Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung

Staatsanwalt fordert lebenslange Haft nach mutmaßlichem Mordversuch auf der B17

Ein 49-jähriger Angeklagter (links) muss sich vor dem Landgericht wegen versuchten Mordes verantworten. Verteidigt wird er von den Rechtsanwälten (hinten, von links) Ralf Schönauer, Christian Ciurea und Jörg Seubert. (Foto: Patrick Bruckner)
Ein 49-jähriger Angeklagter (links) muss sich vor dem Landgericht wegen versuchten Mordes verantworten. Verteidigt wird er von den Rechtsanwälten (hinten, von links) Ralf Schönauer, Christian Ciurea und Jörg Seubert. (Foto: Patrick Bruckner)
Ein 49-jähriger Angeklagter (links) muss sich vor dem Landgericht wegen versuchten Mordes verantworten. Verteidigt wird er von den Rechtsanwälten (hinten, von links) Ralf Schönauer, Christian Ciurea und Jörg Seubert. (Foto: Patrick Bruckner)
Ein 49-jähriger Angeklagter (links) muss sich vor dem Landgericht wegen versuchten Mordes verantworten. Verteidigt wird er von den Rechtsanwälten (hinten, von links) Ralf Schönauer, Christian Ciurea und Jörg Seubert. (Foto: Patrick Bruckner)
Ein 49-jähriger Angeklagter (links) muss sich vor dem Landgericht wegen versuchten Mordes verantworten. Verteidigt wird er von den Rechtsanwälten (hinten, von links) Ralf Schönauer, Christian Ciurea und Jörg Seubert. (Foto: Patrick Bruckner)

Es sei absurd und ein Alptraum, sagt der Angeklagte in seinem letzten Wort. Der 49-Jährige muss sich derzeit wegen versuchten Mordes vor dem Augsburger Landgericht verantworten. Er soll versucht haben, seine Noch-Ehefrau zu töten, indem er mit ihr im Auto auf der B 17 gegen einen Baum fuhr. Absichtlich, sagt die Staatsanwaltschaft und fordert am Ende ihres Plädoyers am Donnerstag eine lebenslange Haftstrafe. Die Verteidigung sieht das freilich anders. Weil es aus ihrer Sicht begründete Zweifel an der Schuld des Angeklagten gebe, plädieren die Rechtsanwälte auf Freispruch.

Beweise gebe es nicht, sagt Staatsanwalt Thomas Junggeburth zu Beginn seines Plädoyers. Aber eine Kette von Indizien, die zusammen ein Bild ergäben, das für ihn keinerlei Zweifel am Sachverhalt lasse. Der 49-Jährige habe nach 13 Jahren Ehe erfahren, dass seine Frau sich von ihm trennen und mit einem anderen Mann zusammenziehen wolle. „Der Angeklagte war mit dem Ende der Beziehung nicht einverstanden. Er wollte seine Frau töten und nahm in Kauf, selbst dabei zu sterben.“ Er sei an jenem Oktobermorgen 2021 mit seiner Frau zum gemeinsamen Arbeitsplatz in Graben gefahren. Zwischen den Abfahrten Inningen und Königsbrunn-Nord auf der B 17 habe er das Auto bei einer Geschwindigkeit von 100 Stundenkilometern im genau richtigen Winkel von der Straße und gegen den Baum gelenkt.

Im Folgenden fasst Junggeburth die Aussagen der zahlreichen Zeugen und Gutachter zusammen, die im Lauf des Verfahrens ausgesagt hatten. Diese hätten belegt, dass der Angeklagte nicht gebremst oder gegengelenkt, sondern im Gegenteil noch beschleunigt hätte, dass die Straße weder glatt noch nass gewesen sei, dass jeglicher technische Defekt am Auto ausgeschlossen werden könne. „Jede äußere Ursache kann ausgeschlossen werden“, sagt Junggeburth, und: „Es war eine kerzengerade Spur, die genau auf den Baum zuführte.“ Weiterhin gebe es weder Anhaltspunkte, die auf Sekundenschlaf schließen ließen, noch auf medizinische Ursachen wie einen Herzinfarkt, Schlaganfall oder Krampfanfall. „Es ist keine andere Möglichkeit denkbar, als dass der Angeklagte den Unfall absichtlich herbeigeführt hat“, schließt der Staatsanwalt. Er fordert eine lebenslange Haftstrafe für den 49-Jährigen, wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung. Mordmerkmal sei Heimtücke, erläutert Junggeburth. Die 35-Jährige sei völlig arglos gewesen und habe sich sicher gefühlt im Auto ihres Manns, der ihr suggeriert habe, sich mit der Trennung abzufinden. Die Frau hat den Unfall überlebt, wurde jedoch schwer verletzt, sitzt bis heute im Rollstuhl und ist auf Schmerzmedikamente angewiesen.

Eine Tragödie sei dieser Fall, sagt Verteidiger Jörg Seubert. „Ein schwerer Unfall, bei dem zwei Menschen beinahe ums Leben gekommen wären.“ Dass der 49-Jährige diesen jedoch absichtlich herbeigeführt hat, glauben die drei Verteidiger nicht. Ihre Argumentation beruht im Wesentlichen darauf, dass laut Aussage einer Psychiaterin keine Absicht zur Selbsttötung bei dem 49-Jährigen erkennbar gewesen sei, und auch keine Absicht zum erweiterten Suizid. Und dass die Indizienkette aus ihrer Sicht nicht so lückenlos sei, wie die Staatsanwaltschaft behaupte. Rechtsanwalt Ralf Schönauer verweist auf Formulierungen der Gutachter wie „alles deutet eher darauf hin, dass der Mann keinen Krampfanfall erlitten hat“. Solche Formulierung zeigten die Unsicherheit der Gutachter. Doch man könne weder einen Krampfanfall noch Sekundenschlaf ausschließen. Es gebe „berechtigte Zweifel an der Schuld des Angeklagten“, erklärt auch Verteidiger Christian Ciurea. Alle Verteidiger fordern daher, den 49-Jährigen freizusprechen.

Der Angeklagte, der im Prozess ausgesagt hatte, sich an den Unfall nicht erinnern zu können, beteuert auch selbst in seinem Schlusswort noch einmal seine Unschuld. Die Verletzungen seiner Noch-Ehefrau täten ihm von Herzen leid. Doch es sei ihm „nicht eine Sekunde in den Sinn gekommen, ihr oder uns etwas anzutun“, sagt er.

Die Verkündung des Urteils vor dem Landgericht ist für Donnerstag geplant.


Von Kristin Deibl
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