In Aichach wird es keine psychiatrischen Tagesklinik geben. Das Aus für das seit vielen Jahren diskutierte Vorhaben wurde am Mittwoch überraschend bekannt gegeben. Die Bezirkskliniken Schwaben, die die Klinik betreiben wollten, werden entsprechende Pläne laut einer Pressemitteilung „bis auf Weiteres“ nicht mehr verfolgen. Das geht auf einen Entschluss des Verwaltungsrats vom Dienstag zurück, der vor allem auf wirtschaftliche Gründe anführt.
Im Wittelsbacher Land wurden sowohl die Geschäftsführung der Klinken an der Paar als auch die Kreistagsmitglieder von der Entscheidung überrascht. Von einem „Tiefschlag“ für die Patienten sprach Aichachs Bürgermeister Klaus Habermann (SPD) in der Sitzung des Werkausschusses des Kreistags.
„Das entscheidende Problem bleibt ungelöst“, fasste Landrat Klaus Metzger (CSU) zusammen: „Die Versorgung der Menschen verbessert sich nicht.“ Es gebe erheblichen Bedarf bei Menschen mit psychischen Problemen. Das zeige auch die starke Nachfrage des ambulanten Angebots der PIA (siehe Info-Kasten).
„Wir haben alles, aber auch wirklich alles getan, um das Projekt zu verwirklichen“, zog Metzger Bilanz. Er wird nun im Namen des Werkausschusses ein Schreiben an die Bezirkskliniken verfassen. Hoffnung darauf, dass dies zu einer Revidierung der Entscheidung führt, hatte offensichtlich keines der Ausschussmitglieder.
Für die Bezirkskliniken ist die Absage an einen weiteren Standort in Aichach eine unternehmerische Entscheidung. „Die politischen und finanziellen Rahmenbedingungen zwingen uns zu diesem Schritt“, erklärt Bezirkstagspräsident Martin Sailer, zugleich Vorsitzender des Verwaltungsrates. Unter anderem steht eine Erhöhung der Baukosten von geplanten 4,3 Millionen Euro auf 6,6 Millionen Euro im Raum.
Auch die laufenden Kosten bereiten den Verantwortlichen Kopfzerbrechen. Sie verweisen auf steigende Ausgaben für Löhne und auf die hohen Energiepreise. Die Bezirkskliniken müssten zusätzlich jedes Jahr eine sechsstellige Summe aufbringen, um den jährlichen Verlust der Tagesklinik auszugleichen.
Für dieses Argument hatten die Kreistagsmitglieder in Aichach wenig Verständnis. Von Anfang an sei klar gewesen, dass der Betrieb einer solchen Einrichtung defizitär sein, erklärte Landrat Klaus Metzger.
Verwiesen wurde zudem auf die Vorgaben für das therapeutische Personal, für das eine Mindestbesetzung gilt. Sollten verbindliche personelle Mindestvorgaben nicht eingehalten werden, drohen künftig hohe Strafzahlungen, warnt der Stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Bezirkskliniken Schwaben, Wolfram Firnhaber. Das würde bereits passieren, wenn beispielsweise eine Ärztin oder ein Psychotherapeut kurzfristig wegen Krankheit ausfalle. Abgesehen davon fehlt aus Sicht des Verwaltungsrats Fachpersonal. „So viele Fachkräfte aus den einzelnen Berufsgruppen, die wir für Aichach benötigen würden, haben wir nicht.“
„Beispielsweise in Augsburg deswegen temporär eine Station zu schließen, um in Aichach eine Tagesklinik betreiben zu können, ist keine Alternative“, stellt Prof. Alkomiet Hasan, Ärztlicher Direktor des Bezirkskrankenhauses (BKH) Augsburg und Vorstand Krankenversorgung der Bezirkskliniken, fest.
Als Alternative zur Tagesklinik in Aichach können sich die Bezirkskliniken folgende Variante vorstellen: Der Standort des Bezirkskrankenhauses Augsburg könnte erweitert werden. Mit den neuen Kapazitäten soll es ermöglicht werden, Patientinnen und Patienten aus dem nördlichen Landkreis Aichach-Friedberg künftig in Augsburg zu behandeln. Sie müssen bislang nach Günzburg fahren.
Das wäre zwar eine Verbesserung, aber „Personal ist in Augsburg doch genau so knapp wie in Aichach“, sagte Bürgermeister Klaus Habermann, der auch dieses Argument skeptisch betrachtet.
Wann ein erweitertes Angebot in Augsburg vorhanden sein könnte, ist nicht bekannt. In Aichach haben die Vorgespräche für eine psychiatrische Tagesklinik vor knapp zehn Jahren begonnen.