Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 23.02.2022 17:04

Stadt führt Beteiligungskonzept für Jugendliche ein

Erstmals 2008 hatte der Stadtjugendring der Stadtspitze ein Konzept für „Jugendpartizipation in Augsburg” vorgelegt. „Wir freuen uns sehr, dass unsere Idee, die wir der Stadtspitze vor 14 Jahren vorgeschlagen und seitdem mit Nachdruck verfolgt haben, endlich fruchtet”, sagte deshalb SJR-Vorsitzender Jonas Riegel. „Wir stehen in den Startlöchern, jetzt kann die eigentliche Partizipationsarbeit endlich beginnen.”

2010 stand laut Stadt zunächst kein Geld für das Konzept, für das auch Personal eingestellt werden muss, zur Verfügung. Wieder aufgenommen wurde der Prozess allerdings 2014, denn an einer Bürgerbeteiligung zur Stadtentwicklung beteiligten sich damals deutlich zu wenige junge Menschen. So wurde die Verwaltung 2018 beauftragt, in Abstimmung mit dem SJR ein Konzept zu erarbeiten. „Nach jahrelanger kontroverser Diskussion ist auf der Grundlage der Rahmenkonzeption Ende 2020 eine konstruktive Debatte und Zusammenarbeit zwischen der Verwaltung, den freien Trägern der Jugendhilfe und den Schulen entstanden”, heißt es nun in der Beschlussvorlage des Sozialreferats.

Kommunen haben den Auftrag, gute Rahmenbedingungen für die junge Generation zu schaffen und sie an Entscheidungen, die ihr Lebensumfeld betreffen, zu beteiligen. Partizipation soll aber auch das Demokratieverständnis fördern, Erfahrung beim Aushandeln von kompromissfähigen Lösungen vermitteln und der Jugend zeigen, dass es möglich ist, auf die Gestaltung der Kommune Einfluss zu nehmen. Denn die Sinus-Jugendstudie aus dem Jahr 2020, in Auftrag gegeben unter anderem von der Bundeszentrale für politische Bildung, zeigte: „Die größte Barriere für politisches Engagement ist die wahrgenommene Einflusslosigkeit der Jugendlichen.”

Das Augsburger Konzept setzt sich nun zum Ziel, Strukturen zu schaffen, die leicht erkennbar und allen Jugendlichen zugänglich sind. Als Zielgruppe hat sich die Stadt zunächst die Zwölf- bis 20-Jährigen genommen.

Dabei soll für jede der Augsburger „Sozialregionen” (Nord, West, Mitte, Ost und Süd) eine Beteiligungsstruktur aufgebaut werden. Die Jugendlichen können so Ideen zur Entwicklung ihrer Stadtteile einbringen. Für Themen, die die gesamte Stadt betreffen, wird ein „Jugendforum” eingerichtet. Junge Menschen können aus den Sozialregionen dorthin entsandt werden. In Form von Anträgen werden die Anliegen der jungen Menschen dann an die Stadtverwaltung, Jugendbeauftragte des Stadtrats oder entsprechende Ausschüsse weitergeleitet.

Im Jugendhilfeausschuss sollen Jugendliche ihre Anliegen persönlich vortragen können. Als dritte Mitwirkungsmöglichkeit wird außerdem eine projektbezogene Ebene eingerichtet - dadurch soll die Verwaltung auch bei konkreten Projekten auf die Sichtweise der Kinder und Jugendlichen eingehen.

Damit die jungen Augsburger das Angebot auch wahrnehmen, sollen sie unter anderem durch sogenannte „Beteiligungsmanager” oder die zuständigen Mitglieder des Stadtrats begleitet werden. In vier Jahren soll das Konzept dann noch einmal evaluiert und auch auf die Altersgruppe der Sechs- bis Elfjährigen ausgeweitet werden.

Die Pandemie habe noch einmal verdeutlich, wie wenig Mitsprache und Berücksichtigung die Jugend in der Politik findet, betonte die Koalition aus CSU und Grünen. Es brauche Beteiligung von Beginn an und „nicht erst, wenn wichtige Entscheidungen gefallen sind”. „Denn besonders auf kommunaler Ebene entscheidet sich, ob junge Leute den Eindruck haben: Diese Gesellschaft interessiert sich für mich und lässt mich auch mitbestimmen”, sagte Leo Dietz, Fraktionsvorsitzender der CSU. Schließlich beträfen die Entscheidungen, die der Stadtrat trifft, ganz besonders die jungen Leute.

„Uns ist die derzeitige Belastung für Jugendliche in der Pandemie durchaus bewusst und wir wissen aus aktuellen Studien, dass eine Mehrheit sich wünscht, gehört und an politischen und gesellschaftlichen Gestaltungsprozessen beteiligt zu werden”, so Sabrina Koch, jugendpolitische Sprecherin der Grünen.

Der Augsburger Stadtjugendring, der an der Entwicklung des Konzepts stark beteiligt war, kritisierte vor allem, dass es so lange dauerte, bis dieses nun endlich umgesetzt wird. „Auch, wenn Augsburg meist seiner Zeit voraus ist und eine Vorreiter-Rolle innehat, ist man beim Thema Jugendpartizipation doch etwas hinten dran” sagte SJR-Geschäftsführer Helmut Jesske. „Immerhin haben andere Städte und Kommunen schon viel früher ein solches Konzept eingeführt.” Auch höhere Zuschüsse würde sich der Stadtjugendring noch wünschen. So gebe es ein vergleichbares Modell in Nürnberg bereits seit 2011 und dieses erhalte jährlich einen Zuschuss von über 1,5 Millionen Euro. In Augsburg als „der drittgrößten Stadt Bayerns”, wie der SJR betont, plant man momentan mit rund 600 000 Euro pro Jahr. Starten soll das Augsburger Projekt im Jahr 2023. Bei Jugendpartizipation ist Augsburg „doch etwas hinten dran”


Von Laura Türk
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