Die erste Sitzung des neu gebildeten Ausschusses hätte eigentlich am kommenden Montag stattfinden sollen. Lediglich der kurze Hinweis „Kulturausschuss (entfällt)” ist aktuell im Sitzungskalender der Stadt Augsburg zu lesen. Laut einer Pressemitteilung der Fraktion aus SPD und Linken wurde der Kulturausschuss allerdings wegen eines vermeintlichen Mangels an Themen abgesetzt. Diese Begründung kritisiert die Fraktion scharf, vor allem im Hinblick auf die Corona-Krise, die die Kulturschaffenden besonders hart treffe. „Wie man darauf kommt, einen Kulturausschuss mangels Themen abzusagen, erschließt sich uns nicht”, wird Christine Wilholm (Linke), kulturpolitische Sprecherin der Sozialen Fraktion, zitiert. „Es dürfte auch der neuen Stadtregierung klar sein, dass gerade freischaffende Künstlerinnen, die freie Szene, die Clubszene, die Theaterszene wirtschaftliche Nöte haben.” Gerade jetzt brauche es Konzepte, wie man den Bürgern trotz der Krise die kulturelle Teilhabe ermöglichen könne. „Wir müssen jetzt darüber sprechen, wie es in unserer Stadt mit der Kultur weitergeht”, appelliert Wilholm. Auch Sieglinde Wisniewski (SPD) kritisiert die Stadtregierung. „Es ist unverantwortlich, die komplette Kulturszene im Regen stehen zu lassen”, sagt sie. „Es gibt doch genügend Themen und alle Kulturschaffenden der Stadt Augsburg warten gerade in der jetzigen Zeit der Corona-Krise händeringend auf Aussagen und Entscheidungen der Stadt.” Neben dem Mangel an Themen gibt es aber womöglich einen weiteren Grund dafür, dass die Kultur in der Stadtpolitik aktuell weniger forciert wird als andere Themen. Denn die neue Stadtregierung hat noch keinen Kulturreferenten gewählt, der sich besonders für die Kulturszene einsetzen würde. Die Position soll ausgeschrieben und an einen Experten vergeben werden. Laut Wisniewski könnte es allerdings noch längere Zeit dauern, bis die Stelle besetzt ist. „Zeit, die die Stadt Augsburg, wir und vor allem die Kulturszene in Augsburg nicht haben”, so Wisniewski. „Wir können nicht warten, bis die Stelle des Kulturreferenten besetzt ist. Die Betroffenen haben einen Anspruch auf Informationen, wie es mit ihnen weitergeht.” Doch Kritik kam nach der Absage des Ausschusses nicht nur aus der Politik, sondern auch von mehreren Kulturschaffenden. In einer gemeinsamen Pressemitteilung haben etwa Kurt Idrizovic, Lutz Kliche und Knut Schaflinger zu einer „alternativen Kulturausschussitzung” eingeladen, die zu dem Zeitpunkt stattfinden soll, an dem auch der tatsächliche Ausschuss hätte stattfinden sollen - am 15. Juni um 14.30 Uhr. Die Kulturschaffenden kritisieren Oberbürgermeisterin Eva Weber und Bürgermeisterin Martina Wild direkt. Die „beiden Damen an der Spitze Augsburgs” seien wohl zu weit von ihren Mitbürgern entfernt, um die durchaus vorhandenen Themen zu sehen, heißt es in der Pressemitteilung etwa. Außerdem habe Weber wohl bereits vergessen, dass sie selbst erklärt habe, Kulturschaffende sollten während der Corona-Krise auf keinen Fall allein gelassen werden und „dass neue Ideen, Strukturen und Kanäle für die analoge und digitale Verbreitung von Kunst und Kultur” gefragt seien. Letztendlich lautet die Kritik der drei Kulturschaffenden: Es gebe kulturpolitische Themen „en masse”, allerdings bei der Stadt wohl keine Ideen, wie man Kulturschaffenden, die von der Corona-Krise am längsten und härtesten betroffen seien, einen Weg aufzeigen könnte, um ihre „sozialen und ökonomischen Probleme” zu lösen. „Wenn die Stadt nichts zu besprechen hat - wir haben es schon”, heißt es am Ende der Pressemitteilung. Idrizovic, Kliche und Schaflinger rufen die Augsburger Kunst- und Kulturschaffenden auf, an dem alternativen, öffentlichen Kulturausschuss teilzunehmen, um über die aktuellen Probleme der Szene zu sprechen. Noch deutlicher geht die „Ständige Konferenz der Kulturschaffenden” mit der Stadtregierung um. Sie hat zu einer „Solidaritätsaktion mit der schwarz-grünen Stadtregierung” aufgerufen und fordert die Augsburger Künstler auf, Themen zu spenden, „damit diese Kulturpolitik machen kann”. Die Themenvorschläge werden aktuell auf der Website der Ständigen Konferenz gesammelt. Sie sollen im Anschluss gebündelt an Oberbürgermeisterin Eva Weber und alle Stadtratsfraktionen weitergeleitet werden.