Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung

Nahverkehrsplan für das AVV-Gebiet: Bloß kein „Weiter so”

Mit der Zukunft des öffentlichen Nahverkehrs im AVV-Gebiet haben sich am Mittwoch die Volksvertreter aus den Landkreisen Aichach-Friedberg, Augsburg und Dillingen sowie der Stadt Augsburg auseinandergesetzt. (Foto: Carina Lautenbacher)
Mit der Zukunft des öffentlichen Nahverkehrs im AVV-Gebiet haben sich am Mittwoch die Volksvertreter aus den Landkreisen Aichach-Friedberg, Augsburg und Dillingen sowie der Stadt Augsburg auseinandergesetzt. (Foto: Carina Lautenbacher)
Mit der Zukunft des öffentlichen Nahverkehrs im AVV-Gebiet haben sich am Mittwoch die Volksvertreter aus den Landkreisen Aichach-Friedberg, Augsburg und Dillingen sowie der Stadt Augsburg auseinandergesetzt. (Foto: Carina Lautenbacher)
Mit der Zukunft des öffentlichen Nahverkehrs im AVV-Gebiet haben sich am Mittwoch die Volksvertreter aus den Landkreisen Aichach-Friedberg, Augsburg und Dillingen sowie der Stadt Augsburg auseinandergesetzt. (Foto: Carina Lautenbacher)
Mit der Zukunft des öffentlichen Nahverkehrs im AVV-Gebiet haben sich am Mittwoch die Volksvertreter aus den Landkreisen Aichach-Friedberg, Augsburg und Dillingen sowie der Stadt Augsburg auseinandergesetzt. (Foto: Carina Lautenbacher)

Es soll ein Schritt hin zur Mobilitätswende sein: In einer gemeinsamen Sitzung am Mittwoch legten sich die Kreisausschüsse der Landkreise Aichach-Friedberg, Augsburg und Dillingen sowie der Wirtschaftsausschuss der Stadt Augsburg auf das weitere Vorgehen für den Nahverkehr in der Region fest. Schon im nächsten Jahr könnte ein neuer Nahverkehrsplan stehen.

Gemeinsam mit dem Vekehrsplanungsbüro NBSW hatten sich die Träger des Augsburger Verkehrs- und Tarifverbund (AVV) auf den Weg gemacht, um den Nahverkehr gründlich zu überholen. Zwei Arbeitspakete schnürten sie in gemeinsamen Arbeitsgruppen. Dabei ging es im ersten Paket um eine Bestandsaufnahme, in welchem Zustand sich der Nahverkehr in der Region befindet. Das zweite Paket definiert die Ziele, die sich die Träger des AVV selbst setzen wollen. Beiden Paketen erteilten die Vertreter der jeweiligen Kommunen einstimmig ihren Segen – sehr zur Erleichterung von NBSW-Mitarbeiter Stephan Kroll, der die Inhalte der Arbeitspakte vorstellte. Er gab auch zu Beginn der Sitzung die verbindende Losung aus: „Ein ,Weiter so' soll es nicht sein”, fasste er die Grundforderung zusammen.

Was er mit diesem „Weiter so” meinte, wurde in seinem Vortrag klarer. Man habe durch viele Einzelmaßnahmen – etwa dem Bau von Straßenbahnlinien – versucht, die Fahrgastzahlen zu erhöhen. Doch das etwas überraschende Fazit: Das sei nicht gelungen. Dabei soll die Fahrgastzahl nicht nur erhöht, sondern sogar verdoppelt werden, ist der geeinte Wunsch der AVV-Träger. Statt Einzelmaßnahmen soll nun ein konzentriertes und strategisches Vorgehen die Wende ermöglichen.

Wenig überraschend dagegen, aber dank des ersten Arbeitspakets mit Zahlen belastbar, sind die Unterschiede zwischen der Stadt Augsburg und den umgebenden Landkreisen. In Augsburg ist das ÖPNV-Angebot deutlich besser, entsprechend nutzen den öffentlichen Nahverkehr auch mehr Menschen. Im Vergleich der verschiedenen Verkehrsverhalten sind es auf dem Land mehr als 63 Prozent der Wege, die im Auto, entweder als Fahrer oder Mitfahrer, zurückgelegt werden. Der Anteil am ÖPNV liegt nur bei 8,3 Prozent. In Augsburg sind es dagegen 15,1 Prozent für den ÖPNV. Ohne Auto geht es auch dort nicht. Knapp 40 Prozent der Wege legen die Augsburger im Pkw zurück. Folgerichtig liegt das größere Potenzial für einen Umstieg von Auto auf Bus und Bahn im ländlichen Bereich.

Drei Leitziele haben sich daher die Landkreise und Augsburg gesetzt. „Bei Leitziel A geht es darum ,starke Potenziale' mit bündelungsfähigen und damit auf den ÖPNV verlagerungsfähigen Verkehren zu identifizieren und den ÖPNV dort gezielt auszubauen und attraktiver zu gestalten”, heißt es dazu im zweiten Arbeitspaket. Leitziel B sieht dagegen die Einrichtung oder Verbesserung des ÖPNV-Angebots in „nachfrageschwachen Bereichen” vor. Es gehe um die Beseitigung von Lücken und „weißen Flecken” im ÖPNV. Mit Leitziel C nimmt der AVV die Räume in den Blick, „deren niedriges Nachfragepotenzial den Ausbau beziehugnsweise Aufbau eines durchgängigen ÖPNV-Angebotes nicht rechtfertigen”, so die Beschlussvorlage.

„Die Wirtschaftlichkeit darf nicht der einzige Faktor sein”

Um einen besseren Überblick zu behalten, wird das AVV-Gebiet in Raumtypen unterschieden, in denen dann die unterschiedlichen Leitziele zum Tragen kommen – mit den jeweils entsprechenden Standards. Das Zentrum als „Agglomerationskern” ist freilich in erster Linie Augsburger selbst, dem die Beschlussvorlage ein „A++” mit einem 7,5-Minuten-Takt beziehungsweise „A+” mit einem 15-Minuten-Takt zuordnet. Auch der sogenannte Speckgürtel um Augsburg mit den Kernstädten Friedberg, Gersthofen, Königsbrunn, Neusäß und Stadtbergen fällt noch in „A+”. Auch hier soll es viertelstündlich Verbindungen geben – und insbesondere auch „starke Achsen im Tangentialverkehr”. Es solle eben nicht alles über den Königsplatz laufen, erklärte dazu Kroll. Je weiter weg vom verdichteten Stadtraum, desto seltener fährt der ÖPNV. In „A” soll es ein Halbstunden-Takt sein. Allenfalls entlang der Bahnstrecken bleibt es bei dem Anspruch nach einem Regioschienentakt. Mit starken Busachsen soll der Bereich „A-” stündlich, zu Hauptverkehrszeiten aber häufiger angebunden sein. Einen flächendeckenden Stundentakt bekommt auch der Bereich B spendiert, realisiert über Linienverkehr oder Bedarfsverkehr, etwa einen Rufbus oder ähnliches.

Und dann gibt es noch den Bereich C, wohlgemerkt sei dieser in allen Raumtypen zu finden, immer dort eben, wo sich keine ÖPNV-Verbindung sinnvoll einrichten lässt. Doch vermutlich werde diese Situation vor allem im ländlichen Raum anzutreffen sein, lässt sich der Beschlussvorlage entnehmen. Dort soll vor allem die „intermodale Verknüpfung” verbessert werden, zum Beispiel mit Park-and-Ride-Plätzen, die es erleichtern, zum nächstgelgenen Umsteigeplatz auf den ÖPNV zu gelangen.

In der anschließenden Diskussion konzenterierte sich ein Großteil der Wortmeldungen gerade darauf. Marion Brülls (Grüne) als Vertreterin des Landkreises Aichach-Friedberg wollte es nicht so einfach hinnehmen, dass es im AVV-Gebiet Orte ohne ÖPNV-Anbindung geben soll. „Die Wirtschaftlichkeit darf nicht der einzige Faktor sein”, gab sie zu bedenken und forderte eine Einzelfallprüfung.

Das mit der Wirtschaftlichkeit beurteilte Peter Tomaschko (CSU), der ebenfalls für Aichach-Friedberg an der Sitzung teilnahm, etwas anders. Die Maßnahmen müssten auch finanzierbar sein, mahnte er. Doch letztlich griffen die beiden aber dem dritten Arbeitspaket vor, das Vorgaben und Maßnahmen definieren soll, um die nun gesteckten Ziele zu erreichen. Geht es nach Stephan Kroll, dann könnte darüber bereits im kommenden Jahr abgestimmt werden – und vielleicht sogar schon über den endgültigen Nahverkehrsplan selbst, gab sich Kroll optimistisch. Die Stadtrats- und Kreistagsmitglieder gab ihr einstimmiges Votum für die vorgelegeten Pakete.


Markus Höck
Markus Höck

Redakteur Augsburg-Redaktion

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