Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 23.02.2023 16:50

Menschenführung steht vor Taktiklehre

Für den Fußballtrainer   Christian Krzyzanowski stehen Transparenz und Kommunikation bei der Arbeit mit den Spielern im Vordergrund.	Foto: Imago Images (Foto: Imago Images)
Für den Fußballtrainer Christian Krzyzanowski stehen Transparenz und Kommunikation bei der Arbeit mit den Spielern im Vordergrund. Foto: Imago Images (Foto: Imago Images)
Für den Fußballtrainer Christian Krzyzanowski stehen Transparenz und Kommunikation bei der Arbeit mit den Spielern im Vordergrund. Foto: Imago Images (Foto: Imago Images)
Für den Fußballtrainer Christian Krzyzanowski stehen Transparenz und Kommunikation bei der Arbeit mit den Spielern im Vordergrund. Foto: Imago Images (Foto: Imago Images)
Für den Fußballtrainer Christian Krzyzanowski stehen Transparenz und Kommunikation bei der Arbeit mit den Spielern im Vordergrund. Foto: Imago Images (Foto: Imago Images)

Den Abstiegskandidaten TSV Rain konnte der 46-Jährige in der vergangenen Saison nicht nur stabilisieren: „In der Rückrunde waren wir sogar die drittbeste Mannschaft der Liga.” Darauf ist Krzyzanowski stolz. Im Übrigen ist er der Überzeugung, dass auch der VfB mit seinem aktuellen Coach den Klassenerhalt schaffen wird. Von Mattes hält der Neuburger nämlich sehr viel: „Das ist ein hervorragender Trainer, der mit wenig Mittel sehr erfolgreich gearbeitet hat.” Bevor der frühere Pipinsrieder Landesligaspieler (Saison 2003/04) den Posten in Rain übernahm, pilgerte er öfter als Beobachter an die Altmühl: „Ich habe mir von Markus etwas von der Spieltaktik abgeschaut - sowie seinen Umgang mit Spielern, die schwächer sind.”

Solche Tipps kann Krzyzanowski auch jetzt ganz gut gebrauchen. Er ist dabei, die Trainer-A-Lizenz zu erwerben, ein mittlerweile anspruchsvolles Unterfangen. Damit kann er als Hauptverantwortlicher in der Jugend-Bundesliga arbeiten - ebenso in der Regionalliga sowie als Co-Trainer von der 3. Liga bis zur 1. Bundesliga. Krzyzanowski hat bereits mit Rain einen Regionalligisten gecoacht, was möglich war, weil er sich schon zu diesem Zeitpunkt um die entsprechende Qualifikation bemüht hatte.

Früher war die Sache in drei Wochen erledigt. Die Ausbildung wurde komplett umgekrempelt und erst einmal zeitlich gestreckt. Sie wurde unterteilt in acht Blöcke je vier Tage, dauert von August bis Juni und findet in Hennef bei Bonn statt. Die Abschlusspräsentation geht in Frankfurt am Main über die Bühne. Vor allem der Inhalt wurde völlig neu konzipiert, wie Krzyzanowski berichtet - und was bei ihm auf Gegenliebe stößt: „Ich bin total begeistert.”

Lehrbuch-Wissen über Taktik tritt dabei in den Hintergrund. Gefragt sind Psychologie und Einfühlungsvermögen: „Der Trainer soll persönlich sowie mit der Mannschaft Werte entwickeln und die Spieler mit ihren Anliegen verstehen.” Die Zeiten, in denen der Trainer Anweisungen gab, die widerspruchslos zu befolgen waren, sind vorbei. Entscheidungen müssen in der heutigen Zeit begründet werden. „Du musst sie im Dialog mit den Spielern erläutern und Transparenz zeigen. Anders geht's nicht mehr. Deshalb ist Gesprächsführung so wichtig. Und das lernt man während der Ausbildung. Menschenführung geht vor taktischen Sachen.”

Das hängt auch damit zusammen, dass Spieler heute nicht mehr so kritikfähig sind, wie einst. „Kinder werden zu Ichlingen erzogen”, findet Krzyzanowski, „und dann müssen sie sich ins Gefüge der Mannschaft einordnen sowie sich auch mal unterordnen. Wir Trainer müssen harte Entscheidungen fällen, aber kommunizieren, dass diese im Sinne des Teams getroffen werden.”

Ein nächster Punkt betrifft die Wettkampfhärte. Auch die muss ein Trainer seinen Schützlingen beibringen: „Da heißt es auch mal, auf die Zähne zu beißen. Topspieler haben diese Disziplin.” Insgesamt geht der Trend zur Gemeinschaftsarbeit. „Du musst dich mit einem Funktionsteam umgeben”, erklärt Krzyzanowski, „dieser Wandel ist schon lange fällig.”

Denn letztlich geht es nicht mehr so sehr darum, Technik zu lehren. „In der Regionalliga kann jeder Fußball spielen. Vielmehr muss der Trainer eine Mannschaft packen, eine Mannschaft formen können, die durchs Feuer geht und ihr das Gefühl vermitteln: Wir können alle schlagen. Da muss man dann vielleicht in der Halbzeitpause ein wenig lauter werden.” Kampf, Lauf- und Zweikampfstärke sowie Siegeswille - diese Elemente kommen nach Krzyzanowskis Ansicht zu kurz. „Das hat man bei der Weltmeisterschaft gesehen. Das hat Marokko verkörpert, und das hat im Finale den Unterschied gemacht. Die Franzosen waren satt”, meint er. Großartige taktische Finessen habe die WM aber nicht gebracht.

Den Fußball als Amateursport sieht der Neuburger in der Krise. Corona, aber auch eine Generation der bereits erwähnten „Ichlingen” ziehen es nach sich, dass es weniger Spieler, weniger Vereine, weniger Funktionäre und weniger Ehrenamtliche geben werde, fürchtet Krzyzanowski. „Bei den Bambini, bei der G- oder F-Jugend gibt es einen Riesenzulauf”, weiß er. Aber mit zunehmenden Alter lasse das Interesse nach: „Es finden sich fast keine Vereine mehr, die eine eigene A-Jugend haben.” Fazit: Die Rahmenbedingungen müssten passen. Den Kids sollte E-Sport oder Trendsportarten wie Dart zusätzlich angeboten werden, um sie zu animieren. „Das Wichtigste aber sind die Trainer.” Es fehle an vernünftigen Jugendtrainern, und immer weniger junge Spieler würden den Sprung nach oben schaffen.

Es werde für den FC Pipinsried, den VfB Eichstätt, den TSV Rain oder den FC Ingolstadt mit seiner zweiten Mannschaft im Laufe der Zeit schwerer fallen, die Klasse zu halten, lautet seine Prognose. Sollte das tatsächlich eintreffen, würden die guten Spieler der Region den Rücken kehren, gibt er zu bedenken.

Der Trend gehe eindeutig in Richtung Professionalisierung. „Für Amateurvereine wird das Thema Regionalliga nicht mehr zu stemmen sein”, betont Krzyzanowski. Eine Erkenntnis, die er schon vor den Vorkommnissen bei seinem Ex-Klub Rain gewonnen hatte. Gleichzeitig verweist er auf erfolgreiche Vereine unterhalb der Regionalliga: „Ehekirchen hat ein hervorragendes Funktionsteam um Markus Bissinger und eine kleine, aber schmucke Anlage. Der Verein versteht es, mit wenig Geld das Maximum herauszuholen.” Wenn der FCE den Aufstieg in die Bayernliga schaffen sollte, würde der Verein zu einem Magneten für gute Kicker werden. Von Markus Mattes einiges abgeschaut Der Trainer muss das Team packen können


Von Herbert Walther
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