Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung

Augsburger Forscher entwickeln Test zur Prognose bei Magenkrebs

Bei SARIFA-negativen Tumoren (links) werden die Krebszellen (blau) durch Bindegewebszellen (lila) abgekapselt. Bei SARIFA-positiven Tumoren (rechts) unterbleibt das - sie kommen in direkten Kontakt zu Fettzellen (gelb). (Foto: Universität Augsburg)
Bei SARIFA-negativen Tumoren (links) werden die Krebszellen (blau) durch Bindegewebszellen (lila) abgekapselt. Bei SARIFA-positiven Tumoren (rechts) unterbleibt das - sie kommen in direkten Kontakt zu Fettzellen (gelb). (Foto: Universität Augsburg)
Bei SARIFA-negativen Tumoren (links) werden die Krebszellen (blau) durch Bindegewebszellen (lila) abgekapselt. Bei SARIFA-positiven Tumoren (rechts) unterbleibt das - sie kommen in direkten Kontakt zu Fettzellen (gelb). (Foto: Universität Augsburg)
Bei SARIFA-negativen Tumoren (links) werden die Krebszellen (blau) durch Bindegewebszellen (lila) abgekapselt. Bei SARIFA-positiven Tumoren (rechts) unterbleibt das - sie kommen in direkten Kontakt zu Fettzellen (gelb). (Foto: Universität Augsburg)
Bei SARIFA-negativen Tumoren (links) werden die Krebszellen (blau) durch Bindegewebszellen (lila) abgekapselt. Bei SARIFA-positiven Tumoren (rechts) unterbleibt das - sie kommen in direkten Kontakt zu Fettzellen (gelb). (Foto: Universität Augsburg)

Weltweit arbeiten tausende Forscher an der Bekämpfung und Behandlung von Krebs. Mit einer besonders tückischen Art, dem Magen- und Dickdarmkrebs, befassen sich die Mediziner der Augsburger Universität derzeit. Nun konnten sie einen Erfolg vermelden. Ein an der Universitätsmedizin Augsburg entwickeltes Verfahren soll es nun ermöglichen, die Aggressivität bestimmter Tumore mit großer Sicherheit einzuschätzen. Mit der einfachen und äußerst kostengünstigen Methode lasse sich etwa eine Verlaufsprognose für Magen- oder Dickdarmkrebs abgeben. Gerade bei Tumoren im Magen sei die Beurteilung bisher schwierig gewesen. Das neue Testverfahren soll damit die behandelnden Ärzte unterstützen, eine optimale Behandlungsstrategie zu wählen. Darüber hinaus könnten die neu gewonnenen Erkenntnisse neue Ansätze für zur Krebsbehandlung liefern.

Auf die Wirkungsweise des Tests kamen die Forscher bei der Analyse von Gewebeproben. Dabei fiel auf, dass die Krebszellen nicht immer vom Körper in einer Hülle aus Bindegewebe eingeschlossen werden. Wie die Forscher in einer Mitteilung erläutern, setze sich der Körper gegen Tumore mit mehreren Mitteln zur Wehr. Eines dieser Mittel ist das Umschließen der Krebszellen mit Bindegewebe. Der Körper versucht damit, die Tumore einzukapseln, um die weitere Ausbreitung der Krebszellen im Körper zu verhindern. „Bei der Analyse von Gewebeproben ist uns aber aufgefallen, dass das nicht immer gelingt“, erklärt Bruno Märkl, Professor für Allgemeine und Spezielle Pathologie an der Universität Augsburg und Direktor des Instituts für Pathologie und Molekulare Diagnostik am Universitätsklinikum. Das habe dann zur Folge, dass manche Tumorzellen quasi ungehindert in des umliegende Gewebe wandern.

Besonders kritisch sei das, wenn sie dabei auf Fettzellen treffen. Solche Tumor-Fett-Kontaktzonen bezeichnen die Augsburger Wissenschaftler als SARIFA. Das steht für „Stroma Areactive Invasion Front Areas“ und bedeutet übersetzt etwa „Invasionsgebiete, in denen es keine Gegenreaktion des Gewebes gibt“. „Die Existenz von SARIFA geht unseren Untersuchungen zufolge mit einer erheblich verschlechterten Prognose für die Erkrankten einher. So überlebten Patientinnen und Patienten mit SARIFA-positiven Magentumoren im Schnitt etwa anderthalb Jahre - nicht einmal halb so lange wie SARIFA-negative Vergleichspersonen”, betont Märkl. Zum Thema SARIFA forscht das Team um Bruno Märkl dauerhaft und intensiv. So seien derzeit sechs Veröffentlichungen zu dem Schwerpunkt bei den Fachjournalen im Review-Prozess und könnten in den nächsten Monaten erscheinen.

Krebszellen nutzen Fett als Zapfsäule

Der Vorteil an der nun vorliegenden Test-Methode sei, dass er zuverlässig sei und keine Mehrkosten verursache. Die Wissenschaftler griffen für ihre Studien auf jahre- oder jahrzehntealte Proben zurück, die erkrankten Patienten meist bei der Diagnose oder der Operationsplanung entnommen wurden. „In allen Fällen wussten wir auch, welchen Verlauf die Erkrankung in den Jahren danach genommen hatte“, sagt Märkl. In Zukunft könnte die Existenz von SARIFA in Gewebeschnitten als Marker dienen. Das bedeutet, dass in diesen Fällen von einem aggressiveren Tumor und einem schlechteren Verlauf zu rechnen ist. Geschulte Pathologen benötigen laut Märkl für die Beurteilung nur wenige Sekunden und Fehldiagnosen seien zudem äußerst selten. „Da bei der Abklärung eines möglichen Tumors ohnehin Proben entnommen werden müssen, fallen außerdem keine zusätzlichen Kosten an“, führt Märkl an.

Doch neben den Vorteilen, die der Test für die Prognose des Krankheitsverlaufs bietet, haben die Erkenntnisse zu den SARIFA-positiven Tumoren auch Ansätze zur weiteren Forschung geliefert, die mittelfristig zu neuen Behandlungsmethoden führen könnten. Die Forscher stellten sich nämlich die Frage, weshalb die Tumorzellen mit direktem Kontakt zu Fettzellen so viel bösartiger sind. Vermutlich, so die Mediziner in ihrer Mitteilung, liege dies nicht nur an der gescheiterten „Einkapselungs-Strategie“ des Körpers. Zwar können sich die Krebszellen dadurch besser ausbreiten. Weiter gehen die Mediziner davon aus, dass die Krebszellen ihren Agressivitäts-Schub wohl auch maßgeblich dem direkten Kontakt zum Fettgewebe verdanken. Es sei wahrscheinlich, dass das Körperfett den Tumoren als eine Art Tankstelle dienen würde. Demnach würden die Fettzellen gewissermaßen von den Krebszellen angezapft. Diese versorgen sich augenscheinlich mit großen Mengen energiereicher Fettsäuren. „Dadurch schaffen sie es, sich besser zu vermehren”, resümieren die Wissenschaftler. Aus dieser Schlussfolgerung könnte sich eine erfolgversprechende therapeutische Strategie entwickeln. Demnach würde ein zukünftiger Therapieansatz darin bestehen, den „Tankvorgang” zu unterbinden. Es gäbe bereits Wirkstoffe, die gegen bestimmte Proteine wirken, mit denen Krebszellen Fettsäuren aufnehmen. Dazu zähle beispielsweise das Diabetes-Medikament Metformin. „Vielleicht lassen sich die Behandlungsaussichten SARIFA-positiver Tumore mit solchen oder ähnlichen Präparaten - in Kombination mit einer konventionellen Chemotherapie - verbessern“, hofft Märkl.

Zusätzlich wollen die Augsburger Forscher aber auch der Frage nachgehen, warum es dem Immunsystem mancher Menschen so schlecht gelingt, Krebsgeschwulste an der Ausbreitung zu hindern. Auch hier habe man bereits erste Einblicke gewinnen können. Laut dem Forscher-Team scheinen Menschen mit SARIFA-positiven Tumoren vermehrt einen bestimmten Typ von Makrophagen, sogenannten Fresszellen, zu bilden. Diese seien jedoch nicht in der Lage, Krebszellen effektiv zu beseitigen. Außerdem seien bei ihnen auch andere Immunmechanismen deutlich schwächer ausgeprägt.


Von Maximilian Tauch
north