Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung

Unterbrechungen bei der Arbeit – nützlich oder vermeidbar?

Die Forschungsergebnisse des Projekts „UMDIA – Unterbrechungsmanagement bei digital gerahmter Interaktionsarbeit“ sind für alle Interessierten über eine App und ein E-Book zugänglich und nutzbar. (Foto: Universität Augsburg)
Die Forschungsergebnisse des Projekts „UMDIA – Unterbrechungsmanagement bei digital gerahmter Interaktionsarbeit“ sind für alle Interessierten über eine App und ein E-Book zugänglich und nutzbar. (Foto: Universität Augsburg)
Die Forschungsergebnisse des Projekts „UMDIA – Unterbrechungsmanagement bei digital gerahmter Interaktionsarbeit“ sind für alle Interessierten über eine App und ein E-Book zugänglich und nutzbar. (Foto: Universität Augsburg)
Die Forschungsergebnisse des Projekts „UMDIA – Unterbrechungsmanagement bei digital gerahmter Interaktionsarbeit“ sind für alle Interessierten über eine App und ein E-Book zugänglich und nutzbar. (Foto: Universität Augsburg)
Die Forschungsergebnisse des Projekts „UMDIA – Unterbrechungsmanagement bei digital gerahmter Interaktionsarbeit“ sind für alle Interessierten über eine App und ein E-Book zugänglich und nutzbar. (Foto: Universität Augsburg)

Unterbrechungen bei der Arbeit kennt eigentlich jeder Berufstätige – und ebenso, dass nicht jede Unterbrechung stört. Manchmal sind sie willkommene Abwechslung oder sogar nützlich, um wichtige Informationen zu erhalten. Dem Phänomen, das besonders im Bereich der Dienstleistungen ein Thema ist, hat sich nun das von der Forschungseinheit für Sozioökonomie der Arbeits- und Berufswelt der Universität Augsburg koordinierte Forschungsprojekt „Umdia – Unterbrechungsmanagement bei digital gerahmter Interaktionsarbeit” wissenschaftlich genähert. Herausgekommen sind eine App und ein E-Book, die eine Hilfestellung geben sollen, wie Unternehmen und Mitarbeiter besser mit Unterbrechungen umgehen können.

Für das Projekt „Umdia” wurden Beschäftigte und Führungskräfte aus unterschiedlichen Branchen, in denen Kunden- beziehungsweise Patientenkontakt zum Arbeitsalltag gehört, zu ihren Erfahrungen befragt und bei ihrer Arbeit begleitet: im Einzelhandel, der stationären Krankenpflege, der Fabrikplanung und der Softwareentwicklung. Das Projektteam und die Befragten entwickelten anschließend gemeinsam Maßnahmen für ein betriebliches Unterbrechungsmanagement, das der Rolle von Unterbrechungen in der Interaktionsarbeit gerecht werden soll.

So skizziert das E-Book vier verschiedene berufliche Situationen: Tamara ist in einer Softwarefirma für den Kundensupport zuständig, Martin ist als Projektleiter eines Ingenieurbüros mit der Planung einer Fabrik beschäftigt, Carolin ist Pflegefachperson auf einer internistischen Station eines großen Universitätsklinikums und Sven ist Fachverkäufer in einem Baumarkt. Alle vier sind in ihren täglichen Aufgaben mit Unterbrechungen konfrontiert. Etwa wenn Carolin während eines Verbandwechsels bei einem Patienten zu einem Notfall gerufen wird, muss sie die Arbeit mit diesem Patienten unterbrechen und am Notfallort helfen. Oder wenn Sven beim Einräumen der Regale von Kunden angesprochen wird, muss er erstmal die Ware stehen lassen und den Kunden weiterhelfen. „Unterbrechungen bei der Arbeit an und mit Menschen sind zahlreich, unvorhersehbar und lassen sich nicht immer vermeiden”, fasst die Universität zusammen. Im Rahmen des Forschungsprojekts „Umdia” sei das Augsburger Forschungsteam davon ausgegangen, dass Unterbrechungen in bestimmten Berufsfeldern zum Arbeitsalltag dazugehören. Anstatt sich darauf zu fokussieren, dass solche Unterbrechungen vermieden werden, habe man darauf geschaut, wie am besten mit ihnen umgegangen werden könne.

Die Forschungsergebnisse des Projekts sind für alle Interessierten über eine App und ein E-Book zugänglich und nutzbar. Mit Hilfe dieser Instrumente sollen Betroffene „ihre Unterbrechungssituation analysieren und individuelle Strategien für den Umgang mit Unterbrechungen kennenlernen” können.

„Wir haben festgestellt, dass die Mitarbeitenden vielfältige Ansätze entwickelt haben, um mit Unterbrechungen besser umzugehen“

„Wir haben festgestellt, dass die Mitarbeitenden vielfältige Ansätze entwickelt haben, um mit Unterbrechungen besser umzugehen“, erklärt die Koordinatorin des Verbundprojekts Margit Weihrich. Wenn im Krankenhaus eine Patientin zur Untersuchung erwartet wird, rufe das Pflegepersonal auf der Station der Patientin an, ob der Krankentransport bereits auf dem Weg sei, sodass die Untersuchung anschließend wie geplant stattfinden könne. „Das ist eigentlich nicht als Aufgabe des Personals festgehalten, aber um den Ablauf besser zu organisieren, wird eben vorher angerufen“, so Weihrich weiter.

Sie betont, dass die App nicht dazu da sei, um dem Personal die Verantwortung zu geben, Unterbrechungen allein zu managen. „Sie soll ein Anstoß an die Unternehmen sein, genau hinzuschauen, was die Beschäftigten bereits alles leisten“. Vielmehr seien dann die Unternehmen selbst gefordert, nach einer Analyse betriebliche Maßnahmen zu entwickeln, „die einen differenzierten Umgang mit Unterbrechungen unterstützen, so dass vermeidbare Unterbrechungen reduziert und nützliche Unterbrechungen produktiv bearbeitet werden können”.

Eine solche Maßnahme im Beispiel „Krankenhaus” könnte ein „Speeddating“ sein, bei dem sich Beschäftigte aus der IT, der Pflege und der Medizin miteinander austauschen können. „Die sind alle aufeinander angewiesen, aber an den Schnittstellen fehlt es oft an Kommunikation und Kooperation und diese soll durch das Speeddating eingeübt und verbessert werden“, erklärt Weihrich.

Das E-Book lasse sich als ein Handbuch nutzen, „das dazu dient, umfassend zum Thema Unterbrechungen im Zusammenhang mit Interaktionsarbeit zu informieren”, steht darin nachzulesen. Es stelle aber auch ein Arbeitsbuch dar, das „Anleitungen und Materialien zum Umgang mit Unterbrechungen in Unternehmen anbietet”. Konkret sind „in der Praxis bewährte Arbeitshilfen und vertiefende Literatur” aufgeführt. Die Ansätze, die als Interventionsmaßnahmen vorgestellt werden, beruhten zum einen auf empirischen Beispielen und zum anderen auf Gestaltungsansätzen, die im Projekt Umdia erarbeitet wurden.

Umdia war eines von 19 Projekten, die im Förderschwerpunkt „Arbeiten an und mit Menschen“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie vom Europäischen Sozialfonds gefördert worden sind. Neben der Universität Augsburg waren an Umdia das ISF München, die Hochschule Aalen, das Universitätsklinikum Augsburg, Reidl GmbH & Co. KG, Fahrion Engineering GmbH & Co. KG und die CAS Software AG beteiligt.

Die Umdia-App gibt es auf umdia-app.isf-muenchen.de/, das E-Book dazu unter isf-muenchen.de/wpcontent/uploads/2023/02/UMDIA_App_Online.pdf. Die Umdia-Homepage findet sich auf unterbrechungen-bei-interaktionsarbeit.de.


Markus Höck
Markus Höck

Redakteur Augsburg-Redaktion

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