Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 08.12.2022 10:41

Rosinante und die Chancen des Windes

roe (Foto: Robert Edler)
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roe (Foto: Robert Edler)

So schnell kann's gehen: Lange Zeit waren in weißblauen-Landen Windräder das, was der stramme Bayer zusammen mit all den grünen Gschaftlhubern am liebsten in den hohen Norden verbannen wollte. Auf Nimmerwiedersehen am besten. Und ganz plötzlich präsentiert sich jetzt selbst Ministerpräsident Markus Söder (CSU) als wahrer Windkraft-Fan. War da mal was mit einer 10-H-Regel? Schwamm drüber! Söder bläst zum Halali, Windräder müssen her. Und zwar schnell. Sein Energieminister Hubert Aiwanger von den Freien Wählern träumt gar schon vom Windmühlen-Boom. Kommt es jetzt tatsächlich zum Durchbruch einer Technik, die bis dato so viel Gegenwind hatte im sonnigen Freistaat? Dreht sich der Wind möglicherweise auch in der Bevölkerung, die bisher umgehend Sturm lief, wenn Rotoren am Horizont aufzutauchen drohten?

Auslöser für das plötzliche Umdenken ist weniger eine ausgeklügelte Wahlkampfstrategie, möglichst viele Windräder persönlich und landesväterlich umarmen zu wollen. Das wäre sicherlich selbst für Wirbelwind Söders Terminkalender zu viel. Zumindest "Hubsi" Aiwanger erwartet über 1000 neue Windräder in den nächsten fünf Jahren in Bayern. Rein rechnerisch ein halbes Windradl pro Gemeinde. Das würde man dann wohl eine "steife Brise in den Segeln" nennen. Nein, massiver Druck kommt vielmehr aus Berlin. Die Ampelregierung des Bundes und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck machen gehörig Dampf. Das sogenannte "Windenergieflächenbedarfsgesetz" – welch ein Name – hat es in sich. Auch wenn keiner wirklich weiß, wie es am Ende tatsächlich umgesetzt werden soll.

Ein paar nackte Zahlen: Im ersten Halbjahr 2022 sind laut Wirtschaftsministerium 13 Genehmigungsanträge bei den Behörden im Freistaat eingegangen, 2021 war es kein einziger. Neun Windräder wurden genehmigt, 19 Windräder haben nach jahrelanger Genehmigungsphase den Betrieb aufgenommen oder gehen heuer noch ans Netz. Für eine klimaneutrale Energieversorgung Bayerns, so wie sie der frischgebackene Windrad-Fan Markus Söder ab 2040 versprochen hat, müssten laut Experten jedes Jahr 150 neue Windmühlen an die Steckdosen. Ab sofort! Ein klarer Fall für Don Quijote und seine Rosinante. Und die Bürgermeister. Ihnen hat Söder den Ball ganz nonchalant ins Spielfeld geblasen. Sie müssen umgehend passende Flächen suchen, wollen sie ihre Windräder nicht dem Zufall und einer drohenden Privilegierung überlassen. Jammern hilft aber nichts. Und ist auch gar nicht nötig. Die Kommunalpolitik und auch die Bürger sollten vielmehr die Chancen sehen, die der Wind mit heranbläst. Für den Klimaschutz, eine regenerative, breit aufgestellte Energieversorgung – und sogar für den Gemeindesäckel! Nie hatte "Saulus" Markus Söder so recht wie beim Wind.

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