Es war der 24. Mai 1843, als im Goldenen Saal des Augsburger Rathauses die erste Sitzung der Handelskammer für den Regierungsbezirk Schwaben und Neuburg stattfand. 175 Jahre später haben sich nun erneut Mitglieder der IHK sowie Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft im Goldenen Saal versammelt, um dieses Jubiläum zu feiern. Aber auch, um die Zeit noch einmal Revue passieren zu lassen und einen Blick in die Zukunft der schwäbischen Wirtschaft zu wagen.
Der erste Tagesordnungspunkt sei im Jahr 1843 ganz ähnlich gewesen wie heute, erzählt IHK-Präsident Andreas Kopton. Es sei damals um den Ausbau der Bahnstrecke zwischen Lindau und Augsburg gegangen. „Ich weiß nicht, was in weiteren 175 Jahren auf der Tagesordnung stehen wird”, sagt Kopton. Was sich im kommenden Vierteljahrhundert verändern wird, davon zeichnet er für die zahlreichen Zuhörer aber ein sehr konkretes Bild: „Als ehemaliger Präsident bin ich zum 200. Geburtstag der IHK eingeladen. Ich fahre mit meinem Auto bis an die Stadtgrenze, wo der Wagen sich selbst einen Parkplatz sucht, und steige in die Tram ein, die mich natürlich kostenlos in die Stadt fährt”. Im Rathaus werde er von der aktuellen IHK-Präsidentin begrüßt. „,Bilden. Bündeln. Beraten.' ist nach wie vor das Motto der Handelskammer, die duale Ausbildung ist für alle Schulen verpflichtend, die Konjunktur ist seit 33 Jahren im Aufschwung, die schwäbische Wirtschaft weltweit erfolgreich. Ich weiß, nicht, ob es so kommen wird”, schließt Kopton. Er wolle seine Zukunftsvision jedoch aufheben und in 25 Jahren prüfen, ob sie sich erfüllt hat.
Einen Blick in die jüngere Vergangenheit der Kammer wirft hingegen Bürgermeisterin und Wirtschaftsreferentin der Stadt Augsburg, Eva Weber. Es ist zugleich auch ein Blick in ihre eigene Vergangenheit. Als junge Mitarbeiterin der IHK habe sie die deutschlandweit erste Präsidentin, Hannelore Leimer, kennengelernt und sei sehr beeindruckt gewesen, „vor allem von ihren Sprüchen”, erzählt Weber.
Hannelore Leimer selbst, die von 1995 bis 2009 Präsidentin der Kammer war, schaut auf ihre eigene Anfangszeit zurück. „Es war schon seltsam, überall nur Männer in dunklen Anzügen. Die können sich leicht mal verdrücken, als Frau musste man da immer bis zum Ende durchhalten”, berichtet sie und schildert, wie unter ihrer Leitung aus den zuvor üblichen Herrenabenden Arbeitsfrühstücke wurden.
Die Geschichte der IHK war geprägt von Veränderungen und Umbrüchen, wie Professor Marita Krauss vom Lehrstuhl für Europäische Regionalgeschichte sowie Bayerische und Schwäbische Landesgeschichte an der Uni Augsburg zeigt. Sie erzählt, wie sich die Kammer, die nach ihrer Gründung zunächst König Ludwig I. unterstand, im Laufe der Jahrhunderte wandelte und die Wirtschaft in der Region voranbrachte. Wie aus der königlich kontrollierten Institution schließlich eine mit gewählten Mitgliedern wurde. Wie die Kammer nach dem Zweiten Weltkrieg maßgeblich zum wirtschaftlichen Wiederaufbau beitrug und sich schon früh für das Thema Bildung einsetzte.
„Der Blick in die Geschichte lohnt sich”, sagt Krauss. „Um Konzepte für die Zukunft zu entwickeln.” Nach dem Krieg etwa sei zunächst nicht klar gewesen, wie sehr die Vertriebenen, die nach Schwaben kamen, schließlich die Wirtschaftskraft der Region bereichern würden. „Das ist auch ein Fingerzeig für heute, Migration als etwas Positives zu sehen.”
Vornehmlich auf die Gegenwart konzentriert sich Franz Josef Pschierer, Bayerischer Staatsminister für Wirtschaft, Energie und Technologie, in seiner Rede. Während viele Institutionen wie Kirchen, Gewerkschaften und Parteien an Bindungskraft verloren hätten, gelte das für die IHK nicht. „Böse Zungen könnten sagen, das liege an der Pflichtmitgliedschaft.” Aber es gebe nichts Besseres und aus vielen Ländern schaue man neidvoll auf diese Struktur in Deutschland. Besonders hervorzuheben sei auch die enge Partnerschaft zwischen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, die es vor allem in Schwaben gebe, schwärmt der Staatsminister.
Zurück in die Zukunft führt abschließend Hans Haibel, der von 1979 bis 1995 Präsident der IHK war, den Abend. Mit einer, wie er sagt, „bescheidenen Bitte” an die anwesenden Vertreter aus Wirtschaft und Politik. Sie sollten sich zusammensetzen und eine Lösung für die Renten finden, die Altersarmut bekämpfen. „Das ist die Zukunft, auch im Interesse der Jungen.”