menu

Aichacher Zeitung Logo20.000 Passanten weniger: Wie kann die Augsburger Innenstadt wieder attraktiver werden? | Aichacher Zeitung

Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung

20.000 Passanten weniger: Wie kann die Augsburger Innenstadt wieder attraktiver werden?

20 000 Menschen weniger als im Vorjahr haben 2018 die Augsburger Innenstadt besucht. Das hat die jährliche Passantenzählung der Stadt ergeben. Doch warum ist das so? Was macht die Innenstadt für Kunden attraktiv und was fehlt? In einem umfangreichen Bericht vor dem Wirtschaftsförderungsausschuss hat Diplom-Geograf Christian Hörmann die Ergebnisse der Zählung vorgestellt, in deren Rahmen Kunden auch über ihr Einkaufsverhalten befragt werden.

„Wir leben in einer Zeit des Umbruchs, von der man sicher später mal in Geschichtsbüchern lesen kann“, sagt Hörmann. Der Diplom-Geograf ist für das Unternehmen „Cima Beratung und Management“ tätig, mit dem die Stadt aktuell in Bezug auf die Entwicklung der Innenstadt zusammenarbeitet. Der aktuelle Wandel spiegle sich auch im Einkaufsverhalten der Menschen wieder. Während der Umsatz im Onlinehandel rasant ansteige, sei er im innenstadtrelevanten Bereich gesunken. „Die Folge sind Schließungen oder die Notwendigkeit, neue Konzepte zu entwickeln“, sagt Hörmann.

Um den Stadträten ein aktuelles Bild von der Situation in Augsburg zu vermitteln, stellt Hörmann zunächst die Ergebnisse der Passantenzählung vor. Gezählt wurde, wie schon in den Vorjahren, an drei Tagen im Frühjahr. 352 500 Menschen waren 2018 in diesem Zeitraum in der Innenstadt unterwegs, im Jahr 2017 waren es noch 373 300. Aus der Befragung der Passanten geht außerdem hervor, was sie in die Innenstadt geführt hat. 35 Prozent gaben an, dass Einkaufen für sie der Hauptgrund sei, nach Augsburg zu kommen.

Arbeit beziehungsweise Ausbildung als wesentlichen Grund für eine Fahrt in die Stadt nannten die Befragten am zweithäufigsten. Dann folgten Aussagen wie Stadtbummel, Freunde treffen, Restaurant- oder Arztbesuch. Gefragt wurden die Passanten außerdem, wie sie bestimmte Aspekte der Augsburger Innenstadt bewerten. Positiv empfanden die Befragten neben dem gastronomischen Angebot auch die Erreichbarkeit. Die meisten kommen mit dem ÖPNV in die Innenstadt, auf Platz zwei liegt das Auto. Das Fahrrad rangiert noch nach dem Fußverkehr auf Platz vier. Eigentlich hatte sich die Stadt zum Ziel gesetzt, bis 2020 Fahrradstadt zu werden.

Schlecht schnitt in der Befragung die Bewertung der Familienfreundlichkeit ab. „Wir haben aus der Umfrage mitgenommen, dass sich in der Hinsicht noch was tun muss“, sagt Wirtschaftsreferentin Eva Weber. Beispielsweise mehr Spielmöglichkeiten für Kinder in der Innenstadt zu schaffen. Sie weist allerdings darauf hin, dass es etwa bereits einige Wickel- und Stillräume gebe. Wo diese zu finden sind, können Interessierte im Internet unter augsburg-city.de nachlesen. „Handel und Stadt können hier noch zulegen“, sagt auch Hörmann.

Wie auch in anderen Bereichen. „Die Erwartungen der Kunden an eine Innenstadt haben sich verändert. Statt bedarfsorientiertem Einkaufen wollen sie nun erlebnisorientiertes Shopping.“ Konkret bedeute das für den Handel etwa, dass in den Läden selbst mehr Attraktionen und Kundenveranstaltungen geboten sein sollten, so Hörmann. Zudem erwarteten die Menschen heute im Geschäft nicht mehr nur einen Verkäufer, sondern vor allem einen Berater. „Da ist Fachwissen gefragt“, erklärt der Marketing-Experte.

Ein weiterer Aspekt, der immer entscheidender für die Einzelhändler werde, sei die Lage. Laut Hörmann werde sich der Einkauf immer weiter auf die Stadtzentren konzentrieren. Läden in schlechterer Lage hätten es hingegen immer schwerer. Das gelte auch für die Stadtteile. Das Gaswerkgelände in Oberhausen oder das Bauprojekt am Schlössle in Lechhausen nennt der Geograf etwa als gelungene Beispiele für Stadtteilzentren.

Wichtig für eine attraktive Innenstadt sei außerdem, welche Geschäfte und Formate überhaupt gut bei den Kunden ankämen. Internationale Unternehmen, wie etwa die dänische Einzelhandelskette Søstrene Grene, die seit Kurzem eine Filiale in der Annastraße hat, seien gefragt. Ebenso moderne Gastronomiekonzepte wie das Burger-Restaurant „Peter Pane“ im Helio Center am Hauptbahnhof. Eine große Rolle werden Hörmann zufolge in Zukunft auch Märkte spielen. Diese böten ein besonderes Erlebnis und häufig gingen die Kunden nach einem Besuch auf dem Markt auch in den ein oder anderen Laden, was auch den Einzelhändlern in der Innenstadt zugute käme.

Als entscheidend sieht Hörmann es weiter an, offen für neue Konzepte zu bleiben. Der aktuelle Probelauf etwa, Kunden ihre Einkäufe via Fahrradkurier nach Hause zu liefern (wir berichteten), sei eine gute Idee. „Bitte bleiben Sie dran, solche Formate auszuprobieren“, sagt er den Stadträten. Als guten Ansatz sieht Hörmann auch Konzepte wie Pop-up-Stores. Im Augsburger Konzept „Räumchen wechsel dich“ können sich lokale Start-Ups für wenige Wochen in guter Lage ausprobieren, gleichzeitig ist für die Kunden Abwechslung geboten.

Die Frequenzmessung soll künftig nicht mehr isoliert an drei Tagen im Jahr stattfinden. Wie Hörmann erklärt, könne es durchaus mal sein, dass die Zählung etwa durch schlechtes Wetter nicht aussagekräftig sei. In Zukunft soll es ein sogenanntes Dauermonitoring geben. Mit einem Lasergerät wird dann an verschiedenen Standorten dauerhaft gemessen.


Von Kristin Deibl
north