterin Eva Weber und Landrat Martin Sailer zur Folge hatte. Dabei sind sich die beiden CSU-Politiker im Kern der Sache einig: „Die Bundesregierung lässt die Kommunen bei diesem Thema massiv im Stich”, wie es Weber formuliert.

Sailer verstehe den „Unmut von Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber nur bedingt”. Er hätte sich einen „nicht-medialen Austausch zu dieser Thematik gewünscht”, teilte er am Donnerstag mit. Gleichwohl sieht er ein, dass der Landkreis die Stadt Augsburg aufgrund der Lage der neuen Unterkunft für Geflüchtete im Güterverkehrszentrum im Vorfeld hätte informieren können. „Für dieses Versäumnis habe ich mich auch bereits bei ihr entschuldigt”, so Sailer. Aber: Gespräche im Vorfeld hätten „nichts an der Notwendigkeit des Beherbergungsvertrags geändert”. Zudem sei er „ehrlich gesagt davon ausgegangen, die Stadt Augsburg würde uns in der Thematik mit mehr Verständnis entgegentreten”, erinnert Sailer daran, dass das städtische Ankerzentrum sehr nah an der Stadt Neusäß eingerichtet wurde – „ohne dass wir hier jemals protestiert hätten”, so Sailer weiter.

Reaktion der Oberbürgermeisterin für Landrat Sailer „sehr befremdlich”

Überdies stört sich Sailer an der Heftigkeit der Kritik aus Augsburg. Man solle nicht vergessen, dass es sich um die Unterbringung von geflüchteten Menschen handle und nicht um die krimineller Straftäter. Die Reaktion der Oberbürgermeisterin sei für ihn „sehr befremdlich”, komme sie doch in gewisser Weise einer Vorverurteilung gleich, so Sailer.

Eva Weber weilte laut ihres Facebook-Kontos im Italienurlaub, als am Dienstag der Landkreis seine Entscheidung öffentlich machte. Der Plan für die Unterkunft habe die Stadt Augsburg überrascht, teilte Weber am Mittwoch in einer öffentlichen Stellungnahme mit. „Zu den Plänen gab es bislang keinerlei Abstimmung”, so Weber weiter. „Angesichts der Dimension der Unterkunft mit 440 Geflüchteten und der unmittelbaren Nähe zum Wohngebiet im Augsburger Stadtteil Bärenkeller haben die Bürgerinnen und Bürger ein Recht auf Information durch den Landkreis”, lautete Webers Forderung. „Wenn der Landkreis aus eigener Entscheidung die Herausforderung des Betriebs einer Unterkunft für 440 Menschen auf sich nimmt”, dann sieht Weber den Kreis auch in der Pflicht, für den „reibungsfreien Ablauf” Sorge zu tragen. Der Landkreis sei als Betreiber in der Verantwortung, „die Auswirkungen auf die Umgebung mitzudenken und Konzepte und Maßnahmen, sei es mit der Polizei oder auch einem privaten Security-Dienst, zu entwickeln, die die gefühlte und tatsächliche Sicherheit der Bevölkerung im Bärenkeller gewährleistet”. Weiter wollte sie zu einem Spitzengespräch mit der Regierungspräsidentin von Schwaben, Barbara Schretter, Landrat Martin Sailer und Polizeipräsident Martin Wilhelm einladen. Doch wie es aussieht, haben sich die Geladenen bereits abgestimmt – nur ohne OB Weber.

„Bei unserem Gespräch mit der Polizei, an dem bewusst neben dem zuständigen Dezernat des Polizeipräsidiums Schwaben-Nord auch die Polizeiinspektionen Gersthofen und Oberhausen – zuständig für den Augsburger Stadtteil Bärenkeller – teilgenommen haben, wurden die Belange der Bevölkerung sowohl aus der Stadt als auch aus dem Landkreis Augsburg selbstverständlich intensiv mitgedacht”, geht Sailer auf die Kritik Webers ein. Security-Dienste seien fester Bestandteil des Sicherheitskonzepts, das die Regierung von Schwaben laut dem Landrat bereits grundsätzlich abgenickt hat.

Eine Information der Bevölkerung, die über die Pressemitteilung am Dienstag hinausgeht, plant der Landrat nicht. „Ich wüsste nicht, welche Fragen wir derzeit bei einer Informationsveranstaltung für die Bevölkerung klären könnten, die aktuell beantwortbar, aber noch nicht beantwortet sind”, begründet Sailer. Die Grundthematik der Unterbringung von Geflüchteten sei in der Öffentlichkeit seit 2015 hinreichend bekannt. „Eine öffentliche Veranstaltung würde aus meiner Sicht nur den Personen eine Bühne bieten, die von vorneherein eine negative Grundeinstellung gegenüber den Geflüchteten haben und die gefühlten Ängste ihrer Mitmenschen für die eigenen Zwecke missbrauchen möchten”, warnt er.

Doch bei allem Zwist weiß sich Sailer im eigentlichen Problem mit Eva Weber geeint: „Dass die Unterbringung von Flüchtlingen für uns Kommunen immer schwieriger wird, darauf weisen wir Stadtoberhäupter und Landräte seit Monaten hin”, macht OB Weber die Lage deutlich. „Wir in Augsburg haben unsere Kapazitätsgrenzen erreicht.” Das betreffe nicht nur die Frage, wo und welcher Wohnraum zur Verfügung gestellt werden könne, sondern auch die Kinderbetreuung, die Beschulung oder die ärztliche Versorgung. „Der bayerische Städtetag, dessen Vorstand ich angehöre, fordert seit Monaten den Schutz der EU-Außengrenzen, eine effektive Steuerung der Zuwanderung auf europäischer Ebene und eine bessere Kontrolle der Einreise”, sagt Weber. Gleichzeitig seien schnellere Asylverfahren und schnellere Verfahren zur Feststellung von Bleiberechten und zur Rückführung von Menschen ohne Bleiberecht nötig. Von der Bundesregierung fühle sich Weber im Stich gelassen.

„Die Bundesregierung lässt die Kommunen bei diesem Thema massiv im Stich”

„Dass die Stadt Augsburg unser Unverständnis gegenüber unserer Bundesregierung teilt, begrüße ich sehr und hoffe, dass sich unseren gemeinsamen Forderungen nach einer effektiveren Steuerung der Zuwanderung in Deutschland noch viele Kommunen anschließen“, stimmt Sailer zu. Denn ändere sich nichts an der angespannten Situation, dann könne auch Weber in Augsburg Großunterkünfte und die Belegung von Turnhallen nicht mehr ausschließen. Und so argumentiert auch Landrat Sailer: Hätte man die Beherbergung in dem Hotel nicht organisiert, wäre es umgehend zur Schließung des Schullandheims in Dinkelscherben und in einigen Wochen zur längerfristigen Belegung von Schulturnhallen gekommen.

Seit Beginn des Jahres 2023 wurden dem Landkreis 892 geflüchtete Personen neu zugewiesen. Jede Woche müsse mit der Ankunft von 20 bis 30 weiteren Geflüchteten gerechnet werden. „Uns stehen einfach keine Plätze mehr zur Verfügung, weshalb wir zu dieser Entscheidung gezwungen waren“, so Sailer.


Markus Höck
Markus Höck

Redakteur Augsburg-Redaktion

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