Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung

Verkaufsoffene Sonntage: Richterliche Watschn für Augsburg

Im Mai hat der Verwaltungsgerichtshof München die beiden verkaufsoffenen Sonntage in Augsburg gekippt. Seither wurde mit Spannung auf die Begründung des Gerichts gewartet - hängt von ihr doch das weitere Vorgehen der Stadt ab. Nun ist sie da - und fällt für die Stadt ernüchternd aus.
„Die Stadt Augsburg hat ihre Hausaufgaben nicht gemacht”, spottet die „Allianz für den freien Sonntag”. Das Bündnis aus Vertretern von Verdi und der Katholischen Arbeitnehmerbewegung hat gut lachen, hat es doch mit seiner Klage gegen die verkaufsoffenen Sonntage in Augsburg Erfolg gehabt. Warum es nun nachlegt: Die Begründung des Urteils ist publik - und die Stadt kommt dabei nicht gut weg.
Mit seinem Urteil hat der Verwaltungsgerichtshof die Verordnungen der Stadt, die die beiden jährlichen Marktsonntage bis 2021 genehmigt hatte, für rechtswidrig erklärt. „Besonders interessant” ist laut Erwin Helmer, Diözesanpräses der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung, „dass das Gericht eine explizite Aussage dazu getroffen hat, dass die City-Galerie in jedem Fall von einer sonntäglichen Verkaufsöffnung auszuschließen ist”.

Auch das ist Teil der nun vorliegenden Begründung. Helmer zufolge werde darin deutlich, „dass das Gericht der Stadt Augsburg den Vorwurf macht, keine hinreichende Begründung für die Ladenöffnung an den betreffenden Sonntagen vorgelegt zu haben”. Es fehlen „belastbare, einem Nachvollzug zugängliche Angaben jedweder Art dazu, dass diesen Veranstaltungen eine derart starke Prägekraft für das Geschehen im öffentlichen Raum an den betroffenen Sonntagen zukommt, dass die Auswirkungen der gleichzeitigen Ladenöffnung demgegenüber als bloßes Anhängsel erscheinen”, formuliert das Gericht.
Sprich: Das Gericht gelangt zu dem Schluss, dass nicht etwa die Veranstaltungen Turamichele und Europasonntag es sind, die Besucher in die Stadt ziehen, sondern die gleichzeitig offenen Geschäfte. Eigentlich müsse es umgekehrt sein, um die verkaufsoffenen Sonntage zu rechtfertigen.

Besonders für das traditionsreiche Turamichele, mit dem Ende September der Erzengel Michael auf dem Rathausplatz mit einem Kinderfest gefeiert wird, kommt das einer gerichtlichen Ohrfeige gleich. Doch das ist noch das geringste Problem der Urteilsbegründung für die Stadt. Ihre Hoffnungen ruhten darauf, dass schlicht das Gebiet, auf dem Läden geöffnet sind, zu groß sei. Das hätte Spielraum gegeben, an verkaufsoffenen Sonntagen die Anzahl der Geschäfte einzuschränken.

Ein Hauch von Resignation schwingt in der Stimme von Heinz Stinglwagner mit. Er ist Chef der Augsburger City Initiative, die Marktsonntage und Turamichele veranstaltet. „Ich konnte das Urteil nicht nachvollziehen und ich kann die Begründung nicht nachvollziehen”, klagt er am Telefon. Es sei schier unmöglich, die Leute zu differenzieren - wer kommt des Turamicheles, wer des Einkaufs wegen - oder besucht jemand gar wegen beidem die Innenstadt?
Er habe sich erhofft, „dass man aus der Begründung etwas rauslesen kann. Wie man es richtig macht.” Schwammig nennt er die Ausführungen des Gerichts, „das hilft absolut nicht weiter”. Er kritisiert, dass es generell keine einheitliche Linie gebe. Um Augsburg herum dürften, und das findet Stinglwagner ja auch gut so, schließlich weiterhin Läden Sonntags öffnen.

Und überhaupt, wenn das in Augsburg sehr geschätzte Turamichele schon nicht als Grund dafür taugt, „was müsste denn da in Augsburg veranstaltet werden?”, fragt er eigentlich rhetorisch und schiebt doch eine Antwort hinterher: „Da fallen mir jetzt nur die Sommernächte ein.” Und das sei nicht miteinander vereinbar.
Auf die Frage, ob das Urteil nun endgültig sei, löst sich bei Stinglwagner jegliche Resignation. „Nein, überhaupt nicht”, entgegnet er. Die Stadt, die noch nicht zu der Begründung Stellung beziehen wollte, und Vertreter des Handels müssten sich nun überlegen, wie sie vorgehen werden, um doch noch verkaufsoffene Sonntage anzubieten. Revision gegen das Urteil einlegen, ist allerdings nicht zugelassen. Die Stadt könnte aber Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht einlegen.

Gute Nachrichten gibt es immerhin in Sachen Turamichele, das der Einzelhandel mitfinanziert. „Das ziehen wir dieses Jahr auf jeden Fall durch.”


David Libossek
David Libossek

Sportredakteur

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