„Nach dem Zusammenstoß habe ich noch eine halbe Runde gedreht und aus dem Fenster gerufen, dass ich helfen will und wir das später klären”, sagte der Angeklagte am Montag vor Gericht aus. Mehrere Personen aus der Gruppe des gleichaltrigen Geschädigten sollen direkt nach dem Unfall auf sein Auto geschlagen und herumgeschrien haben. Als er dann ein Stück entfernt anhielt und seine Hilfsbereitschaft signalisierte, sollen Glasflaschen in Richtung des Autos geflogen sein. „Ich hatte Angst, dass ich verprügelt werde”, gestand der 20-jährige Fahranfänger. Um dem aufgebrachten Mob aus dem Weg zu gehen, fuhr er auf direktem Weg zur Polizeiinspektion Oberhausen und meldete, was sechs Minuten zuvor passiert war. Ein Atemalkoholtest ergab keine Alkoholisierung des Mannes. „Sie waren zwar schnell bei der Polizei, aber es war falsch”, machte Richter Günther Baumann dem Angeklagten klar und wollte wissen, warum er nicht einfach sitzen geblieben ist, das Fenster verschlossen und einen Notruf abgesetzt habe. „In dem Moment dachte ich, es sei das Beste, wenn ich zur Polizei fahre”, antwortete der junge Mann. „Mein Mandant hatte den Führerschein noch nicht lange, war mit einem Auto mit 230 PS unterwegs und hatte die glorreiche Idee, Donuts zu drehen”, versuchte Verteidiger Felix Dimpfl Erklärungen für die Tat zu liefern. Der Geschädigte berichtete, dass er sich mit mehreren Freunden in einem Eck des Parkplatzes aufgehalten habe und Alkohol trank. Dann sei ein Fahrzeug aufgetaucht, über den Parkplatz gerast und habe angefangen, quer um die Kurven zu rutschen, teilweise nur knapp an ihnen vorbei. Handzeichen und Rufe von ihm und seiner Clique habe der Fahrer bei offenem Fenster ignoriert und weiter gemacht, führte der Geschädigte weiter aus. Er sei dann einen Schritt hervorgetreten und hätte wilder gestikuliert. „Dann ist das Heck ausgebrochen und hat mich erwischt”, sagte der 20-Jährige. Er versuchte aufzustehen und zurück zu seinen Freunden zu gehen, brach jedoch nach einigen Schritten ohnmächtig zusammen. Im Krankenhaus stellten die Ärzte eine Schädelprellung samt Kopfplatzwunde sowie eine Prellung am Knie fest und behielten ihn über Nacht im Klinikum. Bleibende Schäden trug er nicht davon. „Wieso bin ich nachts auf einem Supermarktparkplatz?”, fragte Richter Baumann ratlos und sagte dem jungen Mann, dass es besser und vor allem sicherer gewesen wäre, einfach die Polizei über einen Raser zu informieren. Staatsanwalt Rauh forderte in seinem Plädoyer 80 Sozialstunden, die der 20-jährige Angeklagte zu leisten hat, und beschränkte die Vorwürfe aufgrund des „atypischen Falls von Fahrerflucht” auf fahrlässige Körperverletzung. Zusätzlich zu den Sozialstunden soll eine Sperrfrist von zwei Jahren verhängt werden, bis der Augsburger erneut einen Führerschein machen darf. Obendrein kritisierte er die Entschuldigung vor Gericht, etwa eineinhalb Jahre nach der Tat. Der 20-Jährige hätte laut Rauh viel früher Kontakt mit dem Opfer aufnehmen sollen. Verteidiger Dimpfl sagte, dass er seinem Mandanten geraten habe, keinen Kontakt zu den Prozessbeteiligten aufzunehmen. In einem anderen Prozess habe er nämlich einen Mann vertreten, der sich per E-Mail an den Geschädigten wandte und um ein Treffen bat, bei dem er sich entschuldigen könne. Damals sei es laut Dimpfl als Verdunkelungsgefahr ausgelegt worden. Nach Ansicht von Rechtsanwalt Carsten Rücker, der den Geschädigten als Nebenkläger vertrat, hatte der Fahranfänger großes Glück. Statt auf fahrlässige Körperverletzung hätte man seiner Meinung nach eher auf gefährliche Körperverletzung, wenn nicht sogar auf versuchten Totschlag plädieren können. „Diese Aktion hätte ganz leicht mit dem Tod vieler Menschen enden können”, erklärte der Anwalt und führte weiter aus, dass der damals 18-Jährige sein Auto als Waffe benutzt habe. Richter Günther Baumann verurteilte den Angeklagten wegen fahrlässiger Körperverletzung zu 80 Sozialstunden. Da der junge Mann seinen Führerschein vor eineinhalb Jahren abgeben musste, beträgt die Sperrfrist nur drei Monate. „In der Formel 1 sieht man das hin und wieder, dass der Sieger nach dem Rennen Donuts macht, aber die können das. Lassen sie das künftig bleiben”, verabschiedete Baumann den 20-Jährigen. Das Urteil ist rechtskräftig. 230 PS sind zu viel für 18-Jährigen