Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung

Welche Auswirkungen hat der Stadtmauerfund nun auf den Zeitplan der Theatersanierung?

Die Stadt würde das gut erhaltene Fundament der Stadtmauer, das bei Ausgrabungen am Theater zum Vorschein gekommen war, gerne erhalten. Baureferent Gerd Merkle kündigte in der Sitzung des Stadtrats in der vergangenen Woche an, dass er dem Gremium einen entsprechenden Beschluss zur Abstimmung vorlegen wolle. 4,3 Millionen Euro würde die vom Baureferat bevorzugte Planungsvariante kosten.
Der Abbruch der Stadtmauer sei auf der Westseite so vollkommen, dass heute kaum noch jemand wisse, wo sie einst verlief, erklärte Stadtarchäologe Sebastian Gairhos den Stadträten. „Eigentlich ist nichts mehr da.” Das Fundament, das im Sommer am Stadttheater ausgegraben wurde, sei eines der letzten Relikte. „Und wir waren überrascht, wie gut es erhalten ist.” Im Gegensatz zu anderen Stadtmauerfundamenten, wie etwa am Lueginsland, könne man bei dem am Theater die verschiedenen Phasen der Geschichte nachvollziehen, betonte Gairhos, warum der Fund aus seiner Sicht erhaltenswert ist. „Aber mir ist natürlich klar, dass das Geld kostet.”

Wie viel Geld, berichtete Architekt Walter Achatz. Sein Büro habe in den vergangenen zwei Monaten vier Varianten ausgearbeitet, wie das Fundament in der nordwestlichen Ecke des Vorplatzes erhalten werden könnte. Sie liegen preislich zwischen 3,9 und 4,9 Millionen Euro. In allen vier Plänen müssten die Garderobe sowie der Sprinklertank des geplanten Orchesterprobengebäudes verlagert werden. Die Varianten 1 (4,9 Millionen Euro) und 3 (3,9 Millionen Euro) sehen vor, das Fundament zwar zu erhalten, es wäre jedoch wieder im Erdboden verschwunden. In den Varianten 2 und 4 (jeweils 4,3 Millionen Euro) wäre eine Besichtigung von außen möglich. Planungsvorschlag 2 hat allerdings mehr Nachteile. Der gravierendste sei, laut Achatz, „die zeitliche Abhängigkeit von der Errichtung der Baugrubenumschließung” für das neue Gebäude.

Wie Baureferent Merkle ankündigte, wolle sich die Stadt in ihrer Beschlussvorlage für die vierte Variante aussprechen. Wenn man die Kosten auf sich nehme, solle man sich für eine Lösung entscheiden, bei der das Fundament auch sichtbar sei, begründet Merkle den Vorschlag.

In der Diskussion der Stadtratsmitglieder allerdings spielten weniger die vorgestellten Varianten eine Rolle als vielmehr die Frage, ob das Fundament überhaupt für mehrere Millionen Euro erhalten werden soll. Ja, sagte etwa Rolf von Hohenhau (CSU), „das sind wir unserer Geschichte schuldig”. Allerdings sei seine Sorge, dass die Reserve, die die Stadt für das Theater gebildet hat, dafür verwendet wird. Lieber solle man den Erhalt der Mauer als eigenes Projekt ansehen, das von der Theatersanierung unabhängig ist.

Nein, meinte hingegen Peter Schwab (CSU). „Der normale Bürger erkennt die Wertigkeit dieses Stadtmauerteils im Vergleich zu anderen Fundamenten nicht. Das ist, als würde ein Laie in einen Teich schauen und darin einen fetten Goldfisch sehen. Nur der Fachmann weiß, dass es sich eigentlich um einen 5000 Euro teuren Koi handelt.” Man solle nicht Geld in den Erhalt stecken, während an anderer Stelle die Stadtmauer sanierungsbedürftig sei. Christian Moravcik (Grüne) hätte vor einer Entscheidung im Stadtrat ebenfalls gerne eine Übersicht über die Sanierungsmöglichkeiten, die die Stadt für 4,3 Millionen an den Fundamenten am Lueginsland und am Roten-Tor-Wall hätte.

Besorgt zeigten sich die Stadträte auch ob der Frage, welche Auswirkungen der Fund auf den Zeitplan der Theatersanierung haben könnte. Architekt Achatz zufolge sei mit einer Verzögerung von etwa sechs Monaten zu rechnen, sollte der Stadtrat sich noch im kommenden Monat für den Erhalt des Mauerfundaments aussprechen. Immer wieder wurde zudem die Frage laut, ob die Stadt die Kosten für den Erhalt allein tragen müsste oder Anspruch auf Fördergelder hat. Die Stadt stehe deshalb im Gespräch mit der Regierung von Schwaben, berichtete Finanzreferentin Eva Weber. „Es wird aber erst eine Beurteilung geben, wenn der Stadtrat entschieden hat, die Fundamente zu erhalten”, erklärte Weber, warum es sich um eine „Henne-Ei-Geschichte” handle. Auch das Landesamt für Denkmalpflege hätte sich an den Kosten beteiligen können. Allerdings, so erklärte Sebastian Sommer, stellvertretender Generalkonservator des Amtes, habe seine Behörde bereits vor der Grabung entscheiden müssen, ob sie wertvolle Funde vermute und dementsprechend eine Forderung nach deren Erhalt ausspreche.

Das Landesamt habe nicht mit so gut erhaltenen Fundamenten gerechnet. Nun sei es zu spät. „Die Zerstörung des Denkmals hat mit der Grabung begonnen. Was jetzt noch übrig ist, ist nur ein Gerippe ohne Haut und Fleisch.” Dennoch wolle er ein „dringendes Plädoyer” an die Stadt richten, die Stadtmauer zu bewahren, sagte Sommer.

Die Mauerreste wurden nun vorerst wieder mit Erde bedeckt, damit ihnen nichts passiert. Ob es dabei bleibt, wird der Stadtrat voraussichtlich im November entscheiden.


Von Kristin Deibl
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