Es geht darum, dass nicht nur über Jugendliche gesprochen wird, sondern dass sie für sich selbst sprechen. Darum, dass nicht nur über Jugendliche entschieden wird, sondern dass sie selbst (mit-)entscheiden. Darum, dass Jugendliche in der Politik nicht nur von anderen, Erwachsenen, repräsentiert werden, sondern das selbst tun. Diese verantwortungsvolle, wichtige und spannende Aufgabe übernehmen seit diesem Jahr Ann-Sophie Werner (16) von der Mittelschule Aindling, Julia Siebeneicher und Sebastian Limbrunner (beide 14 und von der Realschule Mering) zusammen mit ihre Kolleginnen und Kollegen im Jugendkreistag des Landkreises Aichach-Friedberg.
Die drei dürfen sich dabei durchaus als Pioniere fühlen: In ganze Schwaben ist das der erste Jugendkreistag, und die drei sind zu seinen Sprecherinnen und zum Sprecher gewählt worden. Nachdem das neue Gremium zweimal getagt und es auch schon Treffen von Arbeitsgruppen gegeben hat, stellten sie sich nun der Öffentlichkeit vor.
Alle drei haben schon Erfahrungen als Klassen- oder Schulsprecherinnen gesammelt und sprechen sehr reif und selbstbewusst über ihre Motivation und ihre Ziele. Ann-Sophie Werner etwa betont, dass Jugendliche sich in die Situation und Anliegen ihrer Altersgenossen besser hineinversetzen könnten, Julia Siebeneicher findet es interessant, schon in einem jungen Alter Politik machen zu können, und ist dafür dankbar, denn das sei keine Selbstverständlichkeit; und Sebastian Limbrunner wollte „einfach ein bisschen etwas tun“ und präzisiert das dann gleich: bessere Jugendtreffs und den öffentlichen Personennahverkehr hat er unter anderem auf seiner Agenda.
Wobei alle Mitglieder des Jugendkreistags bei solchen Themen auch schon gelernt haben, dass bei weitem nicht alles geht, etwa bei dem höchst komplizierten und kostspieligen Thema ÖPNV. Was geht und was wohl eher nicht, was realistisch ist und was nicht, muss man erst lernen, und dabei haben die jungen Politikerinnen und Politiker Götz Gölitz und Matthias Matuschka geholfen. Sie arbeiten im Bildungsbüro beziehungsweise der kommunalen Jugendarbeit, und die Demokratiebildung ist ein wichtiges Projekt der beiden (wir berichteten mehrfach). Dazu gehört auch der Jugendkreistag, dessen Entstehen sie von Anfang begleitet haben und der Landrat Dr. Klaus Metzger sehr wichtig ist.
Die Möglichkeiten und Grenzen der eigenen Arbeit kennenzulernen, war wichtig, weil nur so etwas erreicht werden kann. Wobei sich die Arbeit des Jugendkreistag in vielem nicht grundsätzlich von der des Kreistags unterscheidet: Es gibt regelmäßige Sitzungen (vier im Jahr wollen die Sprecherinnen anstreben), eine Sitzungsleitung, die der Landrat inne hat, der Jugendkreistag hat das Recht, sich im Kreistag und dessen Ausschüssen zu äußern, und er hat – sehr wichtig – ein eigenes Budget (5000 Euro im Jahr), mit dem hausgehaltet werden muss. Ab der nächsten sind die Sitzungen auch öffentlich.
Die ersten Treffen bewerten alle drei als gut, man hat auch schon konkrete Projekte. Weil Umwelt- und Klimaschutz ein Schwerpunkt der Arbeit sein soll, wird der Jugendkreistag auf einer Fläche des Kreisguts noch im November 150 Bäume pflanzen. Das soll aber, wie Julia Siebeneicher betont, kein Einzelprojekt bleiben. Ein Konzert ist geplant, und die Öffentlichkeitsarbeit sei sehr wichtig, berichten die Jung-Politikerinnen. „Wir müssen uns bekannt machen“, begründet das Sebastian Limbrunner, gleichzeitig hat der Jugendkreistag besonders gute Voraussetzungen, seine Arbeit denen zu vermitteln, die sie angeht: Da grundsätzlich alle Schulen und Schularten vertreten sind oder vertreten sein können, erreichen die Mitglieder über die Klassensprecherversammlungen theoretisch alle Schülerinnen und Schüler.
Landrat Metzger findet bei dem Sprecherteam „Klarheit und Klugheit in jungen Jahren“ und ist mit der bisherigen Entwicklung eines seiner Herzensprojekte sehr zufrieden, auch wenn es sich, wie vieles, durch Corona verzögert hat.
Den drei jungen Repräsentanten der Landkreisjungend ist dabei durchaus bewusst, dass sie eine wichtige Aufgabe in einer Gesellschaft haben, in der durch die demographische Entwicklung immer mehr „Alte“ über die Zukunft der „Jungen“ entscheiden. Und das erste Pressegespräch von Ann-Sophie Werner, Julia Siebeneicher und Sebastian Limbrunner war praktisch auch ein unausgesprochenes Plädoyer für die allgemeine Absenkung des Wahlalters.