Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 22.06.2023 05:06

Mit Mohn in die Zukunft

<b>Etwa kniehoch</b> stehen die Mohnblumen auf dem Acker. Ihre Blüten sind auch eine beliebte Nahrung für Bienen.  (Foto: Ines Speck)
Etwa kniehoch stehen die Mohnblumen auf dem Acker. Ihre Blüten sind auch eine beliebte Nahrung für Bienen. (Foto: Ines Speck)
Etwa kniehoch stehen die Mohnblumen auf dem Acker. Ihre Blüten sind auch eine beliebte Nahrung für Bienen. (Foto: Ines Speck)
Etwa kniehoch stehen die Mohnblumen auf dem Acker. Ihre Blüten sind auch eine beliebte Nahrung für Bienen. (Foto: Ines Speck)
Etwa kniehoch stehen die Mohnblumen auf dem Acker. Ihre Blüten sind auch eine beliebte Nahrung für Bienen. (Foto: Ines Speck)

Violett wiegen sich die Blüten im Wind, es summt auf dem Feld. Den Insekten scheint Viola zu schmecken. Viola, so heißt der Sommermohn, der dieser Tage auf zwei Hektar direkt hinter dem Bauernhof von Margit und Michael Asam blüht und in ein paar Wochen geerntet werden kann. Dann gibt es wieder frischen Mohn aus dem Wittelsbacher Land für Bäcker und Konditoren aus der Region. Für Asams ist es das zweite Jahr mit dem Experiment Mohnanbau.

Für gewöhnlich wird Mohn aus Ländern wie der Türkei und Afghanistan importiert. Doch in Deutschland und auch in Bayern probieren immer mehr Landwirte den Anbau dieser ölhaltigen Ackerfrucht aus. Mohn gilt als eine Pflanze, die mit Trockenphasen zurecht kommen, sich mit dem Klimawandel arrangieren und mit ihren langen Wurzeln Nährstoffe tief aus dem Boden holen kann.

Der Mohnanbau ist für die Asams ein Experiment für die Zukunft, eine Alternative zur Landwirtschaft wie sie sie bisher betrieben haben. Der Familienbetrieb hält Zuchtschweine und Mastbullen und baut für seine Tiere das Futter an. Klassischer Ackerbau in konventioneller Landwirtschaft.

„Aber die Sache mit der Tierhaltung wird immer schwieriger”, sagt Michael Asam. Zudem bestünden in Malzhausen, dem kleinen, abgelegenen Dasinger Ortsteil, keine Möglichkeiten zur Expansion bei der Viehhaltung. So ist das Ehepaar auf den Mohn gekommen.

Nahrung statt Opium

Heuer blüht zum zweiten Mal ein Mohnfeld in Malzhausen, nicht leuchtend rot wie der Klatschmohn, sondern freundlich violett sind die Blüten des Schlafmohns. Nicht umsonst trägt der Sommermohn den Namen Viola. Zugelassen zum Anbau sind in Deutschland nämlich nur genau drei Sorten: Neben Viola sind das „Miezko” und die Wintermohnsorte „Zeno Morphex”.

Der letzte Name deutet schon auf eine Sache hin, die den Mohnanbau kompliziert und aufwändig macht: Morphin, Betäubungsmittel, Drogen. Aus Mohn kann man Heroin gewinnen. Daher muss sich, wer Mohn anbauen will, bei der Bundesopiumstelle eine Genehmigung holen. Eine solche haben deutschlandweit ungefähr 270 Betriebe. Die bekomme man nicht nebenbei, erzählen Asams. Sie kostet Geld, es ist ein polizeiliches Führungszeugnis notwendig sowie Nachweise über die fachliche Qualifikation und ganz genaue Angaben zur Anbaufläche, zur Anbaumenge und zur Ernte. „Da steht ganz schnell der Staatsanwalt vor der Tür, wenn da was schief läuft”, sagt Michael Asam. Die drei in Deutschland zugelassenen Sorten allerdings haben einen Morphingehalt, der sich im Nullbereich bewegt. Laut Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte unter 0,02 Prozent.

Den Rehen aus dem nahen Wald schmeckten die Pflanzen ebenso gut wie der Nektar den fleißig summenden Insekten. „Wir haben uns schon manchmal gefragt, ob die Rehe dann high werden”, witzeln die Bauersleut.

Für Asams ist die Kulturpflanze, übrigens eine der ältesten der Welt, ein köstliches Superfood, reich an ungesättigten und gesättigten Fettsäuren. Ihr Mohnöl verwendet Margit Asam etwa gerne, um Salat zu verfeinern, erzählt sie. Ein paar Tropfen schon reichten aus, und die grüne Kost erhalte eine nussige Note. Mohnöl könne man auch prima zum Backen verwenden, um das Aroma von Mohnschnecken oder Mohnzelten zu verstärken. Stimmt übrigens, ergab eine Kostprobe des Gebäcks. Mohnöl wird auch im Bereich der Kosmetik zur Hautpflege verwendet. So verwundert es nicht, dass Familie Asam mit dem bekannten Motzenhofener Seifenhersteller Fadi Aslan zusammenarbeitet, der in seiner Solo-Naturkosmetik Mohn aus Malzhausen verarbeitet.

Der Mohnanbau fordert die Landwirtsfamilie nicht nur auf dem Acker, sondern auch in Sachen Vermarktung. „Manchmal komme ich mir vor wie ein Vertreter”, erzählt lachend Margit Asam, die viel Zeit darauf verwendet Kontakte zu knüpfen, um Abnehmer für den regional erzeugten, frischen Mohn zu finden. Inzwischen ist er tatsächlich in zahlreichen Produkten aus der Region zu finden: in Eierlikör und Schokolade, in fruchtigen Brotaufstrichen und in Backwaren von Bäckern und Konditoren aus der Umgebung.

Die Vermarktung so intensiv in die Hand zu nehmen, sei schon eine Veränderung gewesen, sagen die zweifachen Eltern, eine weitere liegt auf dem Feld: Um zwei Hektar Mohn anzusäen, seien nur 1,5 Kilogramm Saatgut nötig gewesen. Das ist in etwa so, als ob man auf drei aneinandergereihten Fußballfeldern den Inhalt aus eineinhalb handelsüblichen Packungen Mehl verteilen würde.

Und auch bei der Erntemenge müsse man umdenken, so Michael Asam. In Doppelzentnern Hektarertrag wie etwa beim Weizen könne man beim Mohn nicht rechnen, vielmehr bewege man sich hier im Kilobereich. Die Ernte sei ebenfalls ein Experiment. Geerntet wird der Mohn, wenn alle Pflänzchen, die etwa kniehoch sind, ihre Blütenblätter abgeworfen haben. Dann kommt der Mähdrescher, der speziell auf den Mohn eingestellt werden müsse, erklärt der Landwirt. Denn die Körner sind ja viel kleiner als Getreide. Nach der Ernte müsse man sich dann ranhalten, den Mohn zu reinigen, damit sich der Geschmack nicht verändere.

Anstrengend und spannend sei der Mohnanbau, sind sich der 54-Jährige und seine 49-jährige Frau einig. Ein paar Jahre wird das Experiment schon laufen müssen, um sich ein abschließendes Urteil erlauben zu können, auch in wirtschaftlicher Hinsicht, meinen die Eltern zweier Kinder, beide noch im einstelligen Alter. Bis dahin werden Asams probieren und netzwerken. Sie betonen aber, der eigentliche Betrieb mit Viehhaltung und Ackerbau dürfe unter dem Mohnexperiment nicht leiden.


Ines Speck
Ines Speck

Redakteurin

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