Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung

Wahlkampf-Wogen im Spickelbad-Streit: Stadtrat beschließt Neubau

Das Spickelbad wird durch einen Neubau ersetzt. So hat es der Stadtrat entschieden. (Foto: Ruth Plössel / Stadt Augsburg)
Das Spickelbad wird durch einen Neubau ersetzt. So hat es der Stadtrat entschieden. (Foto: Ruth Plössel / Stadt Augsburg)
Das Spickelbad wird durch einen Neubau ersetzt. So hat es der Stadtrat entschieden. (Foto: Ruth Plössel / Stadt Augsburg)
Das Spickelbad wird durch einen Neubau ersetzt. So hat es der Stadtrat entschieden. (Foto: Ruth Plössel / Stadt Augsburg)
Das Spickelbad wird durch einen Neubau ersetzt. So hat es der Stadtrat entschieden. (Foto: Ruth Plössel / Stadt Augsburg)

Es gibt kein Hallenbad mit einem wettkampftauglichen 50-Meter-Becken in Augsburg. Und das wird auf absehbare Zeit auch so bleiben. Diesen Weg hat der Stadtrat mit seiner mehrheitlichen Spickelbad-Entscheidung in der letzten Sitzung vor der Sommerpause vorgegeben. Das marode Hallenbad im Spickel wird durch einen ähnlich großen Neubau ersetzt. In die Diskussion um Augsburger Wasserflächen schwappte sehr viel Wahlkampf.

Wirklich überraschend war das Votum nach der Vorentscheidung im Sport- und im Bauausschuss nicht. Spannend war am Donnerstag vergangener Woche vielmehr die Frage, wer stimmt gegen den Neubau und warum. Die Faktenlage war klar: Eine Sanierung des Hallenbads aus den 1970er Jahren wäre Unsinn. Schon vor einem Jahr hatte der Stadtrat beschlossen, das Spickelbad sanieren zu lassen. Doch: „Eine Prüfung durch das Hochbauamt hatte ergeben, dass der bestehende Bau des Spickelbades aus wirtschaftlichen, energetischen, statischen sowie technischen Gründen nicht erhaltenswert ist”, schreibt die Stadt in einer Pressemitteilung, die sie nach dem Stadtratsentscheid veröffentlichte. Tatsächlich ist das Hallenbad in einem erbärmlichen Zustand. Die Dachkonstruktion ist offenbar in einem besorgniserregenden Zustand: „Die Dachbinder über dem Lehrschwimmbecken und dem Hauptbecken sind mit dem spannungsrissanfälligen Sigma-Oval-Spannstahl erbaut, welcher anfällig ist für unangekündigtes Versagen”, berichtet die Verwaltung in der Beschlussvorlage. Schon jetzt müssten deshalb regelmäßig Monitorings durchgeführt werden, „um ein mögliches Versagen der Statik im Vorfeld aufzudecken”. Bei einer Sanierung müsste das Dach komplett neu gemacht werden. Im Keller gibt es Probleme mit eindringendem Öl, der Beton vieler Bauteile müsste aufwendig saniert werden und in Sachen Brandschutz besteht für das Spickelbad Nachholbedarf. „Technik und Bausubstanz sind hinfällig”, fasste es Baureferent Steffen Kercher zusammen. Seine klare Empfehlung: Neubau – vor allem, da dieser nur wenig teurer kommt, als eine derart umfassende Sanierung.

Die Kosten für den Ersatzneubau liegen laut Stadt Augsburg „nach aktuellem Stand bei circa 28 Millionen Euro. Weil es aber erst in vier Jahren mit der Maßnahme losgehen soll, rechnet die Verwaltung aufgrund von steigenden Baukosten bei 41,4 Millionen Euro. Dabei hat die Stadt mit einem Baupreisindex von zehn Prozent gerechnet. Gegenüber der Sanierung sei der Neubau lediglich 1,5 Prozent teurer – trotzdem waren nicht alle Stadträte so restlos begeistert, wie etwa Peter Uhl (CSU), der für seine Fraktion feststellte: „Wir freuen uns auf die Maßnahme.”

Dirk Wurm (SPD), der in der vergangenen Legislaturperiode selbst als Sportreferent seine liebe Not mit Augsburgs Bädern hatte, sieht in der so getroffenen Entscheidung eine verpasste Chance auf das lang ersehnte 50-Meter-Hallenbad. Augsburg brauche nicht den Erhalt der bestehenden Wasserfläche, sondern deren Erweiterung, kritisierte Wurm. Mit dem Beschluss habe man, „die selbe Wasserfläche in einer neuen Halle”. Auch bräuchten Augsburgs Wassersportler ein Springerbecken. Denn das jetzige befinde sich im Hallenbad in Haunstetten, das sich laut Wurm in einem noch schlechteren Zustand befinde als das Spickelbad und ebenfalls nicht mehr zu sanieren sei. Ginge es nur um das Spickelbad alleine, würde er natürlich zustimmen. Aber: „Der Bädermasterplan hilft nicht weiter”, machte Wurm noch einmal deutlich, dass es mit bloßem Erhalt der zur Verfügung stehenden Wasserflächen nicht getan sei. Er hätte sich einen Vergleich der Neubauvarianten mit 25-Meter- und mit 50-Meter-Becken gewünscht – wie Sportreferent Jürgen Enninger im weiteren Verlauf der Sitzung klarstellte, habe es durchaus eine Prüfung gegeben. Er bezifferte die Kosten für ein 50-Meter-Hallenbad mit 93 Millionen Euro.

„Der Weg ist frei für ein modernes, nachhaltiges und energieeffizientes Bad”

Wie Wurm eng vertraut mit Augsburgs Bädern ist Bernd Zitzelsberger (CSU). Der Stadtrat gehört zu den treibenden Kräften hinter den Augsburger Schwimmvereinen, die schon länger ein 50-Meter-Hallenbad fordern. Doch den Neubau im Spickel unterstützte er. Stattdessen hielt er Dirk Wurm vor, dass er in seiner Vergangenheit als Sportreferent durchaus widersprüchliche Aussagen zu den Bädern getroffen, gar ein von einem Investor betriebenes „Spaßbad” vorgeschlagen hätte. Zitzelsberger und Wurm waren in dieser Frage schon 2019 aneinandergeraten, Zitzelsberger damals als Sprecher der „Arbeitsgemeinschaft 50-Meter-Hallenbad für Augsburg” und Leiter der Schwimmabteilung des Post SV Augsburg. Und so musste er sich seinerseits von SPD-Fraktionschef Stefan Freund anhören, dass er Vereinsehrenamt und Parteipolitik mit einander verknüpfe. „Das geht mir auf den Senkel”, polterte Freund. Da mischte sich Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) ein und betonte, dass Zitzelsberger sein Ehrenamt nicht instrumentalisiere. Doch die ansonsten sachliche Diskussion beruhigte sich rasch wieder. Sportreferent Enninger erklärte, dass es ja gerade die Stärke dieses Beschlusses sei, dass er von der Entscheidung über ein 50-Meter-Hallenbad getrennt sei. Wie dieses realisiert werden könnte, werde gesondert untersucht. Im Herbst will er Ergebnisse vorlegen. Er ist froh über die Entscheidung für den Spickel-Neubau: „Mit dem Beschluss zum Neubau des Spickelbades ist der Weg frei für ein modernes, nachhaltiges und energieeffizientes Bad, bei dem die laufenden Betriebskosten deutlich geringer ausfallen als im Bestand.”

Die Projektbetreuung des Ersatzneubaus Spickelbad übernimmt nun die städtische Wohnbaugruppe WBG. In Zusammenarbeit mit der Sportverwaltung soll ein Bedarfsprogramm für Nutzer erarbeitet und im Anschluss ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben werden. Das Spickelbad bleibe bis zu den Rückbauarbeiten, die für das Jahr 2027 geplant sind, als Hallenbad geöffnet, versichert die Stadt.


Markus Höck
Markus Höck

Redakteur Augsburg-Redaktion

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