Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 03.04.2024 06:00

Wie die Energiewende in den Kommunen gelingt

<b>Gunnar Braun</b>, Geschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen, war einer von drei Referenten beim Sparkassen-Kommunal-Forum 2024. Rund 30 Vertreter aus Kommunen aus den Landkreisen Neuburg-Schrobenhausen und Aichach-Friedberg waren gekommen und holten sich Anregungen. (Foto: Thomas Winter)
Gunnar Braun, Geschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen, war einer von drei Referenten beim Sparkassen-Kommunal-Forum 2024. Rund 30 Vertreter aus Kommunen aus den Landkreisen Neuburg-Schrobenhausen und Aichach-Friedberg waren gekommen und holten sich Anregungen. (Foto: Thomas Winter)
Gunnar Braun, Geschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen, war einer von drei Referenten beim Sparkassen-Kommunal-Forum 2024. Rund 30 Vertreter aus Kommunen aus den Landkreisen Neuburg-Schrobenhausen und Aichach-Friedberg waren gekommen und holten sich Anregungen. (Foto: Thomas Winter)
Gunnar Braun, Geschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen, war einer von drei Referenten beim Sparkassen-Kommunal-Forum 2024. Rund 30 Vertreter aus Kommunen aus den Landkreisen Neuburg-Schrobenhausen und Aichach-Friedberg waren gekommen und holten sich Anregungen. (Foto: Thomas Winter)
Gunnar Braun, Geschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen, war einer von drei Referenten beim Sparkassen-Kommunal-Forum 2024. Rund 30 Vertreter aus Kommunen aus den Landkreisen Neuburg-Schrobenhausen und Aichach-Friedberg waren gekommen und holten sich Anregungen. (Foto: Thomas Winter)

Das wäre wohl die Idealvorstellung: Alle in einer Gemeinde – Hausbesitzer, Mieter, Firmen, Kommunalvertreter, Banken und Bauern – setzen sich an einen Tisch und überlegen: Wie können wir gemeinsam die Klimawende voranbringen? Welche Energiequellen lassen sich vor Ort erschließen: Windräder, PV-Freiflächenanlagen, Biogas oder Geothermie? Lässt sich diese Energie direkt nutzen? Gibt es die Möglichkeit einer Bürgerbeteiligung? Können Landwirte oder Firmen Abwärme für ein Nahwärmenetz liefern? Wer baut ein solches Wärmenetz aus? Begleitet wird der Prozess von einem Experten, der die Kommune berät, Fördergelder an Land zieht, Gespräche mit möglichen Partnern von außerhalb und den Akteuren vor Ort führt – und alle, wie man heute so schön sagt, mitnimmt. Eine schöne Vorstellung oder anders gesagt, fern der Realität, wenn man Bürgermeister und Bürgermeisterinnen in der Region fragt.

In der Tat fühlen sich viele Gemeindevertreter bei dem Thema getrieben, etwa, was die kommunale Wärmeplanung angeht. Beim Sparkassen-Kommunal-Forum 2024 kamen jüngst Bürgermeister, Geschäftsstellenleiter, Kämmerer, Vertreter der Landkreise und von Kommunalbetrieben aus den Kreisen Neuburg-Schrobenhausen und Aichach-Friedberg zusammen. Gunnar Braun, Geschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), ermutigte die rund 30 Anwesenden, die Energiezukunft in den Kommunen dennoch motiviert anzugehen. Bei seinem Vortrag schlug der Referent einen Bogen von der Weltpolitik zu den Problemen vor Ort.

Die Ereignisse der vergangenen Jahre, so Braun, hätten gezeigt, wie sehr Deutschland von anderen Staaten abhängig ist (Öl, Gas, Wasserstoff). Zudem sei es schwer, globale Versorgungswege zu sichern, siehe Sprengung der Northstream-Pipeline, der Unfall im Suezkanal und aktuell die Angriffe durch Huthi-Kämpfer auf Containerschiffe im Roten Meer. Ziel sei es deshalb, sich aus diesen Abhängigkeiten zu befreien.

Um souveräner zu werden, brauche es statt Verbrennungsmotoren elektrisch angetriebene, die mit grüner Energie laufen, ein besseres Pfandsystem, „weil es unsinnig ist, Glasprodukte zu zerdeppern, anstatt sie auszuwaschen”, mehr Ökolandbau, ein Tempolimit, Carsharing und eine energieeffizientere Technik. Das klang ganz nach grünem Wahlprogramm. Für Braun steht aber fest, wie er im Nachgang erklärte, dass sich all diese Forderungen eindeutig aus der Wissenschaft ableiten lassen. „Wenn ich die thermische Wärme aus dem Boden nutze, gewinne ich aus einer Kilowattstunde (kWh) Strom 35 kWh Wärme. Wandle ich hingegen zehn kWh Strom in Wasserstoff um, kommen am Ende nur sieben kWh Wärme raus”, rechnete der VKU-Geschäftsführer vor.

Auf dem Weg zu mehr Klimaneutralität gebe es mehrere Stellschrauben. In dem Zusammenhang brach Braun eine Lanze für die „im letzten Jahr zu Unrecht diffamierte” Wärmepumpe. Deren Wirkungsgrad sei durchaus ansehnlich, Wärmepumpen mit Sole oder Abwärme verbrauchten sogar noch weniger Strom.

Die eine Blaupause, die für jede Kommune anwendbar ist, wollte Braun aber nicht präsentieren. Zu unterschiedlich seien die Gemeinden und Städte in Bayern. Hier gebe es Unternehmen, die Abwärme liefern können, dort wehe der Wind stärker als anderswo, seien die Voraussetzungen für Geothermie günstiger etc. Braun schärfte den Kommunalvertretern ein, sie sollten sich genau überlegen, mit wem sie ihre Wärmeversorgung machen. Wer verstärkt auf Biomasse setze, müsse bedenken, dass Mais und andere Biogaspflanzen unter dem Einfluss des Klimawandels stünden. Stichwort: Dürre. Bei Energieträgern wie Holz gebe es eine wachsende Konkurrenzsituation. Bei Nahwärmenetzen, die von Landwirten unterhalten werden, hingegen bestünde die Gefahr, dass sie bei einer Hofaufgabe nicht weiterbetrieben werden. Das alles müsse mitbedacht werden.

Am Ende des Vortrags meldete sich Aichachs Bürgermeister Klaus Habermann (SPD) zu Wort. Er merkte an, das alles höre sich in der Theorie sinnvoll an, allein es hapere an der praktischen Umsetzung. Konkret berichtete er von zwei Landwirten im Stadtgebiet, „die bereit waren, Geld in die Hand zu nehmen, um Wärmenetze aufzubauen”. Gescheitert sei das Projekt jedoch an überbordender Bürokratie. Zudem, so Habermann, fehle es den Kommunen an der personellen Ausstattung. „Und zuletzt reichen für Investition dieser Art unsere finanziellen Reserven nicht aus”, zählte der Rathauschef auf.

„Man treibt uns in Themen rein”, so Habermann. Einerseits wollten Bürger wissen, wann sie einen Wärmenetzanschluss bekommen. „Auf der anderen Seite hat man als Kommune das Gefühl, allein gelassen zu werden.” Habermanns Fazit lautete deshalb: „Den großen Wurf sehe ich momentan nicht.”

Gunnar Braun betonte noch einmal, wegzukommen von laufenden Kosten für Gas oder Öl, hin zu einer nachhaltigen Investition in regenerative Strukturen, lohne sich in jedem Fall. Zudem rief er die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister auf, die Leute zu motivieren. „Sie müssen die Bürger mitnehmen”, lautete sein Schlussappell. Zugleich räumte er ein: Der Erfolg der Transformation stehe und falle mit dem Personal, das den Prozess begleite. Wo dieses Personal herkommen soll? Aus den eigenen Reihen, durch zusätzliche Qualifikationen, erläuterte Gunnar Braun im Gespräch mit unserer Zeitung.


Thomas Winter
Thomas Winter

stellv. Chefredakteur

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