Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung

Hat Augsburg genug bezahlbare Wohnungen?

2439 Menschen sind aktuell in Augsburg auf der Suche nach einer Sozialwohnung. Es wurden jedoch im vergangenen Jahr nur rund 250 geförderte Wohnungen gebaut. Die Kluft zwischen Neubauten und der Zahl an Menschen, die eine Wohnung benötigen, wächst bereits seit Jahren kontinuierlich. Warum Augsburg im bayernweiten Vergleich dennoch ganz gut wegkommt, hat Heribert Weigant, Teamleiter im Amt für Wohnbauförderung, nun vor dem Sozialausschuss der Stadt geschildert.
Augsburg blickt auf eine lange Geschichte der Wohnraumförderung zurück. Bereits 1948 war die Stadt Bewilligungsstelle für den geförderten Mietwohnungsbau. „Dies ist eine Ausnahmestellung in der Organisation der Wohnraumförderung, da diese Aufgaben üblicherweise den Regierungen zugewiesen sind. Außer Augsburg haben nur noch die Landeshauptstadt München und Nürnberg diese Ausnahmestellung inne”, heißt es dazu in der Beschlussvorlage. Augsburg ist fachlich direkt dem Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr unterstellt und bekommt eigene Mittel zugewiesen. Die Regierung von Schwaben hat dabei kein Mitspracherecht. In den letzten Jahren des vergangenen Jahrhunderts ging die Anzahl der geförderten Mietwohnungen in Bayern und parallel dazu auch in Augsburg zurück und erreichte schließlich 2011 mit 1075 Wohnungen in Bayern, davon 42 Wohnungen in Augsburg, einen Tiefpunkt. Erst 2013 gab es wieder einen leichten Anstieg. Seit 2014 hat auch der Freistaat seine Fördermittel laufend erhöht. „Durch den Wohnungspakt Bayern haben sich die Förderungen mehr als verdoppelt. Diese Tendenz ist auch in Augsburg festzustellen”, erklärt Weigant dem Ausschuss. Verstärkt habe sich dies durch das ab 2014 aufgelegte Neubauprogramm der Wohnbaugesellschaft (WBG).

Etwa zeitgleich mit dem Rückgang der Neubautätigkeit habe in Augsburg eine Phase der Modernisierung des Wohnungsbestandes eingesetzt. Zwischen 1997 und 2011 wurde die Modernisierung von jährlich rund 450 Wohnungen aus dem Bayerischen Modernisierungsprogramm gefördert. Dabei habe man die Mieten auf einem sozialverträglichen Niveau halten können. Seit 2009 ist mit der Förderung auch eine Belegungsbindung verbunden. Weigant legt dar, wie sich die Förderergebnisse im Zeitraum von 2013 bis 2015 und zwischen 2016 und 2018 entwickelt haben. Zum einen die Ergebnisse aus dem Bayerischen Wohnbauprogramm, der sogenannten Einkommenorientierten Förderung (EoF). Nach dem EoF-Modell wird je nach Einkommensklasse ein Teil der Miete vom Staat als Zuschuss bezahlt. Die Grundförderung erhält der Investor im Gegenzug für die Verpflichtung, mindestens 15 Jahre Sozialmieter aufzunehmen und eine ortsabhängige Höchstmiete nicht zu überschreiten. Zum anderen erläutert Weigant die Ergebnisse aus dem Bayerischen Modernisierungsprogramm.

Dabei falle auf, dass Augsburg im Vergleich zu München und Nürnberg fast immer den höchsten Wert in Relation zur Einwohnerzahl erreicht, erklärt Weigant. Da sei die Stadt bayernweit „Spitzenreiter”. So wurden etwa zwischen 2016 und 2018 insgesamt 742 geförderte Wohnungen in Augsburg neu gebaut, das sind 2,53 je 1000 Einwohner. In München waren es 2853 Wohnungen und damit 1,96 pro 1000 Einwohner. In Nürnberg entstanden 999 Wohnungen, je 1000 Einwohner sind das 1,94. Ähnlich stellt sich auch die Höhe der Fördermittel dar. In diesem Zeitraum erhielt Augsburg rund 106 000 Euro (361 Euro je 1000 Einwohner), München bekam 269 000 (184 Euro je 1000 Einwohner), in Nürnberg waren es 116 000 Euro (225 Euro je 1000 Einwohner). „Wir sind im Vergleich zu anderen Städten ganz gut weggekommen”, sagt Sozialreferent Stefan Kiefer. „Entscheidend ist aber natürlich, was am Ende dabei rauskommt.”

Im Ausschuss wird die aktuelle Situation mitunter sehr kritisch gesehen. Alexander Süßmair (parteilos) sehe „ein immer größeres Problem in der Art der Förderung. 70 Prozent der Augsburger fallen unter die Grenze der Einkommenorientierten Förderung.” Statt der EoF, bei der bereits nach drei Jahren die Mieten erhöht werden können, sähe er lieber eine andere Lösung: „Ist es nicht sinnvoller, wenn die Stadt selbst baut und die Mieten bestimmen kann?” Sozialreferent Kiefer jedoch stellt klar: „Wir können nur mit der Säule operieren, die uns zur Verfügung steht. Das ist keine kommunale Aufgabe.” Die Stadt bezuschusst den geförderten Wohnungsbau derzeit mit 500 000 Euro. „Das ist in der heutigen Zeit ein so geringer Betrag, dass die Stadt faktisch nicht mehr mitfinanziert”, ordnet Kiefer die Zahl ein.

Dennoch leiste die Stadt ihren Beitrag. Im Bauausschuss wurde erst vor Kurzem über eine Quote für geförderten Wohnraum bei neuen Bauvorhaben debattiert. Investoren sollen künftig verpflichtet werden, in neuen Baugebieten mindestens 30 Prozent geförderte Wohnungen zu schaffen. Kontrovers diskutiert wurde allerdings eine Bindungsdauer von 40 Jahren. Während sich SPD und Grüne dafür aussprachen, sei diese Zeitspanne aus Sicht von CSU und Pro Augsburg zu lange. Dabei sank zuletzt die Zahl der Sozialwohnungen in Augsburg auch aus dem Grund, dass viele Wohnungen aus ihrer Bindung fielen. Die Diskussion soll im Herbst fortgeführt werden.

Beate Schabert-Zeidler (Pro Augsburg) hat schließlich noch ein organisatorisches Anliegen. Sie fordert „eine gemeinsame Linie für Bau- und Sozialausschuss”. Die beiden Ausschüsse arbeiteten aneinander vorbei, kritisiert die Stadträtin. Zum Teil liege das sicher daran, dass in beiden Gremien mitunter verschiedene Stadträte sitzen. Gerade bei diesem Thema sei es aber wichtig, dass alle an einem Strang ziehen. 


Von Kristin Deibl
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