Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung

Trübe Konjunkturaussichten: Die vollen Auftragsbücher leeren sich

Ulrich Wagner, Hauptgeschäftsführer der HWK Schwaben, warnt davor, „dass neue Aufträge bislang nur sehr zögerlich eingehen”. (Foto: HWK Schwaben)
Ulrich Wagner, Hauptgeschäftsführer der HWK Schwaben, warnt davor, „dass neue Aufträge bislang nur sehr zögerlich eingehen”. (Foto: HWK Schwaben)
Ulrich Wagner, Hauptgeschäftsführer der HWK Schwaben, warnt davor, „dass neue Aufträge bislang nur sehr zögerlich eingehen”. (Foto: HWK Schwaben)
Ulrich Wagner, Hauptgeschäftsführer der HWK Schwaben, warnt davor, „dass neue Aufträge bislang nur sehr zögerlich eingehen”. (Foto: HWK Schwaben)
Ulrich Wagner, Hauptgeschäftsführer der HWK Schwaben, warnt davor, „dass neue Aufträge bislang nur sehr zögerlich eingehen”. (Foto: HWK Schwaben)

Der Blick in die konjunkturelle Zukunft Bayerisch-Schwabens ist alles andere als beruhigend. Schwindende Aufträge und verschlechterte Standortbedingungen: Sowohl im Handwerk, als auch in der Metall- und Elektroindustrie macht sich in Unternehmen und Betrieben zunehmend Pessimismus breit, wie die Konjunkturumfragen der Handwerkskammer für Schwaben (HWK) und der Bayme VBM, der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie, zeigen.

Dabei scheinen die Umfrageergebnisse der HWK recht gut ausgefallen zu sein: „87 Prozent der Befragten aus allen Gewerken vom Augenoptiker bis zum Zimmerer bewerten ihre aktuelle wirtschaftliche Situation als gut oder befriedigend”, berichtet die HWK. Doch es läuft längst nicht in allen Gewerken gleich gut. Die anhaltend hohe Inflation führe zu Kaufkraftverlusten und drücke spürbar auf die Einkaufslaune der Verbraucher, was die konsumnahen Gewerke besonders treffe. Hohe Kreditzinsen und massiv gestiegene Materialkosten führten zu teils erheblichen Auftragsausfällen in den Baugewerken. „Aktuell läuft es vielfach noch weitgehend rund, viele Betriebe zehren von einem hohen Auftragsbestand. Doch der Ausblick auf die kommenden Wochen und Monate zeigt, dass neue Aufträge bislang nur sehr zögerlich eingehen”, so HWK-Hauptgeschäftsführer Ulrich Wagner. Nun komme es darauf an, die Liquidität der Betriebe zu stärken. Die Pläne aus dem Bundesfinanzministerium, die Wirtschaft durch ein Wachstumspaket zu entlasten, „gehen in die richtige Richtung”, so Wagner. So solle die Sofortabschreibung verbessert werden. „Damit wird eine langjährige Forderung des Handwerks hoffentlich endlich umgesetzt“, hofft der HWK-Hauptgeschäftsführer.

Die momentane Zufriedenheit der befragten Unternehmen hat sich gegenüber dem Vorquartal kaum verändert. „Das heißt aber auch, dass die sonst übliche konjunkturelle Belebung im zweiten Quartal ausgeblieben ist”, warnt die HWK und der Blick auf die zukünftige Auftragslage lasse wenig Zuversicht aufkommen.

Mit 9,8 Wochen liegt die Reichweite der Auftragsbestände auf dem gleichen Niveau wie im Vorquartal, aber immerhin eine Woche niedriger als im Vorjahr. „Noch können die meisten Betriebe von einem relativ hohen Bestand zehren. Neue Aufträge kommen jedoch deutlich zögerlicher bei den Unternehmen an”, so die HWK. Knapp jeder dritte Betrieb spricht im aktuellen Berichtsquartal von rückläufigen Auftragseingängen. Im Vorquartal waren es lediglich 23 Prozent. Vor allem im Bauhauptgewerbe bleiben Aufträge aus. Hier berichtet jeder zweite Betrieb von einem Rückgang an Neuaufträgen. Auch wenn der Preisdruck im Einkauf weiter nachgelassen habe, stünden viele Firmen weiter unter einem hohen Kostendruck. Gleichzeitig führten hohe Finanzierungskosten dazu, dass gerade beim Wohnungsbau ein starker Einbruch zu befürchten sei.

Kein Wunder also, dass die Handwerker auf die kommenden Monate mit zunehmender Skepsis schauen. Lediglich acht Prozent gehen davon aus, dass sich ihre wirtschaftliche Situation verbessern wird, das sind halb so viele wie im Vorquartal. 17 Prozent befürchten sogar eine Verschlechterung, im Vorquartal waren es nur elf Prozent. „Im Bauhauptgewerbe ist der Anteil der Pessimisten mit 32 Prozent fast doppelt so hoch. Fast jeder zweite Maurer oder Dachdecker rechnet mit einem – weiteren – Rückgang bei den Auftragseingängen”, schreibt die HWK.

„Fehlende Investitionen heute sind fehlende Innovationen, fehlende Kapazitäten und fehlende Wertschöpfung morgen“

Ähnlich trübe sieht die konjunkturelle Lage in der schwäbischen Metall- und Elektro-Industrie aus: „Die mangelnde Dynamik führt zu negativen Erwartungen der Unternehmen”, teilen die Verbände mit. Auch hier sei die Auftragslage zwar weiterhin gut, doch die Auftragseingänge zeigen im Trend leicht nach unten. „Weit schwerwiegender sind die strukturellen Herausforderungen für unsere Unternehmen. Bereits 69 Prozent geben an, dass sich die Standortbedingungen deutlich verschlechtert haben. Beleg dafür sind die schwachen Inlandsinvestitionen”, stellt Hirohito Imakoji, Vorsitzender des Vorstands der Bayme VBM Region Allgäu, fest. Er sieht die „Zukunftsfähigkeit unseres Standorts” gefährdet. „Wir müssen dringend umsteuern, denn fehlende Investitionen heute sind fehlende Innovationen, fehlende Kapazitäten und fehlende Wertschöpfung morgen“, warnt Imakoji.

Zwar fällt auch in der Metall- und Elektroindustrie das Urteil zur aktuellen Geschäftslage positiv aus, doch hat sich die Einschätzung der Unternehmen seit dem Winter verschlechtert. Die Erwartungen für das kommende Jahr liegen weiterhin im negativen Bereich. „Verantwortlich für verschlechterte Standortbedingungen machen die Unternehmen vornehmlich die Energiekosten, die Arbeitskosten, die steigende Bürokratie und den Fachkräftemangel. Auch Rohstoffkosten und wachsende Umweltauflagen sind weitere belastende Faktoren”, teilen die Arbeitgeberverbände mit. So hätten von den 69 Prozent der Unternehmen, die eine Verschlechterung der Standortbedingungen sehen, bereits rund 19 Prozent Teile der Wertschöpfung ins Ausland verlagert. „Die Rahmenbedingungen werden schlechter und sind ein echtes Risiko für unseren Standort. Weitere 30,6 Prozent der Unternehmen planen zudem eine Verlagerung“, mahnt Imakoji und fügt hinzu: „Besorgniserregend sind die Auswirkungen auf die inländischen Investitionstätigkeiten. Bereits jedes zweite Unternehmen fährt diese zurück. Diese Entwicklung muss gestoppt werden.“

Tatsächlich zeigen die aktuellen inländischen Investitionspläne die Zurückhaltung der schwäbischen Metall- und Elektro-Unternehmen: Mehr als 26 Prozent der Betriebe müssen die Investitionen senken. Gleichzeitig sind auch die Produktionspläne der Unternehmen geschrumpft und liegen mittlerweile im negativen Bereich. „Das Jahr 2023 hat bisher keine Dynamik gezeigt. Die Produktion wird aufgrund des Anstiegs aus dem vergangenen Herbst im Jahresdurchschnitt 2023 dennoch um ein Prozent über dem Vorjahr liegen“, prognostiziert Imakoji.

Die Ertragslage der schwäbischen Unternehmen ist insgesamt noch gut, aber differenziert. Jeder zweite Betrieb hofft im laufenden Jahr auf eine Nettoumsatzrendite von vier Prozent und mehr. „Auf der anderen Seite befürchten mehr als 14 Prozent der Firmen, Verluste zu schreiben. Gut acht Prozent erwarten nur eine schwarze Null, weitere acht Prozent müssen mit einer Rendite zwischen einem und zwei Prozent auskommen”, so die Verbände. Damit befänden sich 31 Prozent der Unternehmen in einem kritischen Bereich.


Markus Höck
Markus Höck

Redakteur Augsburg-Redaktion

north