Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 29.12.2022 14:54

Die Glücksbringerin mit den blonden Haaren

Alicia Süss  (Foto: Erich Hoffmann)
Alicia Süss (Foto: Erich Hoffmann)
Alicia Süss (Foto: Erich Hoffmann)
Alicia Süss (Foto: Erich Hoffmann)
Alicia Süss (Foto: Erich Hoffmann)

Mit ihren langen blonden Harren und dem gewinnenden Lächeln, könnte Alicia Süss wohl auch ohne Probleme einen Christkindlesmarkt eröffnen. Ein weißes Engerlgewand würde in ihrem Beruf aber wohl nicht lange weiß bleiben, denn die 24-Jährige Kaminkehrer-Gesellin . Im schweren, rußgeschwärztem Anzug, einem schmucken Zylinder auf dem Kopf und den unverkennbaren Fegebesen in der Hand stiefelt sie im Alltag durch Affing und drumherum. Im vierten Gesellenjahr ist sie bereits und als Frau in ihrer Zunft eher eine Seltenheit. Als weibliche Glücksbringerin ist sie aber vielleicht noch mehr gefragt als ihre männlichen Kollegen.

"Die Leute freuen sich sehr, sind richtig begeistert, wenn sie mich sehen", erzählt die junge Frau. Jeden Tag, berichtet Alicia Süss, erlebe sie viele schöne Geschichten. "Ich liebe meinen Beruf, die Leute öffnen freudig die Tür und versorgen mich mit allerlei Neuigkeiten". Was ihre Arbeit besonders macht: Kinder und Erwachsene winken ihr auf der Straße zu und fragen nicht selten: "Darf ich sie mal anfassen?" Denn ein wenig Ruß von der Jacke des Schornsteinfegers abzuwischen, gelte vielen immer noch als glücksbringend.

Der Glaube daran, dass Schornsteinfeger Glück bringen, stammt noch aus dem Mittelalter, erzählt Alicia Süss der Heimatzeitung. Damals seien Schornsteine noch oft in Brand geraten und halbe Dörfer und Städte fielen dem Feuer zum Opfer. Schornsteinfeger konnten solche Brände verhindern. Indem sie den Kamin reinigten, sorgten sie dafür, dass den Hausbewohnern keine Rußbrände, Gasvergiftungen oder Hausbrände drohten. Deshalb sahen die Menschen in ihnen Glücksbringer.

Eigentlich wollte Alicia Süss Arzthelferin bei einem Kinderarzt oder Kinderkrankenschwester werden. Weil sie mit ihrer Bewerbung aber zu spät dran war, sagt die 24-Jährige, kam das gewünschte Berufsausbildung ins Wanken. Fast zeitgleich kam der Kaminkehrer-Meister Martin Herz aus Affing zu den Eltern ins Haus und begeisterte die junge Frau für seinen Beruf. Und ruckzuck war der Ausbildungsvertrag unterschrieben, resümiert Alicia Süss – und sie blieb auch dabei.

"Auch als Mädchen wurde ich in dem Männerberuf nicht geschont", sagt die 24-Jährige. Ihr Beruf mache einfach riesigen Spaß und jeden Tag Rußklamotten gehörten längst der Vergangenheit an. In der Stadt gebe es viele Gas- und Ölheizungen, auf den Dörfern dagegen noch viele Feuerstellen, die mit Holz geheizt werden, da falle mehr Ruß an.

2023 ist Alicia Süss in einem neuen Kehrbezirk anzutreffen. In Affing, Haunswies, Griesbeckerzell, Zahling, Aulzhausen und weiteren Gemeinden hat die junge Affingerin viele Häuser und Anwesen zu betreuen. Von Haus zu Haus Kamine kehren, Heizungen reinigen, Abgaswerte überprüfen, Dunst- und Fettabzüge wegen Brandgefahr säubern sind nur einige, der gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben. Brandschutz, Sicherheit, Energieberatung und Umweltschutz stellen in Zeiten der Energiewende hohe Anforderungen an die Schornsteinfeger, sagt Süss. Erfahrungen hat sie in den Lehr- und Gesellenjahren viele gesammelt.

Und welche Voraussetzungen muss man als Schornsteinfegerin mitbringen? "Man muss Schwindelfrei sein, kommunikativ, mit verschiedenen Menschen gut umgehen können und Verständnis für Technik haben", erklärt die junge Frau. Sie überlegt sich, zusätzlich eine Meisterausbildung abzulegen. Und wer weiß? Mit ein bisschen Glück kann sie als Schornsteinfeger-Meisterin dann als Vorbild für so manches Mädchen im Männerberuf werben. Auch Affings Pfarrer Max Bauer freute sich über den Besuch der Glücksbringerin. Foto: Erich Hoffmann

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