Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 20.08.2023 05:24, aktualisiert am 22.08.2023 15:47

Feuer und Flamme

Andreas Sedlmeir ist selbstständiger Ofenbaumeister mit langjähriger Erfahrung. Der Freienrieder ist Feuer und Flamme für seinen Beruf, aber auch für sein Hobby: Der 48-jährige Familienvater ist leidenschaftlicher Gitarrist. (Foto: Robert Edler)
Andreas Sedlmeir ist selbstständiger Ofenbaumeister mit langjähriger Erfahrung. Der Freienrieder ist Feuer und Flamme für seinen Beruf, aber auch für sein Hobby: Der 48-jährige Familienvater ist leidenschaftlicher Gitarrist. (Foto: Robert Edler)
Andreas Sedlmeir ist selbstständiger Ofenbaumeister mit langjähriger Erfahrung. Der Freienrieder ist Feuer und Flamme für seinen Beruf, aber auch für sein Hobby: Der 48-jährige Familienvater ist leidenschaftlicher Gitarrist. (Foto: Robert Edler)
Andreas Sedlmeir ist selbstständiger Ofenbaumeister mit langjähriger Erfahrung. Der Freienrieder ist Feuer und Flamme für seinen Beruf, aber auch für sein Hobby: Der 48-jährige Familienvater ist leidenschaftlicher Gitarrist. (Foto: Robert Edler)
Andreas Sedlmeir ist selbstständiger Ofenbaumeister mit langjähriger Erfahrung. Der Freienrieder ist Feuer und Flamme für seinen Beruf, aber auch für sein Hobby: Der 48-jährige Familienvater ist leidenschaftlicher Gitarrist. (Foto: Robert Edler)

Eines gleich mal vorneweg: Andi ist ein gelassener und nachsichtiger Chef. Er selbst steht schon morgens um 7 Uhr auf der Baustelle an der Stein-Trennmaschine und verliert kein Wort darüber, dass der AZ-Helfer erst kurz nach 8 Uhr um die Ecke schleicht. Der kann sich mit dem Handwerksmeister prima über Bruce Springsteen und Rory Gallagher unterhalten. Und wenn es dann auch noch um die Gitarren der Rockmusik-Helden geht, vergisst der Ofenbauer doch glatt den Schamottstein in der Hand. Dann wird über Fender- sowie Gibson-Gitarren diskutiert und philosophiert, ob die alte Tele tatsächlich besser klingt als eine neue. „Die Stunde ziehe ich ab”, ruft Andreas „Andi” Sedlmeir dem Bauherrn mit breitem Lachen zu.

Kein Problem! Auch mit der Auswahl der Baustelle hat der Chef eine glückliche Hand bewiesen. Erstens liegt der Bauernhof von Christian Lohner herrlich in der Bacherner Landschaft. Der Hausname „Bergbauernhof” kommt nicht von ungefähr. Chapaeu! Und zweitens ist der 39-jährige gelernte Schreiner und studierte Agrartechniker gerne zu einem Plausch bereit. Über die Suche nach der richtigen Frau fürs Leben, über nachhaltiges Bauen mit Lärchenholz aus dem eigenen Wald und über die Frage, warum er sich für sein neues Eigenheim, das am Hackschnitzel-Nahwärmenetz des landwirtschaftlichen Ackerbaubetriebs hängt, überhaupt noch einen Grundofen wünscht. „Weil diese Wärme einfach schön ist”, entfährt es Lohner ohne langes Nachdenken.

Jeder, der selbst einen Grund- oder Kachelofen besitzt, wird dem sicher nur zustimmen. Strahlungswärme ist mit einem Thermometer gar nicht richtig messbar, eher mit wärmenden Sonnenstrahlen zu vergleichen. Sie hilft perfekt über kalte Herbsttage und eisige Winternächte hinweg, zu Beginn der neuen Heizsaison werden die Plätze an der Ofenbank regelrecht ausgerauft. Auch der Hund des Hauses will dann in der ersten Reihe liegen. Nein, Besitzer eines Grundofens werden ihn nicht mehr missen wollen – und würden den treuen Begleiter durch die kalte Jahreszeit trotz seiner Trägheit vermutlich nicht freiwillig stilllegen, sollte irgendeine EU-Richtlinie irgendwann einmal die Feinstaubbelastung durch einen solchen Holzofen ins Visier nehmen. Sich einen Kachelofen zu gönnen, ist in der Regel eine Entscheidung fürs Leben. Punkt!

Das bestätigt das Auftragsbuch von Andreas Sedlmeir. Bei rund der Hälfte der Kunden geht es um Reparaturen oder Sanierungen. Einsätze werden getauscht, weil es der Gesetzgeber vorschreibt oder eben weil es notwendig geworden ist, vielleicht wird das gute Stück aber schlicht modernisiert. Auch beim Kachelofen gibt es längst die Möglichkeit, Wärme ins Heizsystem des Hauses einzuspeisen. Ein wassergeführter Kachelofen kann sogar die ideale Ergänzung der viel gelobten Wärmepumpe sein. „Damit sie keine Spitzenlasten fahren muss und möglicherweise in die Knie geht”, erläutert der Meister. Die Mischung macht's.

Die Sanierungen sind es freilich auch, warum der Beruf des Ofenbauers nicht nur einer zum Zuckerschlecken ist. Diese Arbeiten sind mitunter schwer und vor allen Dingen von Dreck und Ruß gekennzeichnet, macht Sedlmeir klar. Das gehe dann schon an die Substanz. Bei neuen Öfen gilt es, die Einsätze zu tragen und passgenau zu setzen. Ebenfalls schwere Arbeit, die nicht jeder gerne macht.

„Ja, ich bin schon Chef, aber halt auch Lehrbua und Geselle”

Auf 50 bis 60 Stunden schätzt der 48-Jährige sein Wochenpensum. Inklusive Büroarbeit, die meist am Wochenende gemacht werden muss. Im Schnitt 20 bis 25 neue Öfen entlässt Andi Sedlmeir pro Jahr in die Welt rund um Friedberg, Aichach und das Dachauer Land. Zweifellos der schönere Teil seines Berufs. Die Kreativität bei der Umsetzung von Kundengedanken oder Umschiffung baulicher Vorgaben sorgen für Abwechslung. Dazu braucht man nicht nur Ideen, sondern auch Erfahrung. Sie zu besitzen und damit zu wissen, dass man unausweichliche Problemfragen auf der Baustelle lösen kann, „das macht einfach Spaß”, erzählt der Freienrieder.

Bis in die 1970er Jahre waren Kachelöfen meist vollständig verkachelt. In den 80ern Jahren des letzten Jahrhunderts wurden verputzte Flächen mit nur einzelnen Simskacheln und verzierenden Elementen beliebt, ehe in den 1990ern das Design des Kachelofens minimalistischere Züge mit versetzten Ebenen annahm. Seit dem Jahrtausendwechsel bestimmen mehr und mehr moderne Formen und schlichte Optik das Bild. Klare Linien, gerade verputzte Flächen und sehr große Sichtscheiben sind gefragt. Man will die Wärme des Feuers nicht nur spüren, die Flammen vielmehr auch sehen. Knistern inklusive!

Grundöfen geben die Wärme langsam und über die Ofenaußenflächen an den Raum ab. Deshalb wird sie als sehr angenehm empfunden. Der Grundofen ist aber träge. Schnelles Einheizen funktioniert nur bedingt, die Aufheizphase dauert oft Stunden. Dafür gibt der Schamott-Bursche die gespeicherte Wärme über einen sehr langen Zeitraum ab. Der Grundofen ist ein geschlossenes System ohne Luftzirkulation. Anders der Warmluftofen. Er ist schnell bei der Sache und entlässt seine Wärme über Luftgitter und Schächte. Dadurch hat diese Variante allerdings eine geringere Wärmestrahlung und kühlt schneller ab.

Übrigens gibt es auch moderne Küchenherde vom Ofenbauer. Der gute, alte Holzherd kombiniert eine Kochgelegenheit samt Backröhre mit dem beruhigenden Blick auf eine Feuerstelle, die quasi so nebenbei die Küche heizt. Da fehlt dann nur noch die eiserne Bettflasche aus Omas Beständen, die auf der Herdplatte köchelt.

Dass Andi Sedlmeir Ofenbauer wurde, hat mit seinem Vater zu tun. Der war Fliesenleger und wollte die Knie seines Sohnes schonen. Dass der dafür im Laufe seines Lebens sein Kreuz aufs Spiel setzt, ahnte der junge Nachwuchshandwerker damals noch nicht. Gelernt hat der zweifache Familienvater in Dasing, wo er auch noch viele Jahre nach der Ausbildung als Geselle arbeitete. Seit 15 Jahren ist Andreas Sedlmeir nun selbstständig und lebt zumindest mit der Illusion, sein eigener Chef zu sein. „Ja, ich bin schon Chef, aber halt auch Lehrbua und Geselle”, fasst der leidenschaftliche Musiker zusammen.

Ofenbauer sind meist kleine Ein- bis Zwei-Mann-Betriebe. Firmen mit drei bis vier Beschäftigten gehören in dieser Branche schon zu den großen. „Die übernehmen dann oft noch das Fliesenlegen”, sagt Sedlmeir. Klar: Je mehr Beschäftigte, desto mehr Aufträge müssen generiert werden, um die fälligen Löhne erwirtschaften zu können. Das erfordert unausweichlich zusätzliche Büroarbeit, die Andreas Sedlmeir nicht gerade zu seinen Lieblingsbeschäftigungen zählt. Er ist lieber draußen auf den Baustellen und übt sein Handwerk aus. Das leidet ohnehin wie viele andere auch am Fachkräftemangel.

Für Letzteren gibt es aus Sicht des Freienrieders mehrere Gründe. Handwerksberufe seien bei vielen Eltern nicht besonders angesehen. Dazu komme die Industrie, die mit hohen Löhnen locke, die man als kleiner Handwerksbetrieb kaum erwirtschaften könne. Und: „Die Bereitschaft zum Buckeln ist nicht mehr so da”, weiß Sedlmeir. Stichwort: Work-Life-Balance. Auf der Baustelle muss es vorwärts gehen, da fallen schon mal Überstunden an, um Kundenwünsche erfüllen zu können. Das mag nicht jeder.

Momentan ist Andreas Sedlmeir wieder ein klassischer Ein-Mann-Betrieb. Sein Lehrling hat sich nach der dreijährigen Ausbildung und erfolgreich absolvierter Gesellenprüfung umorientiert, so dass sich die nicht einfache Frage, inwieweit eine Weiterbeschäftigung wirtschaftlich darstellbar gewesen wäre, erübrigte. Ein daraufhin engagierter Helfer hatte nur wenig Ausdauer, so dass Sedlmeir derzeit wieder auf der Suche nach Unterstützung ist. Auf 520-Euro-Basis im Idealfall und zeitlich möglichst flexibel. Aufträge gibt es durchaus, auch für nächstes Jahr ist die kleine Firma schon gut dabei. Weil der Chef nun halt alleine ist, musste der Urlaub für heuer allerdings fast gestrichen werden. Nur ein paar Tage ging es mit der Ehefrau und den beiden Kindern weg. Das Los eines Selbstständigen.

Erholung und Entspannung findet Andreas Sedlmeir bei der Musik. Lange Zeit stand der Ofenbauer bei der Rockband „Shout” an der Gitarre, darüber hinaus schreibt er für die Riedener Combo „RauHreif” zusammen mit den Spezln eigene Songs mit bayerischen Texten. Das Radio gehört allein deshalb fest zur Baustellen-Ausstattung. So kann der 48-Jährige Beruf, Berufung und Hobby miteinander verknüpfen – und vermutlich eingangs erwähnte Souveränität ausstrahlen. Die hat den Bauherrn Christian Lohner schon nach dem ersten Telefonat mit dem Ofenbaumeister begeistert: „Ich wusste sofort: Der baut meinen Ofen und sonst keiner!” Na ja, der AZ-Helfer hat zumindest ein paar Schamottsteine (bei)getragen und würde gerne wiederkommen, wenn die Küche fertig ist. Die baut Lohner selbst und komplett in Eigenregie. Vielleicht gibt es bis dahin ja auch schon eine Frau des Hauses, die am Ofen das Knistern des Holzes genießt.


Von Robert Edler

Redakteur

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