Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 12.01.2023 17:57

Klage gegen Kammerbeiträge

In einer Presseinformation greift der Bundesgeschäftsführer der BFFK, Kai Boeddinghaus, das Urteil auf und sieht sich in seiner Einschätzung bestätigt, dass die Wirtschaftsführung der IHK rechtswidrig sei. Den IHK-Funktionären unterstellt er gar, dass sie „offenkundig seit vielen, vielen Jahren unfähig sind, rechtskonforme Wirtschaftspläne zu erstellen”.

In seiner Wortwahl ist das Gericht in der Urteilsbegründung weit weniger polemisch, aber dennoch kritisch. Die für die Beitragserhebung in den Jahren 2018 und 2019 maßgeblichen Wirtschaftspläne der IHK bezeichnet das Gericht als „rechtsfehlerhaft”, schränkt dies aber ein: „Jedenfalls in Bezug auf die Feststellung des Mittelbedarfs für die Ausgleichszulage.” Denn genau da hat die IHK laut Gericht nicht sauber genug gearbeitet.

In den Jahren 2018 und 2019 waren zunächst als Ausgleichsrücklagen 7,4 Millionen Euro (2018) und 7,0 Millionen Euro (2019) zum Ausgleich von Schwankungen im Beitragsaufkommen eingeplant. Entsprechend wurden die Beiträge kalkuliert, doch mit der festgesetzten Höhe der Ausgleichsrücklagen ist das Gericht nicht einverstanden. „Die Bildung einer Ausgleichsrücklage zur Vorsorge vor Beitragsschwankungen ist zwar regelmäßig gerechtfertigt, da sie dazu dient, eine zeitgerechte und kostengünstige Verfügbarkeit der für die Aufgabenerfüllung erforderlichen Finanzmittel zu sichern sowie die Inanspruchnahme von teuren Kassenkrediten zur Finanzierung der Aufgaben der Kammer bei einem Ausfall von Beitragseinnahmen zu vermeiden”, so das Verwaltungsgericht in seiner Begründung, kritisiert aber: „Allerdings erweisen sich die betreffenden ursprünglichen Ansätze der Beklagten für die Wirtschaftsjahre 2018 und 2019 als überhöht und haben daher im Ergebnis als unzulässige Vermögensbildung zu gelten.” Die Mittelansätze der Beklagten für die Ausgleichsrücklagen in den Jahren 2018 und 2019 verletzten jeweils das Gebot der Schätzgenauigkeit und seien nicht mehr von ihrem gesetzlich zulässigen Zweck gedeckt, Einnahmeausfälle im jeweiligen Haushaltsjahr auszugleichen, heißt es in der Urteilsbegründung weiter.

Geholfen hat es aus Sicht des Gerichts auch nicht, dass die IHK durch Beschluss der Vollversammlung vom 3. Dezember 2020 nachträglich ihre Jahresabschlüsse und Bilanzen für die Jahre 2018 und 2019 geändert und die Ausgleichsrücklage für 2018 und 2019 dadurch jeweils auf rund eine Million Euro reduziert hat. „Dies gilt auch uneingeschränkt vor dem Hintergrund, dass die Beklagte lediglich eine Umschichtung innerhalb des Eigenkapitals vorgenommen hat”, ergänzt das Gericht. Denn: „Maßgebend sind im Beitragsprozess allein die Wirtschaftspläne, die dem Beitragsbescheid zugrunde liegen.” Schließlich kommt das Gericht zum Schluss, dass der Bescheid über die Beitragszahlungen für 2018 und 2019 - jeweils in Höhe von 140 Euro - rechtswidrig sei.

Den Eindruck, die IHK Schwaben würde nicht einwandfrei arbeiten, wollte die Kammer so nicht stehen lassen. In einem Schreiben an die Mitglieder betont Hauptgeschäftsführer Marc Lucassen, dass sich die IHK „vollumfänglich mit den Grundsätzen des Ehrbaren Kaufmanns” identifiziere. Entsprechend seien solide und planbare Finanzen „sowie eine gesetzeskonforme Wirtschaftsplanung für uns selbstverständlich”. Die Bildung von Rücklagen erklärt er als notwendig „zum Ausgleich konjunktureller Schwankungen, unplanbarer Ausgaben oder erforderlicher Investitionen”. Dies verhindere die Aufnahme teurer Kredite oder sprunghaft steigende Mitgliedsbeiträge.

Doch wie diese Rücklagen zu bilden sind, ist offensichtlich kompliziert. Lucassen bezieht sich auf einen Paradigmenwechsel in der Rechtsprechung in den vergangenen Jahren, was die Ausgestaltung der Rücklagen anbelangt. „Dabei haben sich die Anforderungen an Bildung und Dokumentation der Rücklagen stetig verändert”, so Lucassen weiter. Der daraus erwachsene Klärungsbedarf schlage sich in einer Vielzahl juristischer Verfahren in ganz Deutschland nieder. „Dieser Rechtsunsicherheit ist auch die IHK Schwaben ausgesetzt”, kritisiert der Hauptgeschäftsführer. Und so erklärt sich auch, dass die Vollversammlung der IHK Schwaben im Dezember 2020 entschied, ihre Abschlüsse seit der Umstellung von der Kameralistik auf die Doppik im Jahr 2007 „präventiv an die aktuelle Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts formal anzupassen”. Das Bundesverwaltungsgericht hatte mit Urteilen aus den Jahren 2015 und 2020 die rechtlichen Vorgaben hinsichtlich der Wirtschaftsplanung der Kammern, insbesondere die Vorgaben für die Bildung von Rücklagen, deutlich verschärft.

Vom Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg zeigt er sich enttäuscht. „Wir sind jedoch weiterhin überzeugt, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben. Aus diesem Grund haben wir uns entschieden, die endgültige Klärung der Verwaltungsstreitsache dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof anzutragen”, stellt Lucassen fest. „Wir sind jedoch weiterhin überzeugt, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben.”


Von Markus Höck
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