Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 27.09.2022 13:56
<b>Der spitzgebuckelte Raukopf</b> ist besonders giftig.  (Foto: A. Kunze/CC-BY-SA-3.0)
Der spitzgebuckelte Raukopf ist besonders giftig. (Foto: A. Kunze/CC-BY-SA-3.0)
Der spitzgebuckelte Raukopf ist besonders giftig. (Foto: A. Kunze/CC-BY-SA-3.0)
Der spitzgebuckelte Raukopf ist besonders giftig. (Foto: A. Kunze/CC-BY-SA-3.0)
Der spitzgebuckelte Raukopf ist besonders giftig. (Foto: A. Kunze/CC-BY-SA-3.0)

Mit einer Pilzvergiftung sind gestern Morgen zwei Personen ins Aichacher Krankenhaus gekommen. Eine Stunde später wurden sie bereits an die Universitätskliniken nach München weiterverlegt, denn nur eine Lebertransplantation kann das Leben der Patienten noch retten und selbst dann werden sie lebenslang mit den Folgen zu kämpfen haben. Die beiden hatten Grüne Knollenblätterpilze gegessen und ihre Symptome nicht mit dem Essen in Verbindung gebracht. Erst die drastischen Leberwerte brachte die Ärzte auf die Spur, die fraglichen Pilze wurden dann mit Hilfe von Bildern ermittelt.

Dr. Christian Stoll, Ärztlicher Direktor der Kliniken an der Paar, berichtet von dem dramatischen Fall, um Pilzsammler zu warnen. Eine Pilzvergiftung ist nämlich tückisch. Etwa zehn Stunden nach dem Verzehr beginnen Übelkeit und Erbrechen, nach sechs oder sieben Stunden sei das wieder vorbei und der Patient fühlt sich besser, berichtet der Mediziner. Wenn die Schmerzen dann wieder stärker werden, fangen Leber und Nieren bereit an, dauerhaft Schaden zu nehmen. Spätestens 48 Stunden nach Verzehr ist dieser Schaden nicht wieder gut zu machen.

48 Stunden nach dem Verzehr sind die gesundheitlichen Schäden kaum wieder gut zu machen

Kommen Patienten früher zum Arzt, kann die Medizin eingreifen. Mit bestimmten Präparaten kann die weitere Aufnahme von Gift im Körper reduziert werden, auch die Darmpassage kann man beschleunigen. Geschieht das, wie im aktuellen Fall, kommt es zu einer beginnenden Lebernekrose. Das Organ zerfällt buchstäblich. Weil nur eine Transplantation das Überleben ermöglicht, erhalten die Patienten sofort höchste Dringlichkeitsstufe auf der Transplantationsliste. Jeder dritte Patient in diesem Stadium überlebt nicht. Christian Stoll erinnert sich an einen Fall aus seiner Zeit im Klinikum Großhadern. Damals ist eine Familie mit zwei Kindern wegen Pilzvergiftung eingeliefert worden. "Das haben nicht alle überlebt."

Der Vorfall wird manchen Schwammerlsucher nachdenklich machen. Dabei hat gerade eine offenkundig vielversprechende Pilz-Saison begonnen. "Wir dachten, dass nach der großen Trockenheit des Sommers eher ein schlechtes Pilz-Jahr kommt", berichtet Günther Groß, seit 40 Jahren Vorsitzender des Pilzvereins Königsbrunn. "Aber voraussagen kann man bei Pilzen gar nichts." Heuer gebe es viele Steinpilze und kaum Gallenröhrlinge, vergangenes Jahr sei es umgekehrt gewesen. Der Verein berät während der Saison einmal in der Woche, montags von 16 bis 17.30 Uhr, in der Viktualienhalle des Augsburger Stadtmarkts Schwammerlsuche, die bei ihren Funden unsicher sind. Da seien auch immer mal wieder giftige Exemplare dabei, die aber aus Vorsicht nicht gegessen wurden.

Günther Groß rät Laien davon ab, alleine und ohne Vorkenntnisse, Schwammerl zu suchen. Er warnt auch vor Pilzerkennungs-Apps, die aus seiner Sicht nicht zuverlässig genug vor dem Konsum gefährlicher Exemplare schützen. Das sieht auch die Deutsche Gesellschaft für Mykologie so.

Die Zahl der Schwammerlsucher hat sich in den Corona-Jahren erhöht. Zu mehr wahrer Naturliebe hat das in den Augen von Günther Groß aber nicht geführt. Mehr Unrat im Wald ist nur eine der Folgen. Auch die Angewohnheit, kiloweise Pize aus dem Wald zu tragen nimmt eher zu. Auch das ist kein nachhaltiges Verhalten. Tatsächlich gibt es sogar eine Verordnung, die Sammlern nur die Menge von zwei Mahlzeiten gestattet - auch wenn das natürlich nie überprüft wird.

Im Übrigen sind der Weiße und der grüne Knollenblätterpilz bei weitem nicht die einzigen und auch nicht die giftigsten Arten in den hiesigen Wäldern. Der Orangefuchsige und der Spitzgebuckelte Raukopf, aber auch der Gift-Häubling und Spitzschuppige Schirmlinge können tödlich sein, ungenießabr sind aber auch der Kahle Krempling, manche Täublinge, der Schönfuß-Röhrling und weitere Arten.

Ein weiteres Problem sind regionale Unterschiede. Immer wieder kommen beispielsweise Menschen mit russischen Wurzeln in die Notaufnahmen, weil hier heimische Knollenblätterpilze einem ihrer Speisepilze ähneln.

Die Empfehlung von Dr. Christian Stoll lautet: Wer Pilze gegessen hat und am nächsten Tag Übelkeit verspürt, soll unbedingt zum Hausarzt gehen. Nur 35 Gramm eines giftigen Pilzes reichen aus, um tödlich zu sein. Auch die Unsitte, giftige Pilze umzutreten, ist nicht ausgestorben. Dabei gehören Giftpilze zum Ökosystem und sollen stehen bleiben. Schützen müssten sich die Menschen schon selbst und sich Kenntnis über Pilze nach und nach aneignen. Solche Menschen sieht er bei den Beratungen am liebsten, die sich darin unterstützen lassen wollen, den Wald und die Schwammerl kennenzulernen. Sie würden dann auch nicht kiloweise Pilze

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