Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 15.04.2019 12:00

Veggie-Pflanzerl vom Sternekoch

Sternekoch Stefan Marquard   (Mitte) brutzelte mit Schülern und Küchenpersonal in der Montessorischule an der Jakobermauer vegetarische Pflanzerl. 	Foto: Monika Grunert Glas (Foto: Monika Grunert Glas)
Sternekoch Stefan Marquard (Mitte) brutzelte mit Schülern und Küchenpersonal in der Montessorischule an der Jakobermauer vegetarische Pflanzerl. Foto: Monika Grunert Glas (Foto: Monika Grunert Glas)
Sternekoch Stefan Marquard (Mitte) brutzelte mit Schülern und Küchenpersonal in der Montessorischule an der Jakobermauer vegetarische Pflanzerl. Foto: Monika Grunert Glas (Foto: Monika Grunert Glas)
Sternekoch Stefan Marquard (Mitte) brutzelte mit Schülern und Küchenpersonal in der Montessorischule an der Jakobermauer vegetarische Pflanzerl. Foto: Monika Grunert Glas (Foto: Monika Grunert Glas)
Sternekoch Stefan Marquard (Mitte) brutzelte mit Schülern und Küchenpersonal in der Montessorischule an der Jakobermauer vegetarische Pflanzerl. Foto: Monika Grunert Glas (Foto: Monika Grunert Glas)

Der 54-Jährige mit der Optik eines Harley-Rockers hat es sich zur Aufgabe gemacht, Kindern beizubringen, wie man sinnvoll kocht. Für das Projekt „Sterneküche macht Schule: Genial einfach - einfach anders” der Krankenkasse Knappschaft besucht er jährlich rund 20 Schulen im gesamten Bundesgebiet. Ziel ist es, Mensaessen nachhaltig zu verbessern.

Der Tag in der Augsburger Montessorischule begann früh. Bereits um sieben Uhr morgens rückte das Team um Marquard und Knappschaft an und übernahm die Regie über die Küche. Diese hätte man besser planen können, stellen die Experten fest. Beispielsweise ist der Kühlraum viel zu weit entfernt, und gäbe es Induktionsherde, wäre es nicht so heiß in dem Raum.

Gesund, frisch und vor allem lecker soll das Schulessen sein, und das ohne Mehrkosten. Stefan Marquard ist beseelt von seiner Mission, den Jüngsten sinnvolles Essen zu erklären, damit die das Wissen dann in die Familien tragen. Längst ist es nicht mehr in allen Elternhäusern üblich, selbst zu kochen. Vielleicht am ehesten noch beispielsweise auf dem Land und bei Eltern, die ihren Nachwuchs in die Montessorischule schicken, meint der Koch, doch wenn er da an den Ruhrpott denkt...

Zunächst wird fleißig Obst geschnippelt. Die Schüler, die an diesem Tag zum Messer greifen, besuchen entweder die Grund- oder die Hauptschule, und sie haben sich freiwillig zur Mitarbeit gemeldet. In der Pause dann gibt es erst einmal Drinks, Power-Smoothies, kostenlos für alle. Danach sind die älteren Schüler dran. Roman König macht es eine Menge Spaß. Wie ein Profi schwenkt der 14-Jährige gleichzeitig zwei Pfannen mit Kokosraspeln. Diese sollen ein wenig geröstet werden, fürs Aroma, aber nicht zu viel. Am Ende landen sie auf dem Nachtisch, einer Quarkspeise mit viel Obst.

Stefan Marquard hat zwei Söhne, inzwischen sind diese 19 und 20 Jahre alt. Denen schmeckte das Schulessen einst nicht besonders gut. „Papa, kannst du da nicht was machen?”, fragten sie so lange, bis der Papa tatsächlich einmal in der Mensa den Kochlöffel schwang und zeigte, was man verbessern könnte. Sein Engagement kam an, und so war er bald Gast in den Nachbarschulen. „Irgendwann hat meine Frau gesagt, also wirklich, das geht langsam zu weit, wie wäre es mal mit Geld verdienen?”

In der Knappschaft fand der prominente Koch, der mit einem Michelinstern ausgezeichnet wurde, den idealen Partner. Seit einigen Jahren zieht er nun schon durchs Land und vermittelt, wie man gesund essen mit Spaß und Genuss verbinden kann. Mit der gesamten Schulfamilie gemeinsam soll die Verpflegung verbessert werden. Schulen können sich um eine Teilnahme an dem Projekt bewerben. Stefan Marquard zeigt dann, wie sich die Situation verbessern lässt, vom effizienten Einkaufen über die schonende Zubereitung bis hin zur Einbindung der Schüler. „Ich fände es toll”, sagt der 54-Jährige, „wenn jeden Tag einige Schüler abwechselnd mitkochen würden.” Auch ein Schulfach Ernährung und Bewegung würde er favorisieren.

Mit den Kindern kommt der gelernte Koch und Metzger bestens klar. „Wertschätzung”, sagt er, sei das Geheimnis. Er bindet die Schüler auf lässige Art auch in komplizierte Prozesse ein und spricht mit ihnen auf Augenhöhe wie mit Erwachsenen.

Der Mensch ist erstens ein Gewohnheitstier und zweitens genetisch aufs Überleben programmiert. Früher galt es, möglichst kalorienreich zu essen. Süßes stufte man als essbar ein, Bitteres als potenziell gefährlich. Deshalb mögen die meisten Kinder instinktiv keinen Spinat und bevorzugen fette Pommes mit Ketchup. Fett und energiereich essen, das war sinnvoll, als körperlich noch viel zu leisten war, doch ohne ausgewogenes Essen hängen die Kinder von Heute schlapp im Unterricht. Also muss man die Kids häppchenweise an richtiges Essen heranführen. Gemüse altersgerecht zubereiten. Eine ansprechende Mensa-Atmosphäre schaffen. Knappschaft und Team Marquard beraten sogar Schulen hinsichtlich Einrichtung und sind derzeit bei einem Neubau in Norddeutschland in die Planung eingebunden. Da das Engagement nachhaltig wirken soll, kommen Marquard und das Team nach einigen Wochen für eine Nachschulung zurück. Montessori-Mensa-Chef Christian Metz kann auch an einem Seminar bei dem Sternekoch teilnehmen.

In Augsburg jedenfalls, wo in der Montessorischule das tägliche Mittagessen quasi zum Stundenplan gehört - sogar am Freitag - sind die Schüler mit Feuereifer bei der Sache. Hunderte vegetarische Pflanzerl werden gerollt. In ihrer Schule gibt es sowieso nur fleischlose Speisen. Reisnudeln müssen sorgfältig gelegt und auf eine verzehrfreundliche Länge gekürzt werden. Auch Bratkartoffeln werden angeboten, auf Malzbiersoße. Die Kinder lassen es sich schmecken und nehmen die Rezepte mit nach Hause. Die Küche? Ein Schlachtfeld. „Hey Leute”, ruft Marquard, „den Stall macht ihr wieder sauber!” Ehrensache.


Von Monika Grunert Glas
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