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Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung

„Wir wollen unseren See behalten”: Warum an einer Badestelle mitten im Gersthofer Wohngebiet künftig Badeverbot herrschen soll

Der See am Ballonstartplatz ist für die Anwohner ein beliebter Treffpunkt.  (Foto: Simone Motus)
Der See am Ballonstartplatz ist für die Anwohner ein beliebter Treffpunkt. (Foto: Simone Motus)
Der See am Ballonstartplatz ist für die Anwohner ein beliebter Treffpunkt. (Foto: Simone Motus)
Der See am Ballonstartplatz ist für die Anwohner ein beliebter Treffpunkt. (Foto: Simone Motus)
Der See am Ballonstartplatz ist für die Anwohner ein beliebter Treffpunkt. (Foto: Simone Motus)

Kinder planschen am Gewässerrand oder üben, was sie im Schwimmkurs gelernt haben, Teenies paddeln auf Luftmatratzen auf dem Wasser, Eltern treffen sich am Ufer zum gemütlichen Ratsch, Senioren ziehen ihre Bahnen. So beschreibt Anwohnerin Simone Motus einen Sommernachmittag an der Badestelle, die mitten im Gersthofer Wohngebiet Am Ballonstartplatz liegt. Damit soll jedoch bald Schluss sein. Denn der Bauausschuss hat beschlossen, dass der idyllische See in eine Retentionsfläche für Regenwasser umgewandelt werden soll. Damit wäre Baden künftig verboten.

Simone Motus und weitere Anwohner, die gegen die Umwandlung der Badestelle vorgehen wollen, haben nun Fakten rund um den See zusammengetragen, der schon seit 2008 immer wieder auch den Gersthofer Stadtrat beschäftigt. So etwa 2010, als es wiederholt zu Beschwerden wegen vor allem nächtlicher Ruhestörung kam. Es wurde überlegt, das Baden zu verbieten. Dazu befragte die Stadt die Haushalte rund um den See, die sich trotz allem überwiegend für einen Erhalt des Badebetriebs aussprachen. So blieb es über Jahre, bis die Stadt zuletzt im Jahr 2021 eine Nutzungsordnung erließ. Seither verkündet ein Schild am Ufer klare Ruhezeiten im und um den See. Seitdem, so berichtet Motus, gebe es keine nennenswerten Probleme mehr damit.

Die Stadt beschäftigen indes jedoch auch andere Probleme mit dem See. Im August des vergangenen Jahres ergab eine Routineuntersuchung, dass die Grenzwerte für schädliche Bakterien überschritten waren, woraufhin ein Badeverbot ausgesprochen wurde. Zudem fand man bei der Untersuchung einen hohen Wert an gebundenem Chlor. Denn seit Herbst 2019 muss das Gersthofer Wasser wegen eines Keimbefalls gechlort werden. Durch die Chemikalie wurden jedoch wasserklärende Bakterien im See abgetötet. Das Gesundheitsamt fordert, dass nur noch chlorfreies Wasser in den See geleitet wird, um zu verhindern, dass sich resistente Keime bilden. Aus diesem Grund wurde bereits ein Aktivkohlefilter am Zulauf zum See verbaut.

Um entscheiden zu können, wie es mit dem See weitergehen soll, beauftragte die Stadt ein Planungsbüro, das untersuchen sollte, was nötig wäre, um einen dauerhaften Badebetrieb möglich zu machen. Wie Claus Schmitt, der zuständige Mitarbeiter des Planungsbüros, dem Bauausschuss erklärte, müssten neue Pumpen, Filter und Leitungen verlegt werden, um maximal 827 Badegäste pro Tag bewältigen zu können. Hinzu komme, dass das Becken alle fünf bis acht Jahre komplett entleert, entschlammt und neu befüllt werden müsse. Die Kosten für den Umbau belaufen sich Schmitt zufolge auf rund 650.000 Euro, plus weitere 30.000 Euro jährlich für die Pflege des Gewässers.

Aufgrund der Kosten und weil so viel Badebtrieb in einem Wohngebiet nicht seinen Vorstellungen entspreche, lehnte Bürgermeister Michael Wörle den Umbau ab. Stattdessen sprach er sich für einen Rückbau des Areals zu einer Retentionsfläche aus, die im Falle von starkem Regen das Wasser aufnehmen könne. Dem schloss sich der Bauausschuss mehrheitlich an.

„Eine Umwandlung der Wasserfläche am Ballonstartplatz in eine Retentionsfläche hätte große Vorteile für das Stadtklima, die Aufenthaltsqualität, die Hitzevorsorge und den Klimaschutz der Stadt Gersthofen”, heißt es von der Stadt. Aktuell erarbeite die Verwaltung mehrere Varianten, wie die Fläche künftig aussehen könnte. Diese sollen im Anschluss den Bürgern zur Diskussion vorgestellt werden.

Anwohnerin Simone Motus stört sich schon grundsätzlich an den Optionen, die in der Ausschusssitzung zur Abstimmung standen. Die Anwohner wollten weder einen Badesee mit viel Betrieb und hohen Kosten, noch eine Retentionsfläche mit Badeverbot. „Wir Anwohner möchten unseren See gerne einfach weiter so behalten, wie er ist”, sagt sie. Der See sei von Beginn an ausdrücklich so gewünscht gewesen und ab 2009 sei damit auch in jeder Immobilienanzeige geworben worden, „was die Preise für die Objekte, auch für die gebrauchten Objekte und Wohnungen in die Höhe trieb und über denen vom restlichen Gersthofen liegen ließ.” Nun da alle Grundstücke verkauft seien, sei der See, in den in den letzten Jahren nicht wirklich investiert worden sei, plötzlich ein Problemsee und solle weg, beklagt Motus. Zudem stößt ihr auf, dass die Bürger in die Entscheidung nicht miteinbezogen wurden. „Wir haben aus der Zeitung davon erfahren”, sagt sie. Die 45-Jährige lebt bereits seit 2007 im Wohngebiet Am Ballonplatz. Ihr zufolge sei der See „das Herzstück des Wohngebietes” und ein „Treffpunkt für alle Generationen” und leiste mit seinem Ökosystem bereits jetzt einen wertvollen Beitrag zum Stadtklima.

Die Anwohner haben nun gemeinsam Unterschriften gesammelt und Argumente für den Erhalt der Badestelle formuliert. Von der Stadt fordern sie, die Entscheidung zum Rückbau des Sees zurückzunehmen, Lösungen für eine kostenoptimierte Erhaltung des Sees auszuarbeiten und vor einer erneuten Abstimmung die Bürger miteinzubeziehen. Zwischenzeitlich sei man mit einigen Stadträten ins Gespräch gekommen, erzählt Motus. „Diese zeigten sich durchaus kooperationsbereit und so sind wir guter Dinge, dass sich eine für alle Beteiligten akzeptable Lösung für das Problem finden wird”, hofft die Anwohnerin.


Von Kristin Deibl
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