Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 13.07.2023 17:42

Das große Aufräumen nach dem Orkan

<b>Abgeknickte Baumkronen</b> landeten auf Gräbern im Rehlinger Friedhof.  (Foto: Josef Abt)
Abgeknickte Baumkronen landeten auf Gräbern im Rehlinger Friedhof. (Foto: Josef Abt)
Abgeknickte Baumkronen landeten auf Gräbern im Rehlinger Friedhof. (Foto: Josef Abt)
Abgeknickte Baumkronen landeten auf Gräbern im Rehlinger Friedhof. (Foto: Josef Abt)
Abgeknickte Baumkronen landeten auf Gräbern im Rehlinger Friedhof. (Foto: Josef Abt)

Das große Aufräumen geht weiter. Nach dem Unwetter in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch sind nicht nur die Bauhöfe damit beschäftigt, die Reste zu beseitigen. Auch in privaten Gärten heißt es oft Aufräumen mit Motorsäge. Zahlreiche Bäume fielen den starken Winden zum Opfer, teils wurden Riesen entwurzelt, andernorts Bäume auf halber Höhe regelrecht abgedreht. Auch Dachplatten saugte der Orkan vom Dach.

Das Unwetter fegte großflächig über Bayern. In der Zeit um Mitternacht hat die Windmessstation im Schulzentrum in Aichach einige Orkanböen registriert. Das bedeutet Windstärke 12 auf der 12-stufigen Beaufort-Skala. Beaufort beschrieb den Orkan als eine Luftbewegung, die Bäume ausreißen und Gebäude zerstören kann. Genau gemessen wurden kurz vor und kurz nach Mitternacht mehrere Orkanböen mit über 119 Kilometern pro Stunde, so Wolfgang Jentsch, der die Messstation seit vielen Jahren betreut. Solch hohe Windgeschwindigkeiten wurden laut Jentsch in Aichach noch nie registriert, zumindest nicht in den vergangenen zehn Jahren. Der Windmesser wurde 2013 installiert.

Der Tornado, der im Mai 2015 über Affing hinwegfegten hinterließ eine Schneise der Verwüstung. Der Affinger Wirbelsturm wurde in der Fujita-Skala (von F1 bis F5) als F3 kategorisiert und erreichte Windgeschwindigkeiten von 254 bis 332 Stundenkilometern. Auch in Allenberg und Aichach gab es in jener Nacht Tornados. Allerdings zog der Wirbelsturm an der Messtation am Schulzentrum vorbei, weshalb keine Messdaten vorliegen. Laut Wolfgang Jentsch liegen die Windgeschwindigkeiten im Tornado normalerweise oberhalb von Orkanstärke, sind mit Orkanböen allerdings schlecht zu vergleichen. „Ein Tornado hinterlässt eine enge Verwüstungsschneise, Orkanböen treten großflächig auf”, erklärt Jentsch.

So war es auch in der Nacht auf Mittwoch. Dieses Unwetter hat seine Spuren nicht nur im Wittelsbacher Land sondern auch in Neuburg-Schrobenhausen und Dachau hinterlassen. Laut Landratsamt Dachau haben die Gewitterstürme in der Nacht zum 12. Juli etliche Schäden verursacht. Eine besondere Gefahr stellen umgestürzte Bäume in Flüssen und Gewässern dar. Die Bäume liegen teils dicht unter der Wasseroberfläche. Im schlimmsten Fall könnten auf diese Weise Strömungen entstehen, die Badende oder Bootsfahrer gefährden. Bis mindestens Montag, 17. Juli, sei erhöhte Vorsicht geboten, warnt Kreissprecherin Sina Török. Auch an den Kreisstraßen und Radwegen gibt es erhebliche Schäden. Auch hier sollte man in den kommenden Tagen achtsam sein: Es droht weiterhin die Gefahr durch umstürzende beschädigte Bäume und herabfallende Äste.

Starkregen am Nachmittag

In der Nacht auf Mittwoch dürften die Niederschläge, zumindest in Aichach, kein Problem dargestellt haben. Laut Wolfgang Jentsch von der Wetterstation hat der Regenmesser lediglich 7,4 Liter erfasst. Anders war das am Mittwochnachmittag: In Aichach schüttete es. Allein von 15 bis 16 Uhr fielen 24 Liter auf den Quadratmeter. Der Starkregen zwang beispielsweise den Hit-Markt dazu, am Nachmittag aus Sicherheitsgründen zu schließen. Am Donnerstag war der Markt wieder ganz normal geöffnet. Insgesamt regnete es in Aichach am Mittwoch ausgiebig: von 14 Uhr bis Mitternacht erfasste die Messstation 52 Liter pro Quadratmeter. Normalerweise fallen im gesamten Monat Juli 124 Liter auf den Quadratmeter. „Innerhalb einer Stunde fielen mit 24 Litern also 19 Prozent des Monatsniederschlags”, erklärt Wolfgang Jentsch. Auch in Obergriesbach regnete es ordentlich, mehrere Keller liefen voll.

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    Dass aktuell praktisch alle mit Aufräumarbeiten beschäftigt sind, haben die Verantwortlichen beispielsweise in Rehling zu spüren bekommen. Das Gewitter mit Starkregen und mächtigem Sturm in der Nacht auf Mittwoch wütete dort auch am neuen Friedhof an der Kapellenstraße. Neben einigen kleineren Bäumen, die der Sturm umknickte, wurden mehrere Baumwipfel, auch von mächtigen Kiefern abgerissen, teilweise hängen diese noch in den Bäumen, teilweise sind sie auf Gräber gekracht. Ein sicheres Arbeiten sei hier nur mit Hebe- oder Teleskopbühnen möglich, sagte Rehlings Bürgermeister Christoph Aidelsburger. Weil es aber im ganzen Landkreis und darüber hinaus Sturmschäden gab, sei es schwierig, Einsatzgeräte und Fachleute zu bekommen. Der Friedhof ist an den betreffenden Stellen gesperrt. Die Bevölkerung wird gebeten, diesen Bereich möglichst nicht zu betreten.

    Beispielsweise auf dem Strudelweg, also der Verbindungsstraße Rehling-Sägmühl/Scherneck, geht momentan überhaupt nichts mehr. Die Rehlinger Bauhofmitarbeiter haben die Strecke für jedermann gesperrt, da ein riesiger Stamm samt Wurzel sich zwischen zwei anderen Bäumen verkeilt hat und unter Spannung steht. Erst kommenden Montag wird ein Fachmann beurteilen, wie der Baum sicher gefällt und abtransportiert werden kann.

    Eine Empfehlung, den Wald zu meiden gibt es indes nicht. „Da ist man immer eigenverantwortlich unterwegs”, stimmt Aichachs Revierförster Ralf Lojewski einen etwas besonneneren Ton an. Zwar haben die Sommergewitter in den vergangenen Tagen mit etwa 5000 bis 6000 Festmetern Holz eine beträchtliche Menge an Bäumen umgerissen, allein im nördlichen Landkreis Aichach-Friedberg. Das könnten die üblichen Vertragskontingente der einzelnen Waldbesitzer aber abfangen, erklärt der Förster. Sprich: Das Holz kommt an den Verbraucher und muss nicht irgendwo gelagert werden, wie es etwa nach dem Orkan Wiebke 1990 der Fall war.

    Keine Katastrophe für den Forst

    Eine Katastrophe für den Forst ist also ausgeblieben. „Allerdings müssen jetzt die einzeln abgebrochenen oder umgerissenen Fichten mühsam aufgearbeitet werden”, ergänzt der Förster. Das bedeutet, die Fichten müssen aus dem Wald, da sich sonst Borkenkäfer in die Stämme bohren und den umliegenden Bestand gefährden.

    Vergleichsweise harmlos war das Unwetter laut Feuerwehrkommandant Andreas Ehleider in Aindling. Es galt einige Bäume und größere Äste von den Straßen zu räumen. Ungünstig war, dass die Tonnenleerung am Mittwochmorgen anstand: Viele Bürger hatten sie bereits am Vorabend bereitgestellt, der Wind verteilte den Inhalt großflächig.


    Von Verena Heißerer
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