Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 28.12.2022 15:53

Feuer frei!

v (Foto: Thomas Winter)
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Es ist ein immer noch gern diskutiertes Gesprächsthema, oft auch an Silvester, ob an der Redensart „Bier auf Wein, das lass‘ sein, Wein auf Bier, das rat‘ ich dir“ nun etwas Wahres dran ist oder nicht. Kleiner Tipp: Der Spruch ist nicht wörtlich zu verstehen, sondern bezieht sich auf den sozialen Aufstieg. Als gut gemeinter Rat gegen den Kater taugt er also wenig. Was hingegen sinnvoll ist: Auf reichlich genossenen Alkohol, egal ob Bier oder Wein, sollte man Böller und Raketen besser sein lassen. Warum das wichtig ist? Nach zwei Jahren ohne Bumm, Krach, Rauch und Zisch, darf heuer wieder nach Herzenslust geböllert und gefeiert werden.

Erstmals nach zwei Corona-Silvestern können die Menschen im Aichacher und Dachauer Land das neue Jahr ohne staatliche Einschränkungen begrüßen – zumindest, was die Pandemie angeht. Denn natürlich gibt es Restriktionen, die im Sprengstoffgesetz festgehalten sind. Dort ist der zivile Umgang und die Einfuhr von sogenannten explosionsgefährlichen Stoffen geregelt. Unter anderem ist es verboten, vor sozialen und medizinischen Einrichtungen zu Silvester zu böllern. Also etwa vor Krankenhäusern, Altenheimen oder auch Kirchen. Dazu kommen Sperrbereiche, die viele Städte und Kommunen ausweisen. Die Gründe hierfür sind vielfältig und reichen von Luftverschmutzung und Feinstaubbelastung über Lärm und Müll bis hin zu der Sorge, es könnte zu Bränden in der historischen Altstadt kommen.

In Aichach gilt bereits im 15 Jahr: auf dem Stadtplatz sowie im näheren Umfeld ist Feuerwerk tabu. Konkret heißt das: Weder dürfen in Aichachs Altstadt pyrotechnische Gegenstände abgeschossen noch mitgenommen werden. "Durch das Feuerwerksverbot konnten in den letzten Jahren Ausschreitungen verhindert werden", begründet Dennis Schäffler, stellvertretender Leiter des Ordnungsamtes, die Maßnahme. Die Überwachung des Feuerwerksverbots übernimmt die Polizei. "Verstöße werden mit einer Geldbuße bis zu 1000 Euro geahndet", erklärt Schäffler.

Außerhalb der Verbotszone wird heuer aber wieder voraussichtlich kräftig "geschossen", wie man in Bayern sagt. Ab heute sind dazu in den Supermärkten, Diskountern und Baumärkten der Region wieder Raketen und China-Böller en masse erhältlich – nicht nur das F1 genannte Jugendfeuerwerk, das es im letzten Jahr zu kaufen gab, also Knallerbsen und Tischfeuerwerk. Und glaubt man Martin Mayer aus Schnellmannskreuth, Gemeinde Pöttmes, ist die Nachfrage nach Pyrotechnik – trotz Corona und Ukraine-Krieg – ungebrochen.

Martin Mayer muss es wissen. Zusammen mit seinem Kollegen Matthias Kroh betreibt er seit 2015 nebenberuflich einen Fachhandel für Feuerwerksartikel. Über seinen Online-Shop kann man Raketen, Fontänen, Knallkörper und Batterien, sogenannte Cakeboxen, bestellen. "Heuer läuft das Geschäft wirklich gut", freut sich der Schnellmannskreuther. Seit Anfang November werde Feuerwerk in verschiedenen Formen bei ihm nachgefragt, "vor allem Batterien". Während des Jahres verkaufe er zwar auch vereinzelt Feuerwerk etwa an Hotels, die ihren Gästen etwas besonderes bieten wollen. "Aber vor Silvester machen wir natürlich unseren Hauptumsatz", sagt der 43-Jährige.

Vorstöße von Umwelt- und anderen Verbänden, die Böllern an Silvester ganz verbieten wollen, kann er nicht verstehen. "Da gibt es natürlich auch viele Gegenargumente, aber schließlich ist es ja nur einmal im Jahr und hat für viele Menschen etwas mit Tradition zu tun."

Anderer Ansicht ist da der Friedberger Edeka-Markt Wollny. Geschäftsleiter Michael Wollny ließ seine Kunden kürzlich über Facebook wissen, dass er auch in diesem Jahr keine Feuerwerksartikel anbieten wird. Es liege ihm fern, jemandem vorzuschreiben, ob er Geld für privates Feuerwerk ausgeben möchte. "Wir aber wollen mit diesen aus unserer Sicht nicht mehr zeitgemäßen Produkten kein Geld mehr verdienen" schreibt der Friedberger und schlägt vor, statt Geld für Batterien und Böller auszugeben, an Bedürftige zu spenden. Er werde dazu an der Servicekasse seines Marktes eine Spendenbox aufstellen. Ganz allein ist der Friedberger mit seiner Meinung nicht.

Vor allem Umweltverbände kritisieren privates Feuerwerk an Silvester scharf. Der bayerische Landesbund für Vogelschutz (LBV) schlägt ein Verbot von privaten Silvesterfeuerwerken vor. Stattdessen sollen Städte und Gemeinden zentrale Feuerwerke organisieren. Auch der Chef der Bundesärztekammer Klaus Reinhardt forderte ein dauerhaftes Böllerverbot an Silvester.

So weit möchte Dr. Hubert Mayer nicht gehen. Der Geschäftsführer der Kliniken an der Paar (Klipa), der auch als Notarzt im Einsatz ist, appelliert an die Pyrotechnik-Begeisterten, Böller und Raketen mit Verstand abzubrennen. Eine besonders unglückliche Mischung, findet Mayer, seien Alkohol, Übermut und Böller. Personell aufstocken werden die Krankenhäuser in Aichach und Friedberg nicht, "dafür hätten wir gar nicht die Kapazitäten", sagt der Klipa-Geschäftsführer, die Dienste seien ohnehin schon geschunden genug. Zudem: Bei schweren Böller-Verletzungen etwa an der Hand, brauche es hochspezialisierte Handchirurgen. Auch schwere Verbrennungen, etwa im Gesicht, könne man in den Kliniken an der Paar nur erstversorgen.

Die größte Gefahr geht aber wohl nach wie vor von illegalen Böllern aus: Sie haben mehr Sprengkraft als die Markenprodukte im regulären Handel. Gestern meldete die Polizei einen entsprechenden Vorfall in Lechhausen. Gegen 0.45 Uhr war auf dem Parkplatz eines Getränkemarktes in der Stätzlinger Straße ein lauter Knall zu hören. Eine oder mehrere unbekannte Person(en), so die Polizei, hätten illegale Feuerwerkskörper an einem Lichtmast gezündet. Durch die Wucht der Detonation wurden die Fassade des Getränkemarktes sowie der Lichtmast selbst beschädigt. Den entstandenen Sachschaden schätzt die Polizei auf 1000 Euro.

Feuerwerksverbot in Aichach: Das Feuerwerksverbot gilt auf dem Stadtplatz mit Umfeld (Oberes Tor bis Einmündung Martinstraße, Schneidergasse, Steub-, Koppold- und Hubmannstraße, Bauerntanzund Essiggasse, Unteres Tor bis Martinstraße, Tandlmarkt und Badgäßchen) am 31. Dezember sowie am 1. Januar.

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