Am Wahltag zur Kirche, ins Wirtshaus, zum Wahllokal. Das war einmal. Seit Jahren steigt der Anteil der Briefwähler kontinuierlich. Fast die Hälfte der Menschen macht ihr Kreuz lieber zu Hause, statt den Stimmzettel im Wahllokal auszufüllen. Während die Kommunalwahlen am 15. März 2020 in Bayern noch "normal" durchgezogen wurden, war bei den Stichwahlen zwei Wochen später alles anders: Erstmals gab es keine Urnenwahl, alle bekamen ihre Briefwahlunterlagen automatisch zugesandt. Die Abgabe des Wahlbriefs war - mitten im ersten Corona-Lockdown - ein triftiger Grund, das Haus trotz der Ausgangsbeschränkungen zu verlassen. Die Wahlbeteiligung war damals so hoch wie nie.

Laut einer Studie der Universität Bayreuth lag das an der Briefwahl. Die Forscher haben die Kommunalwahlen 2020 analysiert und einen Anstieg der Wahlbeteiligung bei der Stichwahl im Vergleich zum ersten Wahlgang um bis zu zehn Prozent ausgemacht. Laut der Studie ist das allein auf die unkomplizierte Briefwahl zurückzuführen: Ohne eigenes Zutun bekamen die Menschen die Unterlagen, mussten lediglich abstimmen und den Briefwahlschein einwerfen - ohne an Öffnungszeiten von Wahllokalen gebunden zu sein oder Warteschlangen fürchten zu müssen.

Auch im Wittelsbacher Land wurde am 29. März 2020 gewählt: Es gab Stichwahlen in Affing, Kühbach und Dasing. In allen drei Gemeinden stieg die Wahlbeteiligung im Vergleich zum ersten Wahlgang: Zwar nicht um zehn Prozent, aber in Kühbach immerhin von 70 auf 74 Prozent, in Affing von 71,6 auf 76 Prozent und in Dasing von 63,7 auf 69 Prozent.

Das war 2014 anders, als Klaus Metzger und Sepp Bichler in die Stichwahl um den Landratsposten in Aichach-Friedberg gingen. Im ersten Wahlgang beteiligten sich knapp 60 Prozent der Aichach-Friedberger, beim äußerst knappen Showdown zwei Wochen später, als sich Metzger knapp durchsetzen konnte, gaben nur noch 41 Prozent ihre Stimme ab. Ein ähnliches Bild zeigte sich im Landkreis Dachau: Dort gewann Stefan Löwl mit einem hauchdünnen Vorsprung gegen Harald Güll, mit 42,69 Prozent war die Wahlbeteiligung auch dort deutlich niedriger als im ersten Durchgang, bei dem ebenfalls 60,44 Prozent der Wähler ihre Stimme abgaben.

Schaut man noch weiter zurück, bestätigt sich, dass die Wähler bei Stichwahlen in der Regel eher zurückhaltender sind: 2008 setzte sich Erich Nagl im zweiten Durchgang gegen Ingrid Hansen durch; die Beteiligung war mit 56,29 Prozent ebenfalls niedriger als im ersten Wahlgang. Daran nahmen 62 Prozent der Dasinger teil.

In der Regel ist es also umgekehrt: Das Interesse an Stichwahlen ist geringer als an der regulären Wahl, wie die Beispiele aus dem Wittelsbacher Land zeigen. Während des Lockdowns aber - mit reiner Briefwahl und automatisch zugesandten Unterlagen - stieg auch die Beteiligung in den betroffenen Gemeinden an. Das zeigt: Je einfacher es der Wähler hat, desto eher ist er bereit an Abstimmungen teilzunehmen.