Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung

„Das Werk ist getan”: Horst Seehofer ist nun Augsburger Ehrenbürger

Horst Seehofer ist nun offiziell Ehrenbürger der Stadt Augsburg. Die Auszeichnung gibt es bereits seit 200 Jahren, 39 Mal hat die Fuggerstadt in dieser Zeit Menschen damit ausgezeichnet, die sich auf besondere Weise um die Stadt verdient gemacht haben. Der Bundesinnenminister und ehemalige bayerische Ministerpräsident hat das nach Ansicht des Stadtrates durch seinen Einsatz für die Augsburger Uniklinik getan. Die Entscheidung war allerdings nicht ganz unumstritten.

„Danke, Horst, für die Uniklinik“, verkündet ein Schild, das zwei Männer am Freitagvormittag vor dem Augsburger Rathaus hochhalten. „Wir sagen: ,Nein Danke, Horst’“, antwortet eine Sprecherin von „Bujaa“ auf der anderen Straßenseite. Das „Bündnis junger Antirassist*innen Auxburg“ hat zu einer Demonstration gegen die Auszeichnung für den neuen Ehrenbürger aufgerufen. „Seehofer hat viel Unsinn gemacht und gesagt. Vor allem aber hat er den Diskurs so sehr nach Rechts verschoben, dass er damit der AfD den Weg geebnet hat“, sagt die Frau. Die rund 20 Menschen, die dem Ruf von „Bujaa“ gefolgt sind, klatschen.
Applaus gibt es wenig später auch im Rathaus, als Oberbürgermeister Kurt Gribl feierlich die Veranstaltung eröffnet und die lange Geschichte bis zur Realisierung der Uniklinik noch einmal zusammenfasst. Denn, so Gribl, dass Horst Seehofer sich dafür stark gemacht habe, sei eine Hommage an Augsburg, die „herausragende Bedeutung für das Selbstwertgefühl der Augsburger“ habe. Bereits 1958 hatte der Stadtrat die Errichtung einer zentralen Krankenhausanlage beschlossen. 1969 folgte die Gründung eines Krankenhauszweckverbandes durch die Stadt und den Landkreis Augsburg. Dann seien 40 Jahre Kampf lokaler Politiker um die Installation der Medizin an der Uni gefolgt. Es sei eine lange Zeit der Anstrengung für viele Engagierte gewesen. „Die verwehrte Uniklinik war lange wie ein schleichendes Gift in der Wahrnehmung der Augsburger“, sagt Gribl. Sie hätten sich vom Freistaat ignoriert gefühlt und „jede vorenthaltene Entwicklung im Licht der gestörten Grundstimmung interpretiert.“

Am 16. Februar 2009 schließlich versprach Seehofer im Goldenen Buch der Stadt Augsburg: „Die Uni-Klinik kommt!!!“ Zehn Jahre später wolle die Stadt nun mit der Verleihung der Ehrenbürgerwürde „Dank und Wertschätzung“ für Seehofer zum Ausdruck bringen, erklärt Gribl, weil er sein Versprechen wahr gemacht habe. Zum 1. Januar 2019 ging das Klinikum von der Stadt und dem Landkreis Augsburg in die Trägerschaft des Freistaates über. Die Entscheidung für die Uniklinik sei „eine Renaissance der Beziehung zwischen Augsburg und dem Freistaat“ und ein „Durchbruch für eine künftig vertrauensvolle Zusammenarbeit“. Er wolle niemandem einen Vorwurf machen, doch jeder bayerische Ministerpräsident hätte in den vergangenen Jahrzehnten das Versprechen zum Universitätsklinikum einlösen können. „Das war aber jedem zu groß. Andere haben resigniert aufgegeben.“ Weil Seehofer das nicht getan habe, habe der Stadtrat beschlossen, ihm die Ehrenbürgerwürde zu verleihen. Die Entscheidung hatte das Gremium im Dezember in nicht-öffentlicher Sitzung gefällt. Sie war kontrovers diskutiert worden und schließlich mit 20 Gegenstimmen gefallen.
Neben dem Oberbürgermeister verliert auch Hans-Jochen Heinze vom Universitätsklinikum Magdeburg lobende Worte. Der Mediziner war Vorsitzender der Arbeitsgruppe, die das Konzept für den Aufbau der Universitätsmedizin in Augsburg erarbeitet hatte. Der Wissenschaftsrat habe dieses Konzept streng geprüft, am Ende seien die Mitglieder beeindruckt gewesen. Die Zustimmung des Gremiums war Voraussetzung, damit die Mittel für das Uniklinikum schließlich bewilligt wurden. „Die Uniklinik hat die erste Etappe geschafft: Am 15. Oktober werden die ersten 84 jungen Menschen mit dem Studium der Humanmedizin beginnen“, berichtet Heinze. Nun müsse die Uniklinik dafür Sorge tragen, dass die Studenten hervorragend ausgebildet werden und auch nach dem Studium bleiben wollen. Denn eine Metropolregion brauche eine hervorragende medizinische Versorgung.

Andreas Kopton, Präsident der IHK Schwaben, schließlich beleuchtet das Thema Uniklinik als dritter Laudator aus dem Blickwinkel der regionalen Wirtschaft. Mit den beiden Schwerpunkten Medizininformatik und Umweltmedizin treffe das Uniklinikum in Augsburg auf die besten Voraussetzungen: Im Innovationspark, der erst vor Kurzem sein zehnjähriges Bestehen feierte, habe man etwa vermehrt auf IT gesetzt. Und auch Umweltkompetenz sei in der Region „ganz stark“. Vor 20 Jahren habe man den Grundstein für das Kompetenzzentrum Umwelt gelegt. „Mit der Umweltmedizin kommt nun der Schlussstein“, sagt Kopton. Die Studenten hätten hier also auch nach ihrer Ausbildung viele Möglichkeiten. Der im Umbau befindliche Bahnhof, der künftig durch die Linie 5 direkt mit der Uniklinik verbunden sein soll, mache Augsburg ebenfalls attraktiv. Ebenso wie nicht zuletzt das Staatstheater. „Wer soll denn hier noch wegziehen wollen?“, fragt Kopton. Im Gegenteil rechnet der IHK-Präsident mit rund 6500 neuen Arbeitsplätzen durch die Uniklinik. Er danke Seehofer, dass er Wort gehalten habe. „Das ist unter Politikern nicht selbstverständlich“, schließt Kopton.
Seehofer selbst zeigt sich von den Lobreden „berührt wie selten zuvor in meiner rund 50-jährigen politischen Laufbahn“. Als Ehrenbürger trägt sich der Bundesinnenminister erneut ins Goldene Buch der Stadt ein. Rund zehn Jahre nach seinem Bekenntnis zur Uniklinik gibt er auch diesmal ein Versprechen: „Das Werk ist getan!!! Weitere Werke werden vom Ehrenbürger unterstützt!!!!“. Er wolle die Ehrenbürgerwürde nicht passiv genießen, sondern Augsburg bei vergleichbaren Projekten wie dem Ausbau der Bahnstrecke Richtung Ulm aktiv unterstützen. Schließlich verrät Seehofer noch einen persönlichen Grund, aus dem er sich für die Uniklinik eingesetzt habe. „Wenn ich in der Staatskanzlei in München Gäste hatte, habe ich ihnen stets Dinge unserer Vorväter gezeigt. Mir kam der Gedanke, selbst auch etwas Bleibendes schaffen zu wollen. Die Uniklinik ist etwas Bleibendes für die Zukunft.“


Von Kristin Deibl
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