Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 09.02.2023 18:00

Helfer sind frustriert

Der marode Alte Wirt   in Aresing wird erneut zur Flüchtlingsunterkunft. Die aus Brandschutzgründen improvisierte Außentreppe wurde inzwischen entfernt, muss aber wieder installiert werden.	Foto: Archiv (Foto: Archiv)
Der marode Alte Wirt in Aresing wird erneut zur Flüchtlingsunterkunft. Die aus Brandschutzgründen improvisierte Außentreppe wurde inzwischen entfernt, muss aber wieder installiert werden. Foto: Archiv (Foto: Archiv)
Der marode Alte Wirt in Aresing wird erneut zur Flüchtlingsunterkunft. Die aus Brandschutzgründen improvisierte Außentreppe wurde inzwischen entfernt, muss aber wieder installiert werden. Foto: Archiv (Foto: Archiv)
Der marode Alte Wirt in Aresing wird erneut zur Flüchtlingsunterkunft. Die aus Brandschutzgründen improvisierte Außentreppe wurde inzwischen entfernt, muss aber wieder installiert werden. Foto: Archiv (Foto: Archiv)
Der marode Alte Wirt in Aresing wird erneut zur Flüchtlingsunterkunft. Die aus Brandschutzgründen improvisierte Außentreppe wurde inzwischen entfernt, muss aber wieder installiert werden. Foto: Archiv (Foto: Archiv)

Es war im Dezember 2015, auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise, als der ehemalige Alte Wirt in der Sonnenhamer Straße in Aresing erstmals als dezentrale Flüchtlingsunterkunft genutzt wurde. Der ursprünglich auf fünf Jahre befristete Pachtvertrag wurde zweimal um ein Jahr verlängert, sodass die Unterkunft durchgehend bis September 2022 zeitweise von mehr als 40 Personen bewohnt wurde.

Während dieser Zeit engagierten sich mehrere Aresingerinnen und Aresinger ehrenamtlich, um den Geflüchteten zu helfen. Sie formierten sich als Helferkreis Asyl Aresing unter dem Dach der Caritas-Nachbarschaftshilfe. Nach der Schließung des Heims löste sich der Kreis im vergangenen Herbst auf. Eine Neuauflage wird es wohl nicht geben.

In einem offenen Brief wenden sich die Vertreter nun an die Öffentlichkeit. Unterzeichnet haben ihn federführend Aresings stellvertretender Bürgermeister Georg Hartmann (FW), Gemeinderätin Isabel Kehrer (SPD), Birgit Sibinger und ihr Ehemann, der Gemeinderat Siegfried Sibinger (SPD), der 2018 von der Bayerischen Staatsregierung für seine Leistungen in der Flüchtlingshilfe ausgezeichnet wurde. Die gesamte Gruppe erhielt zwei Jahre später den Integrationspreis der Regierung von Oberbayern. Doch die Helferinnen und Helfer sind zutiefst enttäuscht von den staatlichen Stellen. „Ein bisschen Händeschütteln und ein wenig Preisgeld, das wir umgehend wieder in unsere Arbeit investierten. Ansonsten war die Unterstützung von öffentlicher Seite eher gering.”

Und weiter: „Wir als Asylhelferkreis haben unzählige Stunden unserer Freizeit geopfert. Wir versuchten, die Bewohnerinnen und Bewohner der Unterkunft zu unterstützen, vermittelten sie in Sprachkurse und Schulen beziehungsweise organisierten mitunter selbst Sprachkurse. Wir unterstützten Behörden, vermittelten Arbeits- und Ausbildungsplätze, kümmerten uns um dafür notwendige Arbeitserlaubnisse. Wir versuchten bei sich anbahnenden Konflikten zu schlichten, bei aufkeimenden Problemen frühzeitig zu deeskalieren.”

All diese ehrenamtlichen Hilfestellungen gibt es in Aresing nicht mehr, wenn in Kürze wieder mindestens 40 Geflüchtete in den Alten Wirt einziehen.

Vom jetzigen Vermieter hätte er es in einem Nebensatz erfahren. Und zwar erst Mitte vergangener Woche, als der Mietvertrag bereits lief. „Ich habe den Landrat am Donnerstag zur Rede gestellt und ihm klar gemacht, dass es so nicht geht”, sagt Angermeier. Bereits in einer Woche hätten die ersten Geflüchteten dort untergebracht werden sollen. Doch die, erst im Herbst entfernte, provisorische Außentreppe müsse erst wieder installiert werden. Mit den ersten Bewohnern rechnet der Bürgermeister aber noch im Februar. Und wer soll sich um sie kümmern? „Da steht das Landratsamt in der Pflicht”, sagt Angermeier.

Siegfried Sibinger (kleines Bild) war Flüchtlingshelfer der ersten Stunde. Nach der Auflösung der Aresinger Hilfegruppe formulierte er mit ehemaligen Mitstreiterinnen und Mitstreitern nun einen dringenden Appell an das Landratsamt und die Politik: „Es ist unzumutbar, Menschen in diesem Haus wohnen zu lassen. Die Substanz ist marode, energetisch ist das Haus ein Fiasko, die hygienischen Verhältnisse sind katastrophal”, stellt der Gemeinderat klar. „Zudem fehlt es an der nötigen Infrastruktur.” Die Flüchtlinge sich selbst zu überlassen sei keine Option. Integration könne laut Sibinger nur funktionieren, wenn man sie auch ermögliche.

Integrationsleistungen habe demnach in erster Linie der Asylhelferkreis ermöglicht. „Doch es ist die Aufgabe des Landkreises, dies sicherzustellen”, betont Sibinger. Viele Menschen auf engem Raum, gepaart mit Frust und mangelnder Beschäftigung, ergäben ein erhöhtes Konfliktpotenzial und dadurch eine gesteigerte Gefährdung für Bewohner und auch für die Anwohner.

„Wir verstehen, dass das Landratsamt händeringend nach Unterkunftsmöglichkeiten sucht. Doch insbesondere nach den Vorfällen in Peutenhausen und der daher aufkommenden öffentlichen Diskussion hätten wir uns wesentlich mehr Kommunikation, Sensibilität und Transparenz erhofft”, stellt Sibinger klar. „Daher kann es nicht angehen, dass die Gemeinde nicht frühzeitig eingebunden wurde.”

Zwar sähen er und seine ehemaligen Mitstreiterinnen und Mitstreiter mehr denn je die Notwendigkeit, geflüchtete Menschen zu unterstützen, jedoch gehe dies nur in Kooperation von Behörden und ehrenamtlichen Kräften. „In unseren Augen stehlen sich das Landratsamt und auch der Verpächter aus ihrer Verantwortung”, so Sibingers Vorwurf. Wegen der vielen Missstände werde sich der Helferkreis nicht neu gründen. cfs


Von Thomas Winter
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