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Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 17.07.2023 12:28

Suchttherapeut der Caritas empfiehlt KLAR-Regeln: Konsequenz, Loslassen, Abgrenzen, Reden

Caritas-Suchttherapeut Peter Kling empfiehlt für Angehörige von Suchtkranken die KLAR-Regeln. (Foto: Caritas Augsburg / Bernhard Gattner. )
Caritas-Suchttherapeut Peter Kling empfiehlt für Angehörige von Suchtkranken die KLAR-Regeln. (Foto: Caritas Augsburg / Bernhard Gattner. )
Caritas-Suchttherapeut Peter Kling empfiehlt für Angehörige von Suchtkranken die KLAR-Regeln. (Foto: Caritas Augsburg / Bernhard Gattner. )
Caritas-Suchttherapeut Peter Kling empfiehlt für Angehörige von Suchtkranken die KLAR-Regeln. (Foto: Caritas Augsburg / Bernhard Gattner. )
Caritas-Suchttherapeut Peter Kling empfiehlt für Angehörige von Suchtkranken die KLAR-Regeln. (Foto: Caritas Augsburg / Bernhard Gattner. )

„Co-Abhängigkeit“ ist ein Begriff, den Peter Kling vermeidet. „Er stigmatisiert die Angehörigen von suchtkranken Menschen in gewisser Weise“, sagt der Sozialpädagoge und Suchttherapeut. Dabei koste das Leben mit einem Suchtkranken an sich schon viel Kraft. „Dazu kommt ein Gefühl der Scham, der Mitverantwortung, oft auch soziale Isolation, weil eine Sucht für alle, den Betroffenen und sein näheres Umfeld, ein Stigma mit sich bringt“, so Peter Kling.

Meist suchen Angehörige, in der Regel die Partner, Verwandte, aber auch Freunde oder Kollegen, erst dann Rat, „wenn die Verzweiflung schon sehr groß ist und sie das Gefühl haben, selbst nicht mehr zu können“, betont Peter Kling. Hier biete die Suchtfachambulanz Augsburg des Diözesancaritasverbandes einen niedrigschwelligen Zugang: Auch Angehörige können sich dort Hilfe holen und Einzelgespräche, aber auch Paar- und Familientermine in Anspruch nehmen. Die Beratung sei kostenfrei und unterliege der Schweigepflicht: „Angehörige sollen einen geschützten Rahmen haben, in dem sie sich öffnen können“, erläutert Peter Kling.

Obwohl eine Suchterkrankung meist ein ganzes Netz an Menschen trifft, sei die Angehörigenarbeit im Hilfesystem unterrepräsentiert. „Dabei ist sie ganz wichtig“, so der Suchttherapeut. Denn aus dem nachvollziehbaren Wunsch, der Partnerin, dem Partner, Freund oder Freundin zu helfen, könne sich ein ungesunder Kreislauf entwickeln. „Da entwickelt sich häufig ein Prozess, der an den Kräften aller Beteiligten zehrt, das Suchtverhalten jedoch nicht vermindert, sondern eher verstärkt – denn auch der Süchtige leidet unter der Situation und für ihn ist fatalerweise das Suchtmittel die Lösung.“

In der Arbeit mit Angehörigen kennen die Fachleute drei Phasen: Eine Beschützer- und Erklärungsphase zu Beginn, in der die Angehörigen den Süchtigen beispielsweise beim Arbeitgeber decken, Entschuldigungen für das Verhalten suchen und mehr und mehr Verantwortung übernehmen. Danach folgt in der Regel die sogenannte „Kontrollphase“, Bedingungen werden aufgestellt, die der Suchtkranke oft nicht einhalten kann. „Bei den Angehörigen wächst der Vertrauensverlust, der Süchtige selbst fühlt sich entmündigt.“ Die meisten Ratsuchenden kämen jedoch erst in der dritten und letzten Phase zur Suchtfachambulanz, so Kling. „Die Anklagephase ist oftmals der Kipppunkt: Es stehen Dinge wie Scheidung, Trennung oder auch die Drohung mit einer Zwangseinweisung im Raum.“

„Loslassen heißt, dem Suchtkranken die Verantwortung für sein Handeln zurückgeben”

An diesem Punkt sei es wichtig, „dass Angehörige wirklich auch nur mit den Konsequenzen drohen, zu denen sie auch bereit sind“, sagt der Suchttherapeut. In den Beratungsgesprächen wird gemeinsam versucht, „die Verstrickungen, in die sie geraten sind, zu lösen.“ Eine gute Orientierung bieten hier nach Peter Kling die KLAR-Regeln: Konsequenz, Loslassen, Abgrenzen, Reden. Loslassen bedeute dabei nicht, den Suchtkranken im Stich zu lassen, sondern man gebe diesem wieder die Verantwortung für sein Handeln zurück. „Denn eines müssen sich Angehörige deutlich vor Augen führen: Man kann nicht regeln, was nur der suchtkranke Mensch selbst entscheiden kann – ob er aus der Sucht raus will oder nicht“, so Kling, „alles andere verlängert nur den Prozess.“ Die Berater bei der Suchtfachambulanz verstehen sich hier auch als Vermittler, die dazu beitragen, dass die Angehörigen und der Suchtkranke „wieder zu einer gemeinsamen Sprache finden.“

Die Suchtfachambulanz der Caritas berät Menschen mit Fragen im Zusammenhang von Alkohol, Medikamenten, Essstörungen und problematischen Verhaltensgewohnheiten, beispielsweise Glücksspiel oder Mediensucht. Von illegalen Drogen Abhängige und deren Angehörige finden Unterstützung bei der Drogenhilfe Schwaben.

Neben den Beratungsgesprächen bietet die Suchtfachambulanz auch ein eintägiges Seminar unter dem Namen „Mobile“ an, das nächste findet im Herbst statt. Informationen und Anmeldemöglichkeiten gibt es unter Telefon 0821/315 64 32 oder per E-Mail an suchtfachambulanz.augsburg@caritas-augsburg.de.

Ein besonderes Angebot für die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen aus suchtbelasteten Familien des Diözesancaritasverbandes ist „Kiasu“. Weitere Informationen dazu gibt es unter caritas-augsburg.de/kiasu.


Von Bernhard Gattner
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