In seinem Plädoyer schilderte Oberstaatsanwalt Matthias Nickolai noch einmal die Geschehnisse in der Nacht vom 26. auf den 27. Oktober 2017. Demnach erhielt der Angeklagte einen Anruf seiner Assistentin, die sich von ihrem Freund getrennt habe, dieser sich allerdings weigerte, ihre Wohnung in Mering zu verlassen. Daraufhin packte der Zahnarzt eine Gaspistole sowie einen Baseballschläger ein und fuhr mit zwei Stammtisch-Kumpels mit dem Taxi zu seiner Assistentin. Dort angekommen, drangen sie ohne zu zögern in die Wohnung ein und drückten den mittlerweile Ex-Freund der Frau zu Boden. dann hielt der Angeklagte dem türkischstämmigen Mann aus Straßburg die Pistole an den Kopf und drohte ihm mit dem Tod, falls er sich weigere seine Sachen zu packen, die Frau und das gemeinsame ungeborene Kind zu vergessen und nie mehr wieder zu kommen. Anschließend fuhren sie den Geschädigten an den Augsburger Hauptbahnhof und drückten ihm 500 Euro für ein Zugticket in die Hand. Nickolai bezeichnete das Vorgehen des 38-Jährigen zwar als „Selbstjustiz in rüder Wild-West-Manier”, sah jedoch von dem Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung ab. Eine Geiselnahme sah er zudem nur in minder schwerem Fall, da die Tat nur zehn Minuten gedauert haben soll und das Motiv der Schutz einer verzweifelten Frau gewesen sei, für die er Trauzeuge sein sollte. Ausschlaggebend sei allerdings das Geständnis am vergangenen Freitag gewesen, das von Reue und Schuldeinsicht geprägt war. Verteidiger Richard Beyer betonte in seinen Ausführungen, dass sein Mandant sich um einen Täter-Opfer-Ausgleich bemüht habe und dem Geschädigten eine Entschuldigung und 10 000 Euro angeboten hatte. Dieser habe hingegen 100 000 Euro, ein Bier und einen Sack Hundefutter gefordert. Dies könne man laut Beyer auf die „problematische Persönlichkeit”, wie ihn ebenfalls Nickolai beschrieb, des Geschädigten zurückführen oder schlicht als Ablehnung des Angebots betrachten. Thorsten Ebermann, ebenfalls Verteidiger des 38-Jährigen, sprach von einem „skurrlen Fall”. „Erst überlegt er sich, wie er einen Avocado-Salat machen will und im nächsten Moment fährt er mit einer Pistole bewaffnet nach Mering”, beschrieb Ebermann die Tatnacht. Sein Kollege Alexander Eckstein, Dritter Verteidiger im Bunde, erklärte, dass die Polizei nicht alarmiert wurde, da die 34-jährige Assistentin fürchtete, wegen Beihilfe zu illegalem Aufenthalt Probleme zu bekommen. Der Geschädigte hatte keine Aufenthaltserlaubnis. Das Verteidigertrio schloss sich Nickolai an. „Wer zu lange in den Abgrund schaut, wird ein Teil davon.” Das sagte einer der beiden Begleiter des Zahnarztes in seiner Aussage vor Gericht aus. Christiani nahm diesen Satz in seiner Urteilsbegründung erneut auf und gab selbstkritisch zu, dass auch er im Laufe des Verfahrens beinahe Teil davon wurde. Seit dem Moment, in dem er gemerkt habe, dass die Verteidigung nicht mit offenen Karten spielt und nur auf der Suche nach Revisionsfehlern ist, habe er das Reden aufgehört, bedauerte der Vorsitzende Richter. „Es tut mir leid, ich hätte sie jeden Monat mindestens einmal fragen sollen, ob sie das wirklich wollen und wissen wo dieser Weg hinführt”, richtete sich Christiani an den Angeklagten. „Das Gericht hat sich zu diesem Urteil durchgerungen, nicht wegen, sondern trotz dieser Verteidigungsstrategie”, erklärte Richter Christiani und verurteilte den Münchner zu zwei Jahren Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung. In den kommenden Jahren wolle sich der Zahnarzt darum bemühen, seine Approbation wiederzuerlangen. Das Urteil ist rechtskräftig. Zahnarzt entgeht dem Gefängnis nur knapp