Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 28.12.2020 16:55

Anti-Doping-Gesetz auf dem Prüfstand

Lehramtsstudenten der Uni Augsburg unterrichten gemeinsam mit erfahrenen Lehrern.	Foto: Sophia Leiprecht (Foto: Sophia Leiprecht)
Lehramtsstudenten der Uni Augsburg unterrichten gemeinsam mit erfahrenen Lehrern. Foto: Sophia Leiprecht (Foto: Sophia Leiprecht)
Lehramtsstudenten der Uni Augsburg unterrichten gemeinsam mit erfahrenen Lehrern. Foto: Sophia Leiprecht (Foto: Sophia Leiprecht)
Lehramtsstudenten der Uni Augsburg unterrichten gemeinsam mit erfahrenen Lehrern. Foto: Sophia Leiprecht (Foto: Sophia Leiprecht)
Lehramtsstudenten der Uni Augsburg unterrichten gemeinsam mit erfahrenen Lehrern. Foto: Sophia Leiprecht (Foto: Sophia Leiprecht)

Das Anti-Doping-Gesetz, das vor fünf Jahren in Kraft getreten ist, adressiert nicht nur diejenigen, die Dopingmittel erwerben, besitzen oder damit Handel treiben. Es sieht auch Strafen für Sportler vor, die Dopingmittel einnehmen oder unter Doping an Wettkämpfen teilnehmen. Damit sollen die Gesundheit der Sportler geschützt und die Fairness und Chancengleichheit bei Sportwettbewerben gesichert werden.

In dem Gesetz wurde auch der Aspekt des Selbstdopings als illegaler Tatbestand mit aufgenommen. Aus diesem Grund entzündete sich während des Gesetzgebungsverfahrens die Kritik von Sportlern, Sportverbänden und aus Teilen der Rechtswissenschaft. Athleten befürchteten, dass sie unberechtigterweise, etwa durch Manipulationen ihrer Konkurrenten, zum Gegenstand von Ermittlungen werden. Rechtswissenschaftler monierten, es sei nicht Aufgabe des Staates, die Einhaltung von Sportregeln zu sichern und die Spieler vor selbstschädigenden Handlungen zu schützen. Das veranlasste den Gesetzgeber, die Wirkungen des Gesetzes durch eine Evaluationsstudie zu überprüfen.

Michael Kubiciel, Professor für Strafrecht an der Universität Augsburg, ist mit Elisa Hoven, Professorin an der Universität Leipzig, Autor dieser Studie. Die beiden stellten ihre Ergebnisse Anfang Dezember im Bundestag vor.

„Das Gesetz war und ist sehr wichtig, da die Verbände allein die Integrität des Sports nicht schützen können. Der Staat fördert den Sport wegen seiner sozialen Funktionen Jahr für Jahr finanziell und ideell, daher ist es auch richtig, dass er diese gemeinschaftsstiftende Institution vor korrupten Verhaltensweisen schützt. Auch die Sport- und Athletenverbände erkennen die präventiven Wirkungen des Gesetzes an”, lautet das Fazit von Kubiciel.

In einem der rund 24 Experteninterviews, die die Studienautoren führten, sagte ein Athlet, das Anti-Doping Gesetz habe gerade bei jüngeren Sportlern zu einem Umdenken geführt.

Dennoch hat die Studie nach Einschätzung von Kubiciel und Hoven auch eine Schieflage deutlich gemacht. Die Auswertung sämtlicher Akten zu Verfahren, die deutsche Staatsanwaltschaften wegen des Verdachts des Selbstdoping geführt haben, zeige, dass der Großteil der Ermittlungsverfahren eingestellt wird. „Nur drei Sportler haben in den letzten Jahren wegen Selbstdopings einen Strafbefehl erhalten, die Verurteilung des Berufsboxers Felix Sturm durch das Landgericht Köln zu Anfang des Jahres ist die bislang einzige.” Der Augsburger Rechtswissenschaftler führt dafür zwei Gründe an: „Es fehlt im Sport an Whistleblowern, daher wäre über eine Ausweitung der Kronzeugenregelung nachzudenken.” Selbstdoping falle in der Regel nur durch positive Trainings- und Wettkampfproben auf. Diese reichten aber für den Tatnachweis und eine Bestrafung nicht aus, da das Gesetz weitere Strafbarkeitsvoraussetzungen habe, deren Nachweis den Staatsanwaltschaften schwerfalle. Kubiciel und seine Leipziger Kollegin Hoven schlagen daher vor, den Straftatbestand zu überarbeiten, um das Gesetz stärker auf die Bekämpfung des Selbstdopings im Wettkampfsport auszurichten.

Dies sei auch aus einem anderen Grund wichtig: „Bislang betrifft der Großteil der Ermittlungsverfahren Bodybuilder, bei denen anabole Steroide oder andere Dopingpräparate aufgefunden werden. Diese nehmen aber typischerweise nicht an Wettkämpfen teil.” Dass das Gesetz den Besitz von Dopingmittel kriminalisiere, diene, so Kubiciel, nicht der Integrität sportlicher Wettkämpfe. Vielmehr begründe der Gesetzgeber die Besitzstrafbarkeit mit der Vermutung, dass Personen, die Dopingmittel besitzen, diese auch an andere weitergeben oder damit Handel treiben. „Das mag vorkommen, jedoch haben uns viele Experten gesagt, dass die aufgefundenen Mengen oft so gering seien, dass kaum davon ausgegangenen werden könne, dass der Beschuldigte mit diesen Handel treibe oder sie weitergebe.” Auch an dieser Stelle schlägt Kubiciel eine Feinjustierung vor. „Strafrechtliche Ermittlungen und Sanktionen sind zur Sicherung zentraler Werte und Normen des Sports wichtig, sie sind aber auch aufwendig und teuer. Daher halten wir es für sinnvoll, das Anti-Doping-Gesetz stärker auf strafwürdige Fälle von Doping im Wettkampfsport zu fokussieren.” Gesetz soll Umdenken herbeigeführt haben

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