Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 04.01.2023 14:07
<b>Im vergangenen Sommer</b> wurde Wasser aus dem Auensee über eine Leitung in die Friedberger Ach eingeleitet, die so wenig Wasser führte, dass die Fische dort verendeten. (Foto: Reinhard Gürtner)
Im vergangenen Sommer wurde Wasser aus dem Auensee über eine Leitung in die Friedberger Ach eingeleitet, die so wenig Wasser führte, dass die Fische dort verendeten. (Foto: Reinhard Gürtner)
Im vergangenen Sommer wurde Wasser aus dem Auensee über eine Leitung in die Friedberger Ach eingeleitet, die so wenig Wasser führte, dass die Fische dort verendeten. (Foto: Reinhard Gürtner)
Im vergangenen Sommer wurde Wasser aus dem Auensee über eine Leitung in die Friedberger Ach eingeleitet, die so wenig Wasser führte, dass die Fische dort verendeten. (Foto: Reinhard Gürtner)
Im vergangenen Sommer wurde Wasser aus dem Auensee über eine Leitung in die Friedberger Ach eingeleitet, die so wenig Wasser führte, dass die Fische dort verendeten. (Foto: Reinhard Gürtner)

Um zu verhindern, dass sogenannte poly- und perfluorierte Chemikalien (PFC) in die Friedberger Ach gelangen, hat der Bund Maßnahmen ergriffen. Eine 16▎000 Quadratmeter große Plane deckt einen großen Bereich des stillgelegten Fliegerhorsts bei Penzing im Landkreis Landsberg ab. Seit Jahren ist bekannt, dass in dem über 100 Kilometer lange Gewässer, das durch vier Landkreise fließt, nicht nur Fische schwimmen. Die Chemikalien, allen voran die Perfluoroktansulfonsäure (PFOS) überschreiten überall im Fluss den Schwellenwert von 0,65 Nanogramm pro Liter, den die Europäische Union in der sogenannten Umweltqualitätsnorm festgelegt hat, um ein Vielfaches. Ebenso bekannt ist, dass die Quelle des Chemikalieneintrags in Penzing liegt. Dort liegt der Wert bei bis zu 300 Nanogramm, flussabwärts nimmt er ab.

PFOS steht unter dem Verdacht, krebserregend zu sein. Der Stoff stammt aus Löschschäumen, die über Jahrzehnte bei Übungen auf dem Militärflugplatz zum Einsatz kamen. Ein regelrechter Skandal in den frühen 2000er-Jahren im US-Bundesstaat West Virginia, der inzwischen verfilmt wurde, geht auf PFC zurück, die der amerikanische Chemiegigant Dupont etwa in Pfannenbeschichtungen verwendet hat. Entwickelt wurden die ersten PFC von der Minnesota Mining and Manufacturing Company, heute besser bekannt unter dem Namen 3M. Die Besonderheit: Moleküle von Stoffen aus der Gruppe der PFC sind langkettig und kommen in der Natur nicht vor. Abgebaut werden sie nicht. Das Magazin Spektrum kommt in einem Beitrag daher zu dem Schluss, dass jedes PFC-Molekül, das jemals produziert wurde, noch auf der Erde ist. Seit 2020 ist zumindest ein Stoff aus der Gruppe verboten: PFOA. Für PFOS gibt es Schwellen- und Höchstwerte. In der Friedberger Ach liegt der Höchstwert bei 36 Mikrogramm und wird weit unterschritten. Dennoch sehen besonders Naturschutzorganisationen in den überschrittenen Schwellenwerten eine Umweltkatastrophe.

Auf dem Fliegerhorst liegt jetzt eine Plane

Seit Jahren fordern etwa der Bund Naturschutz und seine Kreisgruppen in Aichach-Friedberg und Neuburg-Schrobenhausen den Bund auf, den Eintrag der Chemikalien in Penzing zu unterbinden – und das ein für alle Mal. Die Mühlen aber mahlen langsam. Besonders Deutschland ist bekannt für langwierige Genehmigungs- und Planungsverfahren. In einem Zeitraum von Mai bis Oktober 2022 hat die für den Fliegerhorst zuständige Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) nun zumindest eine wasserundurchlässige Plane ausgelegt. Mehr ist es nicht, was derzeit zumindest verhindern soll, dass Regenwasser die im Boden befindliche PFOS weiter ins Grundwasser und damit in Richtung der Quellen der Ach wäscht. Die Bima plant allerdings eine Sanierung des Fliegerhorstes, wie ein Sprecher auf Nachfrage bestätigt. Das wird aber dauern.

"Die Bima verfolgt die Altlastenbearbeitung am ehemaligen Militärflugplatz Penzing weiterhin mit hoher Arbeitsintensität", heißt es dazu aus Bonn. Die Behörde stehe diesbezüglich im intensiven Austausch mit den zuständigen Behörden. Über die genauen Arbeiten im Hinblick auf die Sanierung entscheidet das Landratsamt in Landsberg als verantwortliche Bodenschutzbehörde. Vorher aber sollen Untersuchungen und Versuche erfolgen. Die laufen derzeit. Noch ist nicht genau erforscht, über welche Wege sich die Schadstoffe ausbreiten. Ein Tracerversuch im Anschluss an diverse Bohrungen soll Aufschluss geben. Der Versuch wird derzeit geplant und soll irgendwann ausgeschrieben werden. Einen Zeitplan nennt der Bima-Sprecher nicht.

Ungeachtet der Frage, wann mit der Sanierung in Penzing begonnen wird, ist klar, dass die Chemikalien wohl noch über Jahrzehnte in der Ach und vor allem den dort lebenden Fischen nachweisbar bleiben wird. Für Fisch aus dem Gewässer gilt weiterhin eine Verzehrwarnung. Das Landratsamt Neuburg-Schrobenhausen etwa hält den Verzehr von einem Kilogramm Aal pro Kopf und Jahr für vertretbar. Der Aal gilt als Hauptindikator für die Belastung, weil er in der Regel nicht besetz wird und somit möglicherweise sein ganzes Leben in der Ach verbringt, ehe er gefangen wird. Zudem lebt er am Boden im Sediment. Dort reichert sich auch der Schadstoff PFOS an, den der Aal über seine Nahrung aufnimmt.

Wie gefährlich PFOS derweil tatsächlich ist, weiß keiner so genau. Dass es nicht in die Ach gehört, darüber herrscht Einigkeit. Unterschiedliche Studien haben zudem gezeigt, dass unter Umständen und bei verschiedenen Tieren Fortpflanzungsstörungen oder Krebserkrankungen auftauchen, wenn sie gewissen PFC ausgesetzt waren.

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