Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 21.06.2019 23:00

Spind-Knacker aus dem Verkehr gezogen

„Ja, es ist richtig”, hatte der 24-Jährige zuvor alle Vorwürfe zugegeben, die ihm Staatsanwalt Sebastian Konrad machte. Demnach hat der junge Mann zwischen Herbst 2018 und Frühjahr 2019 in insgesamt sieben Fällen die Spinde in der Herrenumkleidekabine des Trainingszentrums aufgebrochen. Dazu brauchte er lediglich einen herkömmlichen Inbusschlüssel, um die Spinde aufzuwuchten. Wie einfach es sei, einen Spind zu knacken, habe er noch von einer früheren Straftat her gewusst. Bei seiner Arbeit ging er so professionell zu Werke, dass an den Spinden kein sichtbarer Sachschaden entstand. Der Angeklagte hatte es nur auf Geldbörsen abgesehen. Nachdem er sie leergeräumt hatte, warf er die Dokumente achtlos in den Abfalleimer. „Das war doppelt blöd für die Geschädigten”, hielt ihm das Gericht vor. Schließlich mussten sie Ausweise und Scheckkarten wieder neu beantragen. Die Beute lag je Portemonnaie zwischen 70 und 370 Euro. Insgesamt erleichterte er die Rehabilitations-Patienten um 1310 Euro.

„Ich hatte die Ausbildung zum Heizungsbauer abgebrochen, die Arbeit verloren, falsche Freunde und Probleme in der Familie”, gab der Vater einer siebenjährigen Tochter als Gründe für sein Handeln an. Das Geld habe er zum Feiern und für Essen ausgegeben. Und wenn er nicht gerade bei Freunden unterkam, wohnte er im Hotel, das bezahlt werden musste.

Weil sich die Spind-Aufbrüche häuften, stellte das Therapiezentrum in Zusammenarbeit mit der Polizei dem Dieb eine Falle. Einige Spinde wurden mit einer Alarmanlage ausgerüstet. Der Geschäftsführer des Zentrums sprach in diesem Zusammenhang von einer „unguten Zeit” in der Einrichtung. „Beschäftigte und Patienten standen plötzlich unter Verdacht”. Das verlorengegangene Vertrauen sei viel schlimmer gewesen als der Sachschaden. Einige Patienten seien wegen der Einbrüche abgesprungen.

Aufgefallen sei der Angeklagte, der morgens, mittags oder abends zuschlug, nicht. „Bei uns gehen am Tag Hunderte ein und aus, es herrscht ein wahnsinniger Umtrieb”, erklärte die Rezeptionistin, warum der 24-Jährige so lange unentdeckt blieb. Anfang April schnappte die Falle zu, der Angeklagte wurde auf frischer Tat ertappt. Seither sitzt er in U-Haft. Vor Gericht entschuldigte er sich beim Geschäftsführer. „Das war sehr blöd von mir, es tut mir leid”. Momentan bereite er ein größeres Entschuldigungsschreiben vor, das der Geschäftsführer bitte auch den Patienten zu Lesen geben möchte. „Das werde ich gerne tun”, nahm der Geschäftsführer offenbar die Entschuldigung an.

Das Vorstrafenregister des Angeklagten ist lang. Zehn Eintragungen, die von Leistungserschleichung über Diebstahl bis zu Unterschlagung und Hehlerei gehen, stehen im Bundeszentralregister. „Eine Ansammlung von Sinnlosigkeiten”, betonte der Richter. Und: „Jetzt sind es keine Jugendsünden mehr, das ist Kriminalität, zumindest mittelschwer”. Diesmal hinterließ er vor Gericht allerdings einen sehr guten Eindruck. „Sie zeigen ein reuiges und einsichtiges Verhalten, das ich Ihnen auch abkaufe”, sagte der Staatsanwalt. Er forderte ein Jahr und acht Monate Haft. „Man muss es nicht übertreiben”.

Auch auf das Gericht machte der 24-Jährige einen „aufgeräumten Eindruck”, der gar nicht zu seinem Vorstrafenregister passe. „Sie organisieren Ihr Leben nicht, das ist das Problem”, stellte Richter Roland Fink fest. Noch im Gerichtssaal akzeptierten der Angeklagte und sein Verteidiger Felix Hägele das Urteil. Beschäftigte und Patienten standen unter Verdacht


Von Alfred Haas
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