Rund 50 Menschen standen an Silvester am Königsplatz zusammen, als plötzlich eine Rakete in die Menge geschossen wurde. Nun stand wegen ebendieses Vorfalls ein 29-Jähriger vor dem Amtsgericht. Weil durch die Rakete niemand verletzt wurde, musste er sich wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung verantworten.
Der 29-Jährige erzählt dem Gericht seine ganz eigene Version der Geschichte: Mit einem Freund sei er vom Stadttheater kommend in Richtung Rathausplatz unterwegs gewesen. Am Königsplatz habe er beobachtet, wie ein Kind eine Rakete anzündete, auf dem Boden abstellte und wegrannte. Als der Feuerwerkskörper kurz darauf umgefallen sei, sei er hingelaufen, in die Knie gegangen und habe ihn wieder aufgestellt. Mehr habe er nicht getan.
Zwei Polizisten hingegen berichten dem Gericht, sie hätten eine Gruppe von etwa zehn Menschen beobachtet, die mit Böllern hantiert hätte. Ein Mann aus dieser Gruppe sei in die Knie gegangen, kurz darauf sei die Rakete in die Menschenmenge geflogen. Auf die Frage des Verteidigers, ob sie sich sicher sei, dass es sich bei diesem Mann um den Angeklagten gehandelt habe, sagt die Polizistin, eine Verwechslung sei „ausgeschlossen. Wir haben ihn ab dem Moment, in dem er in die Knie ging, bis zur Kontrolle durch unsere Kollegen durchgehend im Auge behalten.” Nach der Aussage der Polizeibeamten verzichtet die Verteidigung auf weitere Zeugen.
Die Staatsanwaltschaft sieht die Schuld des 29-Jährigen als erwiesen an und fordert eine Verurteilung zu einem Jahr Haft, ausgesetzt zur Bewährung. Man solle „nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen”, sagt hingegen der Verteidiger. Der Mann sei durch die Aussagen der Polizisten überführt, räumt er ein. Eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen á 10 Euro sei jedoch ausreichend. Zumal sein Mandant gar nicht mehr bezahlen könne.
Der 29-Jährige lebt als anerkannter Asylbewerber mit seiner Frau und zwei Kindern in Augsburg. Er hat eine Arbeitserlaubnis, lebt aber derzeit von Hartz IV. Straffällig geworden ist er bislang nicht. Als das Gericht nach seinem letzten Wort zu dem Fall fragt, sagt er über seinen Dolmetscher, er sei „sprachlos. Ich werde belastet, obwohl ich nichts getan habe.”
Das sieht das Gericht offenbar anders. Richterin Susanne Scheiwiller verurteilt den 29-Jährigen zu einer Haftstrafe von neun Monaten. Seine Geschichte sei wohl „im Bereich der Märchen anzusiedeln”, so die Begründung. An der Glaubwürdigkeit der Polizisten hingegen bestehe kein Zweifel. Auch wenn es beim Versuch der Körperverletzung geblieben sei, sei es doch dem Zufall geschuldet, dass niemand verletzt wurde. „Aber es hätte sonst was passieren können.”
Das Urteil könne zur Bewährung ausgesetzt werden. Der Angeklagte habe vor Gericht keinen schlechten Eindruck gemacht. „Ich gehe davon aus, dass dieses Urteil reicht, damit Sie nicht wieder straffällig werden”, wendet sich Scheiwiller abschließend an den 29-Jährigen.