Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 20.12.2021 17:37

Diskussion um Stellplätze

Das Klimacamp sprach gar von einem „einseitigen Radentscheid-Vertragsbruch der CSU”, nachdem die Stellplatzsatzung im Bauausschuss noch mit einer knappen Mehrheit von acht gegen sechs Stimmen beschlossen wurde. Die Grünen hatten gegen den Entwurf gestimmt, denn sie sahen in diesem laut der Fraktionsvorsitzenden Verena von Mutius-Bartholy „wichtige Punkte des Vertrags nicht voll umgesetzt”.

Die Beschlussvorlage sieht vor, dass die vorgeschriebene Anzahl an Parkplätzen für Mehrfamilienhäuser bei Neubauten von 1,1 auf einen Platz pro Wohnung gesenkt wird. Auswirkungen wird das also vor allem bei größeren Anlagen mit mehreren Wohneinheiten haben. Allerdings erhalten Bauherren größerer Mehrfamilienhäuser mit mindestens zehn Wohnungen auch die Möglichkeit, noch weniger Garagen oder Tiefgaragenstellplätze zu bauen - wenn das Gebäude unter anderem gut an den ÖPNV angeschlossen ist und etwa Supermärkte und Ärzte in der Nähe zur Verfügung stehen. Dann sind auch nur 0,8 Stellplätze pro Wohnung möglich. Auf 0,5 Plätze kann reduziert werden, wenn es „weitere Kompensationsmaßnahmen” wie Carsharing gibt.

Gleichzeitig sollen die Vorgaben für die Schaffung von Fahrradstellplätzen verschärft werden. Je 25 Quadratmeter Wohnfläche soll es künftig verpflichtend einen Radstellplatz geben, ebenso pro 60 Quadratmeter Verkaufsfläche. Für jede Schulklasse sollen künftig mindestens 15 Abstellplätze für Fahrräder zur Verfügung stehen.

Die Grüne Stadtratsfraktion sprach von „vielversprechenden Änderungen”. Allerdings seien diese nicht mit den Vertragspartnern des Radbegehrens abgestimmt worden und wichtige Punkte des Vertrags seien nicht umgesetzt. So sehe der Vertrag eine Anpassung des Stellplatzschlüssels auch für Versammlungsstätten, Großraumbüros, Schulen und Kitas vor. Eine Reduzierung der Autostellplätze sei in der Beschlussvorlage allerdings nur bei Wohnungen vorgesehen. Auch die Zahl der Fahrrad- und Lastenrad-Stellplätze sei teilweise zu niedrig angesetzt.

„Die Anpassung bei Wohngebäuden spiegelt den fortschrittlichen Geist des Fahrradvertrags wider”, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Deniz Anan. Gleichzeitig sei es „weltfremd” davon auszugehen, dass für eine kleine Kita ein bis zwei Stellplätze für Lastenräder oder Fahrradanhänger ausreichen, oder dass nur jeder zehnte Auszubildende mit dem Fahrrad die Ausbildungsstätte aufsucht. Die Grünen stimmten deshalb gegen den Beschluss.

Das Klimacamp sprach von einem Vertragsbruch vonseiten der CSU und deren Baureferent Gerd Merkle. Die „Fridays for Future”-Bewegung war einer der Initiatoren des Radentscheids. Die Klimaschützer kritisierten unter anderem die fehlende Kommunikation mit den Initiatoren des Radentscheids. „Die Augsburger CSU wirft uns immer wieder vor, nicht gesprächsbereit zu sein”, sagte die 19-jährige Charlotte Lautner. „Aber die CSU übt selbst eine Politik des Schweigens.” Die neue Stellplatzsatzung zeige, dass die CSU weiterhin „Partikularinteressen des motorisierten Individualverkehrs” bediene.

Die CSU reagierte schließlich auf die Kritik und die Unstimmigkeit mit dem Koalitionspartner. Die Fraktion beantragte die Absetzung des Themas im Augsburger Stadtrat. Man habe in den vergangenen Tagen „viele Gespräche geführt”, sagte der Fraktionsvorsitzende Leo Dietz. Man wolle nun „noch einmal in die Diskussion” gehen, um eine möglichst breite Zustimmung zu erreichen. Entscheidung im Stadtrat vertagt


Von Laura Türk
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