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Aichacher Zeitung LogoIm Netzwerk gegen Jugendkriminalität: „Augsburger Kooperationsnetz des Jugendrechts“ | Aichacher Zeitung

Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung

Im Netzwerk gegen Jugendkriminalität: „Augsburger Kooperationsnetz des Jugendrechts“

Augsburg will mit einem Kooperationsnetz verstärkt gegen Jugendkriminalität vorgehen. (Symbolfoto: Markus Höck)
Augsburg will mit einem Kooperationsnetz verstärkt gegen Jugendkriminalität vorgehen. (Symbolfoto: Markus Höck)
Augsburg will mit einem Kooperationsnetz verstärkt gegen Jugendkriminalität vorgehen. (Symbolfoto: Markus Höck)
Augsburg will mit einem Kooperationsnetz verstärkt gegen Jugendkriminalität vorgehen. (Symbolfoto: Markus Höck)
Augsburg will mit einem Kooperationsnetz verstärkt gegen Jugendkriminalität vorgehen. (Symbolfoto: Markus Höck)

Die Ergebnisse einer Studie der Kriminologischen Forschungsgruppe der Bayerischen Polizei (KFG) zu „Gewaltbereiten Jugendgruppen in Großstädten“ ließen Ende März aufhorchen. Vor allem, dass die Mitglieder dieser Gruppen schon im Alter zwischen elf und 14 Jahren erstmals mit der Polizei ernsthaft in Konflikt geraten, hat viele aufgeschreckt. Für die Studie wurden auch Jugendliche aus Augsburg befragt. Hier soll nun nach dem Willen des Stadtrats das „Augsburger Kooperationsnetz des Jugendrechts“ der negativen Entwicklung entgegenwirken.

Ganz neu ist die Idee nicht, vielmehr haben sich die Augsburger Schwaben von den Baden-Württemberger Schwaben inspirieren lassen. In Stuttgart wurde Ende der 1990er Jahre „auf der Suche nach neuen und effizienteren Wegen zur Verbesserung der behördenübergreifenden Zusammenarbeit zur Bekämpfung der Jugendkriminalität” das Modell „Haus des Jugendrechts“ entwickelt, wie die Beschlussvorlage der Augsburger Verwaltung erklärt: „In einem Haus des Jugendrechts arbeiten mehrere staatliche und kommunale Stellen abgestimmt zusammen, um Jugendkriminalität zeitnah und abgestimmt zu bearbeiten und dadurch ein normgerechteres und gesetzeskonformeres Verhalten der Jugendlichen zu erwirken.” Doch Augsburg will seinen eigenen Weg gehen. Der Jugendhilfeausschuss und der Allgemeine Ausschuss haben entsprechend für den Aufbau des Netzwerks gestimmt.

„Sinn des Netzes liegt in der Stärkung des Jugendhilfeaspekts im Rahmen der Strafverfahren”

„Um das Vertrauen der Jugendlichen und Heranwachsenden in die Strukturen der Behördenarbeit zu erleichtern, ist bewusst die Entscheidung gegen ein ,Haus des Jugendrechts' gefallen. Anstelle dessen wurde ein Kooperationsnetz gewählt, dass die richtige Balance zwischen Sozialpädagogik und Strafverfolgung wahren kann”, führt Leo Dietz, Fraktionsvorsitzender der CSU aus. Seine Fraktion hatte den Antrag gestellt, ein solches Kooperationsnetzwerk einzurichten. Dabei liege der Fokus in erster Linie auf Begleitung und Beratung der jungen Menschen. „Projekte in den Stadtteilen beziehungsweise Sprechstunden vor Ort stärken dabei den persönlichen Bezug zu den Betroffenen. Somit liegt auch der Sinn des Netzes deutlich in der Stärkung des Jugendhilfeaspekts im Rahmen der Strafverfahren“, so Dietz weiter.

Ziele des Kooperationsnetzes sind eine optimierte Vernetzung und eng abgestimmte Zusammenarbeit der beteiligten Institutionen, Polizei, Staatsanwaltschaft, Jugendamt und Jugendstrafgericht, um „sinnvolle und bedarfsgerechte sozialpädagogische Angebote gestalten zu können, unter anderem für den Sozialdienst”, wie es in der Beschlussvorlage heißt.

Weiter sollen Eltern mit bedarfsgerechten pädagogischen Angeboten gestärkt werden. Sozialpädagogische Analysen und Bewertungen der Lebenssituation von betroffenen Jugendlichen im Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungen sollen schneller gehen. Tatsächlich zeigen die Interviews in der Studie der KFG, dass die Jugendlichen in gewaltbereiten Jugendgruppen „überwiegend in zerrütteten Familienverhältnissen und sozioökonomisch schwächeren Stadtvierteln aufwachsen. Diese Viertel sind gekennzeichnet durch einen hohen Anteil an Migranten, ein niedriges Familieneinkommen und beengten Wohnraum”.

Als weiteres Ziel des Netzwerks sollen die Reaktionen auf Straftaten zeitnah erfolgen und vor allem passgenau ausfallen. Dabei wolle die Stadt die öffentliche Diskussion über Jugendliche und junge Intensivtäter versachlichen.

Viel Raum nimmt die Prävention ein. Auch hier sollen die Maßnahmen passgenau entwickelt werden. Letztlich geht es aber darum, die Kriminalitätsentwicklungen und deren Dynamik in der Stadt, insbesondere an öffentlichen Orten warhzunehmen und „aufeinander abgestimmte Maßnahmen zu entwickeln”, wie die Beschlussvorlage vorgibt.

Zielgruppe des Kooperationsnetzes sind die mehrfach- und Intensivstraftäter im Alter von 14 bis 21 Jahren, erheblich psychosozial belastete Jugendliche und Heranwachsende, die straffällig geworden sind und deren Risiko zu weiteren Straftaten potentiell erhöht erscheint, sowie Jugendliche und Heranwachsende, die im Zusammenhang von Gruppendelikten auffällig geworden sind.

Aus Sicht des Jugendamtes, das im Netzwerk federführend sein soll, berge ein Kooperationsnetz im Sinne des „Augsburger Kooperationsnetz des Jugendrechts“ viele Vorteile, da es ein umfassendes und abgestimmtes Vorgehen zum Thema Jugendkriminalität ermögliche. Eine Umsetzung stelle die Akteure vor große Herausforderungen, die sie gemeinsam bewältigen müssten, mit dem Ziel, insbesondere für die betroffenen jungen Menschen abgestimmte, zeitnahe Konsequenzen als Erziehungsmaßnahme, gegebenenfalls kombiniert mit Sanktionen, zu erreichen. „Darauf muss eine Kooperation ausgerichtet werden”, so die Stellungnahme des Amtes.

Im nächste Schritt sollen sich nun die unterschiedlichen Behörden und Institutionen weiter beraten und sich auf Kooperationsgrundlagen einigen. „Regelmäßige und anlassbezogene Fallkonferenzen” gehören dann zur Arbeit im Kooperationsnetz. Weiter sollen eine Internetseite mit Ansprechkontaktadresse und Information entstehen und weiterer Fachkräfte als feste Netzwerkpartner dazukommen. Möglich sind hier Vereine und Schulen.

Um zu überprüfen, ob das Kooperationsnetz wirklich etwas bringt und die Ziele erreicht werden könne, will die Stadt eine wissenschaftliche Begleitung für den zweijährigen Erprobungszeitraum finanzieren. Die Verwaltung rechnet mit einmaligen Kosten in Höhe von etwa 25.000 Euro. „Zur Umsetzung von Netzwerktreffen, Workshops, Fallkonferenzen, Öffentlichkeitsarbeit und Informationsveranstaltungen werden jährlich 5000 Euro angesetzt”, so die Beschlussvorlage. Immerhin: Das Personal im Jugendamt reicht laut Verwaltung aus, um den Beschluss umzusetzen.


Markus Höck
Markus Höck

Redakteur Augsburg-Redaktion

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