Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 20.01.2023 14:17

17 Menschen sind im Frühjahr 2020, zu Beginn der Corona-Pandemie, im Aichach AWO-Heim innerhalb weniger als vier Wochen im Zusammenhang mit Sars-Cov2 gestorben. Der damalige Gesundheitsamtsleiter Dr. Friedrich Pürner hatte dem Heim, beziehungsweise dessen damaligen Leiter, schwere Versäumnisse im Bereich der Infektionsschutzmaßnahmen vorgeworfen. Unter anderem soll zu spät auf erste Krankheitsfälle reagiert und wichtige Hygieneregeln sollen missachtet worden sein. Eine Angehörige, deren 82-jähriger Vater unter den Toten war, hatte mit ihrer Anzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung mit Todesfolge im Mai 2020 die strafrechtliche Aufarbeitung ins Rollen gebracht. Gestern erklärte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Augsburg, Dr. Andreas Dobler, auf Nachfrage der AZ-Redaktion, dass die Ermittlungen im Dezember 2022 nach über zweieinhalb Jahren eingestellt worden sind.

Grund für die Einstellung der Ermittlungen und folglich keine Anklageerhebung ist, dass kein Nachweis für das "konkrete strafbare Verhalten einer bestimmten Person" gefunden worden ist. Und obwohl es Mängel in der Umsetzung der Hygienemaßnahmen gegeben hatte, könne laut Dobler "nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" belegt werden, dass die Todesfälle bei Einhalten der Hygiene-Vorgaben hätten verhindert werden können.

Matthias Nickolai, der damalige Sprecher der Augsburger Staatsanwaltschaft, hatte Mitte Mai 2020 gegenüber unserer Zeitung gesagt, dass sein Team den Fall mit Sorgfalt aufarbeiten und sich dafür die nötige Zeit lassen werde. Dass dies über zwei Jahre in Anspruch genommen hat, mag manchen überraschen. Dobler erklärt dies mit den äußerst umfangreichen Ermittlungen, in die viele Sachverständige involviert waren. Bei 17 Todesfällen sei dies entsprechend zeitintensiv. "Man versucht alle Erkenntnisquellen auszuschöpfen und zu dem Schluss zu kommen, ob Straftaten begangen worden sind oder nicht."

Der massive Ausbruch im AWO-Heim war damals der erste im Landkreis Aichach-Friedberg und auch der schlimmste. So verzeichnete die Corona-Statistik Ende April im Kreis insgesamt 20 Todesfälle; allein 16 kamen aus dem betroffenen Seniorenheim.

Nachdem die Situation am AWO-Heim außer Kontrolle geraten war, wurden zunächst Sofortmaßnahmen wie abgetrennte Bereiche für positiv Getestete und kranke Bewohner sowie eigenes Personal für diese installiert. Danach ließ das Gesundheitsamt unter Pürners Führung Reihentestungen durchführen, um den Ausbruch epidemiologisch aufzuarbeiten. Der genaue Infektionsverlauf wurde dabei rekonstruiert. Demnach trat der erste Corona-Fall bei einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter auf. Diese Person, zu der keine näheren Angaben gemacht worden waren, hätte die typischen Covid-19-Symptome gehabt und sich auch krank gemeldet. Zu diesem Zeitpunkt hätte laut Infektionsschutzgesetz bereits eine Meldung an das Gesundheitsamt erfolgen müssen. Das ist nicht geschehen und weitere symptomatische Fälle in verschiedenen Wohnbereichen folgten. Das Gesundheitsamt wurde erste einige Tage später informiert.

Die Ermittlungen zu den Corona-Todesfällen am Friedberger Krankenhaus dauern laut Dobler weiterhin an. An der Klinik waren im Zusammenhang mit einem starken Ausbruchsgeschehen Ende 2020 zu nosokomialen Infektionen gekommen, also Ansteckungen innerhalb des Krankenhauses, das zu jenem Zeitpunkt noch Covid-frei bleiben sollte. Die Zahlen darüber, wie viele Todesfälle mit diesen nosokomialen Infektionen in Zusammenhang standen, schwankten in der Vergangenheit. Das bayerische Gesundheitsministerium hielt in 15 Fällen eine Überprüfung für notwendig.

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