Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 29.09.2023 16:48

Augsburgs verschwundenes Holz: Ärger um Baumstämme auf Lech und Wertach

Ein großer Feind der Flößer war das in Lech und Wertach treibende „ungebundene Prügelholz“. Im Bild: Ein Transportfloß in der Floßgasse des früheren Hochablasses. (Foto: Stadtarchiv Augsburg)
Ein großer Feind der Flößer war das in Lech und Wertach treibende „ungebundene Prügelholz“. Im Bild: Ein Transportfloß in der Floßgasse des früheren Hochablasses. (Foto: Stadtarchiv Augsburg)
Ein großer Feind der Flößer war das in Lech und Wertach treibende „ungebundene Prügelholz“. Im Bild: Ein Transportfloß in der Floßgasse des früheren Hochablasses. (Foto: Stadtarchiv Augsburg)
Ein großer Feind der Flößer war das in Lech und Wertach treibende „ungebundene Prügelholz“. Im Bild: Ein Transportfloß in der Floßgasse des früheren Hochablasses. (Foto: Stadtarchiv Augsburg)
Ein großer Feind der Flößer war das in Lech und Wertach treibende „ungebundene Prügelholz“. Im Bild: Ein Transportfloß in der Floßgasse des früheren Hochablasses. (Foto: Stadtarchiv Augsburg)

Die Stadt Augsburg nutzte Lech und Wertach, um im waldreichen Allgäu und in Tirol geschlagenes und entzweigtes Holz zum Nulltarif liefern zu lassen. Arg viel Freunde schufen sich die Augsburger dadurch nicht. Aber die Stadt benötigte im Mittelalter jährlich so 130.000 Baumstämme, um den Hunger nach Brennholz einigermaßen zu stillen. Und klar ist auch: Dieses massenhaft der nassen Obhut der beiden Alpenflüsse übergebene „ungebundene Prügelholz“ schuf bei Anrainern und Flößern Ärger über Ärger.

Große Schäden an Wehren, Brücken und den Uferbefestigungen entstanden. Die Flößerei kam ganz zum Erliegen. Zu gefährlich war es jetzt auf dem Wasser und schlimme Unfälle mit den unberechenbaren und sperrigen Stämmen drohten. Und auch die Fischerei wurde ziemlich beeinträchtigt. Wolfgang Knabe beschreibt es in seiner Publikation „Die Alte Straße und der Fluss“ recht anschaulich, wie es die Augsburger beispielsweise im Jahre 1566 besonders schlimm trieben.

Schwer wurde der klaglose Lech missbraucht, als ihm gleich 350.000 Stämme – geschlagen im stadteigenen Forst bei Füssen – zum Transport runter in die Reichsstadt übergeben wurden. Doch die Rechnung ging nur zunächst auf: Unzählige und hohe Kosten verursachende pferdebespannte Holzfuhren wären hierfür angefallen, was wohl nie und nimmer zu bewerkstelligen gewesen wäre. Aber die südlichen Lechanrainer und die Flößer rebellierten lautstark und kündigten gerichtliche Auseinandersetzungen an. Um diesen zu entgehen, mussten die Augsburger wohl oder übel den von ihnen angezettelten „Holzkrieg“ einstellen.

Kurbayern verhängt Holz- und Früchtesperre gegen Augsburg

Doch es gab ja noch die Wertach, die nun als Holztransporteurin einsprang und die dem großen Bruder Lech zeigte, dass auch sie zu dieser schweren Aufgabe herangezogen werden konnte. Die gewaltigste Holztrift auf der Wertach fand im Jahre 1738 statt. Die Stadt Augsburg lag wieder einmal im heftigen Streit mit den Kurbayern, denen nichts Besseres einfiel, als die ehrwürdige Reichsstadt mit einer Holz- und Früchtesperre zu belegen. Das Mittel wirkte: Gerade die Brennholznot wurde unerträglich.

Doch der Hohe Magistrat handelte: Nach langwierigen und Augsburg teuer kommenden Verhandlungen mit den zwölf hochwohlgeborenen Anrainerherrschaften wurde das in der Nesselwanger Gegend nicht gerade preiswert erworbene Fichtenholz auf der Wertach „herabgeschwemmt“. 1300 Klafter „loser Prügel“ sind dem Fluß in Pforzen bei Kaufbeuren übergeben worden. Doch – peinlich war es schon – nur schlappe 625 Klafter kamen in Augsburg an, wie von den genau rechnenden städtischen Holzkontorbeamten festgestellt wurde. Die Stämme wurden übrigens in der Nähe der Pferseer Floßlände in den dort abzweigenden Holzbach gehievt und zum Sammelplatz in der Nähe des späteren Fernmeldeamtes geleitet.

Die Affäre mit dem verschwundenen Holz war recht unangenehm, hatte doch die Stadt den stolzen Kaufpreis von 5860 Gulden längst bezahlt. Jahrelang stritten jetzt die Advokaten herum, was denen nicht unrecht war. Doch alles ging aus wie das bekannte Hornberger Schießen: Die allerehrwürdigste Freie Reichsstadt hielt sich aber etwas unfein schadlos am guten Herrn Weinwirt Benediktus Bertele. Dieser Unglücksrabe hatte als Holzkommissär für das ganze Geschäft gebürgt, wurde nun kräftig zur Stadtkasse gebeten und musste sogar auf sein Anwesen eine hohe Hypothek eintragen lassen.

Wo das restliche Holz verblieb, konnte nicht mehr geklärt werden. Jedoch wird damals manch einer in den lieben Anrainergemeinden beiderseits der Wertach seinen Holzvorrat ganz nett aufgestockt haben. Die Augsburger hatten aber jetzt ihre Nasen voll von der Holztrifterei und gaben diese im Jahre 1740 endgültig auf. Den Flößern wird´s recht gewesen sein.


Von Dr. Heinz Münzenrieder
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